AG Hamburg – keine fristlose Kündigung eines Fitnessvertrages wegen bereits bekannter Erkrankung


Wer nach dem Weihnachtsfest ein paar Pfunde zugelegt hat, trägt sich eventuell mit dem Gedanken, einen Vertrag in einem Fitnessstudio abzuschließen. In der Regel haben diese eine längere Laufzeit, so dass sich nach dem ersten Enthusiasmus oft die Frage stellt, wie kommt man aus diesem Vertrag wieder raus?

Eine Fitnessclubmitgliedschaft ist ein Dauerschuldverhältnis und kann als solches vor Beendigung der Laufzeit nur aus wichtigem Grund i.S.d. § 314 BGB fristlos gekündigt werden, z.B. wenn wegen schwerer und dauerhafter Erkrankung die sportliche Betätigung bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit praktisch unmöglich wird. Auf eine solche Erkrankung kann man sich allerdings dann nicht berufen, wenn die Erkrankung bereits vor Abschluss des Vertrags bekannt war.

Das Amtsgericht Hamburg gab daher der Klage des Betreibers eines Fitnessstudios gegen eine Kundin auf Zahlung der monatlichen Mitgliedsbeiträge statt, da eine ausgesprochene fristlose Kündigung der Kundin das Vertragsverhältnis nicht beendet hat. Die Kündigung war unwirksam, denn es fehlt an einem wichtigen Grund. Der Kundin war bereits bei Abschluss ihres Vertrages mit dem Fitnessstudio bekannt, dass sie unter einer chronischen Erkrankung leidet. Sie litt zudem bereits vor Vertragsschluss unter Symptomen, deren Verschlimmerung später dazu geführt hat, dass sie keinen Fitnessport mehr ausüben kann. Dass die Symptome einer Krankheit zunächst weniger schwerwiegend waren und sich erst nach Vertragsschluss verschlimmert haben, führt nach Auffassung des Gerichts nicht zu einer abweichenden Beurteilung, da eine solche graduelle Verschlechterung immer im Bereich des Möglichen, zumindest aber nicht so weit außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit liegt, dass damit vernünftigerweise nicht hätte gerechnet werden müssen.

Aus den Gründen:

Ein wichtiger Grund, der die fristlose Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses erlaubt, (…) kann auch in einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse liegen, was im Falle von Fitnessclubverträgen insbesondere dann in Betracht kommt, wenn der Teilnehmer so schwerwiegend und dauerhaft erkrankt, dass ihm die Ausübung von Fitnessport für die restliche Vertragslaufzeit praktisch unmöglich wird (st. Rspr.; vgl. z.B. AG Rastatt NJW-RR 2002, 1280 und 1281; AG Dortmund, Urt. v. 12.9.1989, Az. 125 C 330/89). Zu berücksichtigen ist insoweit allerdings, dass nach ständiger Rechtsprechung des BGH solche Umstände als Kündigungsgrund ausscheiden, die im Rahmen des vom Kündigenden vertraglich übernommenen Risikos liegen (vgl. BGH NJW 1984, 2091; BGH NJW 1984, 1531). So liegt es namentlich dann, wenn die Kündigung mit einer die Leistungsinanspruchnahme unmöglich machenden Erkrankung begründet wird, obschon diese Erkrankung bei Vertragsschluss bekannt war; wer nämlich ein längerfristiges Dauerschuldverhältnis in Kenntnis des Risikos eingeht, dass er die Leistungen möglicherweise nicht längerfristig wird in Anspruch nehmen können, der übernimmt dieses Risiko, mit der Folge, dass es ihm nach Treu und Glauben gerade nicht unzumutbar wird, das Vertragsverhältnis bis zum vereinbarten Ende fortzusetzen (vgl. z.B. LG Aachen, NJW-RR 1990, 570: unwirksame Kündigung eines Unterrichtskurses zur Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondent, wenn sich die ausbildungshindernde psychosomatische Erkrankung bereits vor der Anmeldung angekündigt hat).

AG Hamburg, Urteil vom 20.07.2007, AZ: 509 C 117/07 (Volltext)

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