VG Neustadt – Wer Mate-Tee trinkt, ist seinen Führerschein los


Weil er nicht angeschnallt war, wurde der Kläger von der Polizei angehalten. Da bei ihm gerötete, wässrige Bindehäute, ein verstärktes Lidflattern sowie verkleinerte Pupillen festgestellt wurden, erfolgte eine Blutentnahme. Die toxokologische Untersuchung wies im Blut des Klägers das Kokainabbauprodukt Benzoylecgonin in einer Konzentration von 126 ng/mL nach, woraufhin die Führerscheinstelle dem Kläger mitteilte, dass beabsichtigt sei, ihm die Fahrerlaubnis sofort zu entziehen. Eine Stellungnahme gab der Kläger nicht ab, die Behörde entzog daraufhin die Fahrerlaubnis.

Der Kläger legte Widerspruch ein und stellte zugleich beim Verwaltungsgericht Neustadt/Wstr. unter Vorlage eines negativen Drogenscreenings einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Dieser Antrag hatte keinen Erfolg

Im Widerspruchsverfahren gab der Kläger an, er habe eine Packung mit 100 Beuteln „Mate de Coca Tee“ der Marke „Mate Windsor“ als Geschenk aus Peru/Bolivien erhalten. Dabei handele es sich um einen Tee, der aus unraffinierten Cocablättern hergestellt werde. Ihm sei dabei aber nicht bewusst gewesen, dass es sich bei den für den Tee verarbeiteten Grundstoffen um das natürliche Ausgangsprodukt von Kokain, nämlich Coca-Blätter, handele. Dem Widerspruch wurde auch angesichts dieser „Erklärung“ seitens der Behörde nicht abgeholfen, so dass auch noch Hautpsacheklage beim VG Neustadt/Wstr. erhoben wurde. Ebenfalls ohne Erfolg.

Ein Kraftfahrer ist dann als ungeeignet anzusehen, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge zu führen, wenn er Drogen zu sich nimmt. Es kommt nicht darauf an, ob er dies vorsätzlich oder schuldhaft tut. Im Blut des Klägers war ein Kokainabbauprodukt festgestellt worden, es muss also ein vorheriger Konsum stattgefunden haben. Die Erklärung des Klägers, der von ihm konsumierte „Mate de Coca Tee“ enthalte, wie er erst später recherchiert habe, Pflanzenteile der Coca-Pflanze belegt den Konsum und somit die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach der Fahrerlaubnisverordnung.

Aus den Gründen:

(…) Rechtsgrundlage für die mit Bescheid der Beklagten vom 13. Juni 2008 erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse B/CE 79 ist § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – i. V. m. § 46 Abs. 1 FeV. Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach §46 Abs.1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.
Im Falle des Konsums von Betäubungsmitteln gilt Folgendes: Im Regelfall besteht nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zu den §§11,13 und 14 FeV bereits bei der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) weder Eignung noch bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, anders ausgedrückt, derjenige, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einnimmt, ist zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, ohne dass sich die Frage stellt, ob er unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln ein Kraftfahrzeug geführt hat.

Es ist gefestigte Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, dass bereits der Nachweis des einmaligen Konsums eines in der Anlage 4 aufgeführten Rauschmittels (vgl. Nr. 9.1 der Anlage 4) – außer im Fall von Cannabis -für die Annahme des Eignungsausschlusses genügt (vgl. z.B. Beschluss vom 21. November 2000 – 7 B 11967/00.OVG-, DAR 2001, 183; Beschluss vom 4. Oktober 2005 -7 A 10667/05.OVG – sowie Beschluss vom 7. März 2006 – 10 B 10202/06.OVG -).

Das erkennende Gericht folgt dieser auch von anderen Obergerichten (vgl. VGH BW, Beschluss vom 24. Mai 2002 – 10 S 835/02 – [NZV 2002, 475 zu Ecstasy] und vom 28. Mai 2002 – 10 S 2213/01 – [NZV 2002, 477 zu Cocain und Amphetamin], Nds OVG, Beschluss vom 14. August 2002 – 12 ME 566/02- [DAR 2002, 471 zu Cocain] und Beschluss vom 16. Juni 2003 – 12 ME 172/03 – [DAR 2003, 432], OVG NRW, Beschluss vom 2. August 2002 – 19 B 1316/02-, Thür OVG, Beschluss vom 30. April 2002-2 EO 87/02 – [VRS 103, 394 ff]) vertretenen Rechtsauffassung in ständiger Rechtsprechung.

Aufgrund des toxikologischen Befunds (…) steht fest, dass der Kläger Cocain konsumierte. Denn in der ihm am 3. Dezember 2007 entnommenen Blutprobe wurde Benzoylecgonin (Cocain-Metabolid) in einer Konzentration von 126 ng/mL nachgewiesen. Liegt Benzoylecgonin im Blut vor, so wurde Kokain konsumiert.

Die Voraussetzungen für die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges sind bereits erfüllt, wenn der Inhaber einer Fahrerlaubnis – objektiv – Drogen zu sich nimmt. Auf ein vorsätzliches oder schuldhaftes Verhalten kommt es für die Feststellung des Regeltatbestandes, der hier gegeben ist, nicht an (OVG RP, Beschluss vom 15. Mai 2002 -7 B 10448/02.OVG -).

Da das Fahrerlaubnisrecht Teil des allgemeinen Ordnungsrechts ist, geht es nicht um die Wertung eines strafrechtlichen Tatbestandes. Im Vordergrund der Tätigkeit der Fahrerlaubnisbehörde steht der Schutz wesentlicher Verfassungsgüter, wie Leib und Leben. Daher ist es vorrangige Aufgabe der Behörde, den Straßenverkehr vor Gefahren durch die Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer zu schützen.

Das vom Kläger zur Erklärung des bei ihm in der Blutprobe festgestellten Benzoylecgonins von 126 ng/mL gemachte Vorbringen, er habe im November 2007 eine Packung „Mate de Coca Tee“ der Marke „Mate Windsor“ als Geschenk aus Peru/Bolivien erhalten und dabei handele es sich um einen Tee, der aus unraffinierten Cocablättern hergestellt werde, ist mithin irrelevant. Da im Blut des Klägers Benzoylecgonin in einer Konzentration von 126 ng/mL festgestellt wurde, steht der Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) durch den Kläger und damit seine Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges fest. Ausweislich der bereits vom Stadtrechtsausschuss bei der Beklagten durchgeführten Recherche betreffend „Mate de Coca Tee“ enthält diese Teemischung Pflanzenteile der Coca-Pflanze – Erythroxylum Coca-, welche dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt, weshalb allein der Besitz oder die Einfuhr solcher Teebeutel strafbar ist. Dies geht so auch aus der vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegten gutachterlichen Äußerung des Instituts für Rechtsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vom 18. November 2008 hervor. Gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV liegt beim Konsum eines Betäubungsmittels – außer Cannabis – Nichteignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs vor. Die Beklagte war hat dem Kläger daher zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen. (…)

VG Neustadt, Urteil vom 29.06.2009, Az: 3 K 217/09

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