BGH – Versand einer Betriebskostenabrechung per Post kurz vor Ende der Abrechnungsfrist kann für den Vermieter teuer werden


Über die vom Mieter geleisteten Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen, wobei die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen ist. Nach Ablauf dieser Frist kann der Vermieter keine Nachforderungen mehr geltend machen, es sei denn, er kann nichts für die Verspätung. Der Vermieter sollte aber den Abrechnungszeitpunkt nicht allzu sehr ausreizen und vor allem einen Zugangsnachweis haben, wie eine aktuelle Entscheidung des BGH zeigt.

Die Mieter einer von der Beklagten vermieteten Wohnung in Berlin verlangten nach Beendigung des Mietverhältnisses verlangten die Auszahlung eines Guthabens. Die Vermieterin machte ihrerseits eine das Guthaben übersteigenden Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2004 geltend. Mit dieser Forderung erklärte sie die Aufrechnung und erhob, nachdem die Mieter ihr Guthaben einklagten, wegen des die Klageforderung übersteigenden Betrages Widerklage. Die klagenden Mieter waren der Meinung, die Beklagte habe die gesetzliche Abrechnungsfrist nicht gewahrt. Eine von der Beklagten am 21. Dezember 2005 erstellte Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2004 hätten sie nicht erhalten. Die Beklagte behauptete, sie habe die Abrechnung rechtzeitig per Post verschickt. Das Amtsgericht Charlottenburg hat die Beklagte zur Auszahlung des Guthabens an die Mieter verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Vermieterin zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hatte im Rahmen der Revision darüber zu entscheiden, ob auch bei einer Versendung auf dem Postweg die rechtzeitige Absendung einer Betriebskostenabrechnung zur Wahrung der in § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB geregelten Abrechnungsfrist von einem Jahr genügt, oder ob die Abrechnung dem Mieter noch innerhalb der Frist zugegangen sein muss.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschied zu Gunsten der Mieter. Die Nachforderung der Beklagten ist mangels eingehaltener Abrechnungsfrist ausgeschlossen. Zur Wahrung dieser Frist muss die Betriebskostenabrechnung dem Mieter noch innerhalb der Frist zugegangen sein; die rechtzeitige Absendung der Abrechnung genügt nicht (so ausdrücklich der Regierungsentwurf zum Mietrechtsreformgesetz, BT-Drs. 14/4553, S. 51). Die von der Beklagten unter Beweis gestellte Tatsache, dass ihr Lebensgefährte die Betriebskostenabrechnung am 21. Dezember 2005 als Brief zur Post gegeben und an die Kläger abgeschickt habe, begründet keinen Anscheinsbeweis dafür, dass den Mietern die Betriebskostenabrechnung überhaupt, geschweige denn rechtzeitig zugegangen ist. Bei zur Post gegebenen Briefen besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein Anscheinsbeweis für den Zugang der Sendung.

Die Geltendmachung der Nachforderung durch die Beklagte wäre deshalb gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB nur dann nicht ausgeschlossen, wenn die Beklagte die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hätte. Diese Voraussetzung ist aber nicht erfüllt. Für das Vertretenmüssen im Sinne von § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB gilt die Vorschrift des § 278 BGB, sodass der Vermieter auch ein Fehlverhalten seiner Erfüllungsgehilfen zu vertreten hat. Hier war die Post als Erfüllungsgehilfin der Beklagten für die Zusendung der Abrechnung anzusehen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist § 278 BGB nicht einschränkend anzuwenden und der in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB geregelten Ausnahmefall nicht generell anzunehmen, wenn auf dem Postweg für den Vermieter unerwartete und nicht vorhersehbare Verzögerungen oder Postverluste aufgetreten sind. Dies liefe im Ergebnis darauf hinaus, dass im Hinblick auf den Ausschluss von Nachforderungen in allen Fällen des Postversands – abgesehen von Ausnahmesituationen (z. B. Poststreik) – doch die rechtzeitige Absendung der Abrechnung zur Fristwahrung genügen würde. Dies widerspräche jedoch der ausdrücklichen Regelungsabsicht des Gesetzgebers. Es hängt vielmehr von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, ob eine verzögerte Postzustellung oder ein Verlust der Postsendung auf einem Verschulden der Post beruht.

§ 556 Abs. 3 BGB – Vereinbarungen über Betriebskosten – lautet:

(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. (…)

BGH, Urteil vom 21.1.2009 – VIII ZR 107/08 – (PDF)
Vorinstanzen: AG Charlottenburg – Urteil vom 8. März 2007 – 218 C 517/06 ./. LG Berlin – Urteil vom 29. Januar 2008 – 65 S 176/07

Quelle: Pressemitteilung Nr. 16/09 vom 21.1.2009

Praxisrelevanz:

Nach dieser Entscheidung kann man einem Vermieter eigentlich nur noch dringend davon abraten, wichtige Schriftstücke, so z.B. eine Betriebskostenabrechnung per einfacher Post an seine Mieter zu versenden. Der sicherste Zugangsnachweis dürfte die direkte Übergabe oder wenigstens der Einwurf in den Briefkasten durch einen Boten sein. Es bleibt abzuwarten, wie viele Mieter künftig behaupten werden, keine Abrechung erhalten zu haben, aber die Anzahl „verschwundener“ Briefe wird wohl steigen.

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