O’zapft is! – AG München zu den Sorgfaltspflichten beim Besuch des Oktoberfestes


Heute, am 22. September, beginnt in München das größte Volksfest der Welt – die Wiesn . Wie jedes Jahr werden Millionen Besucher zum Oktoberfest pilgern und die eine oder andere Maß trinken. Das kann riskant sein, wie ein vom Amtsgericht München jüngst entschiedener Rechtsstreit zeigt.

Sowohl der spätere Kläger als auch die spätere Beklagte befanden sich Anfang Oktober letzten Jahres auf dem Oktoberfest in München und suchten dort das Bierzelt „Schottenhammel“ auf. Im Rahmen der, wie es das Gericht ausdrückt, allgemeinen Fröhlichkeit, stieg die Beklagte auf ihre Sitzbank. Hinter ihr saß der Kläger. Als die Beklagte das Gleichgewicht verlor, fiel sie nach hinten auf den Rücken des Klägers. Dieser wollte zu diesem Zeitpunkt gerade aus dem Bierkrug trinken und stieß durch den Aufprall der Beklagten gegen diesen. Dadurch verletzte er sich an einem Zahn. Der Kläger wollte nun von der Beklagten Schmerzensgeld von 1.000 Euro. Diese weigerte sich zu zahlen. Sie sei nur deshalb nach hinten gefallen, weil sie ihrerseits von einem vorbeigelaufenen Besucher angerempelt und von der Bierbank gestoßen worden sei. Sie könne also nichts für die Verletzung.

Der zuständige Richter des Amtsgerichts München sprach dem Kläger nur die Hälfte des verlangten Schmerzensgeldes zu. Zunächst sei festzuhalten, dass das Oktoberfest keinen rechtsfreien Raum darstelle. Auch dort gelte der Grundsatz, dass man sich sorgfältig und umsichtig zu verhalten habe. Zwar sei es mittlerweile auf dem Oktoberfest üblich, die Bänke nicht nur zum Sitzen, sondern auch zum Draufstehen zu benutzen. Trotzdem bedeute dies nicht, dass man dann keine Verantwortung für sein Verhalten habe. Man müsse die Umgebung beobachten und auch damit rechnen, dass man sein Gleichgewicht verlieren könne, sei es durch einen Rempler eines Dritten oder durch eigenes Verhalten. Daher hafte man auch, wenn dann tatsächlich der Fall eintrete, dass man auf einen anderen Gast stürze.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes sei zu berücksichtigen, dass Verletzungen im Zahnbereich grundsätzlich sehr schmerzhaft seien, weil der Kopfbereich zu den schmerzempfindlichsten Stellen des Körpers gehöre. Allerdings habe der Schaden durch eine Glättung der Kanten des Zahnes behoben werden können. Spätfolgen seien nicht zu befürchten. Außerdem trage der Geschädigte auch ein gewisses Mitverschulden, da auch er seine Umgebung zu beobachten habe und wissen müsse, dass Personen, die hinter ihm auf der Bank stünden umfallen können. Insgesamt seien daher 500 Euro Schmerzensgeld angemessen. Das Urteil ist rechtskräftig.

AG München, Urteil vom 12.6.07, Az: 155 C 4107/07

Quelle: Pressemitteilung vom 17.09.2007

, , ,