Wenn es nach der Berichterstattung der Presse zur aktuellen Entscheidung des BGH geht, darf man seine Miete mindern, wenn im Haus Touristen wohnen. Das ist natürlich Unsinn und das hat der BGH auch ausdrücklich verneint. Der BGH hat lediglich eine Entscheidung darüber getroffen, in welchem Umfang Mieter Mängel an der Mietsache darzulegen haben. Hintergrund war, dass in einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Mitte an Touristen Ferienwohnungen vermietet wurden. Diese benahmen sich offensichtlich nicht, so dass Mieter einer Wohnung im Hause wegen erheblichen Belästigungen durch Lärm und Schmutz ihre Miete um 20 % kürzten. Als der Mietrückstand zwei volle Monatsmieten erreicht hatte, kündigte die Eigentümerin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß. Nach der Kündigung zahlten die Mieter unter Vorbehalt den aufgelaufenen Rückstand und beseitigten damit zumindest die fristlose Kündigung.
Die Eigentümerin brauchte wohl eine weitere Ferienwohnung und klagte auf Räumung. Die Mieter erhoben Widerklage und verlangten die unter Vorbehalt gezahlte Miete zurück sowie Feststellungen, dass sie zur Mietminderung berechtigt sind. Das Amtsgericht Mitte hielt die vorgenommene Minderung für angemessen, wies die Räumungsklage ab und gab der Widerklage statt. Auf die Berufung der Eigentümerin hat das Landgericht Berlin die Mieter zur Räumung der Wohnung verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Der BGH musste mal wieder für Ordnung sorgen, da das Landgericht Berlin die Anforderungen an die Darlegung eines Sachmangels in unvertretbarer Weise überspannt hatte.
Eine Beeinträchtigung des Mietgebrauchs liegt nicht schon darin begründet, dass überhaupt Wohnungen an Feriengäste und Touristen vermietet werden. Das führt nicht zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der übrigen Mieter, die über das Maß von Störungen hinausgeht, die bei einer Wohnnutzung typischerweise zu erwarten und in einer Wohnanlage mit vielen Parteien kaum zu vermeiden sind. In einem Mehrfamilienhaus sind etwa gelegentlich auftretende Beeinträchtigungen wie einzelne Streitigkeiten von Bewohnern oder gelegentliches Feiern als sozialadäquat hinzunehmen.
Hier gingen aber die Einwirkungen, die nach der Darstellung der Mieter durch die Vermietungspraxis der Eigentümerin verursacht werden, über derartige kaum zu vermeidende Beeinträchtigungen weit hinaus. Das Landgericht habe insoweit die Anforderungen an die vom Mieter geforderte Darlegung der Beeinträchtigungen verkannt. Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, muss der Mieter nur einen konkreten Sachmangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt, vortragen. Das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht anzugeben. Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm oder Schmutz ist deshalb die Vorlage eines „Protokolls“ nicht erforderlich. Vielmehr genügt grundsätzlich eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen (Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o.ä.) es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten. Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Mieter gerecht.
Jetzt darf sich das Landgericht Berlin nochmals mit der Sache befassen und Feststellungen zu den geltend gemachten Beeinträchtigungen treffen, der BGH hat den Rechtsstreit zurück verwiesen.
BGH, Urt. v. 29. Februar 2012, Az: VIII ZR 155/11
Vorinstanzen: AG Mitte, Urt. v 7. April 2010, Az: 15 C 63/09 ./. LG Berlin, Urt. v. 28. Januar 2011, Az: 63 S 240/10 (abgedruckt in Grundeigentum 2011, 755 f.)
Quelle: PM Nr. 28/2012 vom 29. Februar 2012