VG Berlin – Rundfunkgebührenpflicht in nichtehelicher Lebensgemeinschaft


Die Klägerin hatte ein Radio angemeldet und zog mit ihrem Freund zusammen. Das teilte sie der GEZ auch mit und meldete ihr Radio ab. Die GEZ wollte daraufhin die Teilnehmernummer des Freundes, die bisherigen und die gemeinsame Wohnanschrift und die bereitgehaltenen Rundfunkgeräte wissen. Die Klägerin verweigerte diese Angaben und berief sich auf datenschutzrechtliche Gründe und eine fehlende Rechtsgrundlage für die Anforderung. Die GEZ verlangte weiter Rundfunkgebühren für das Radio der Klägerin. Gegen die Gebührenbescheide erhob die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Berlin.

Das Verwaltungsgericht Berlin war der Auffassung, dass die Klägerin sich nicht ordnungsgemäß abgemeldet habe, so dass sie weiter für ihr Radio Gebühren zahlen müsse. Allein die Mitteilung, sie ziehe um, stelle keine Abmeldung nach § 4 Abs. 2 RGebStV dar, da das Radio schließlich in den gemeinsamen Haushalt mitgenommen wurde. Das Zweitgeräteprivileg nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RGebStV, wonach es ausreicht, von einem Partner als Rundfunkteilnehmer die Rundfunkgebühren entrichtet werden; was auch für nichteheliche Lebensgemeinschaften gilt, komme hier aber nicht zum Tragen, da die Klägerin der GEZ die erforderlichen Daten nicht mitgeteilt habe. Die von der Klägerin geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken teilte das Verwaltungsgericht nicht.

Aus den Gründen:

(…) Eine gesetzliche Regelung über die Anzeigepflichten zur Beendigung der Gebührenpflicht in dem Falle, dass das bisher gebührenpflichtige Erstgerät durch Begründung einer häuslichen Gemeinschaft mit einem bereits die Rundfunkgebühren entrichtenden Rundfunkteilnehmer zu einem nicht gebührenpflichtigen Zweitgerät wird, besteht im RGebStV nicht. Insbesondere ergibt sie sich nicht aus § 3 Abs. 1 S. 2 RGebStV, denn diese Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung (vgl. Gall in Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, Rn. 40 zu § 3 RGebStV) und betrifft daher nur von vornherein gebührenfreie Zweitgeräte des Rundfunkgebührenpflichtigen, jedoch nicht die Umwandlung eines gebührenpflichtigen Erstgerätes zu einem gebührenfreien Zweitgerät. Zwar ist der Auffassung, dass in einem solchen Fall eine an den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 RGebStV zu messende Abmeldepflicht bestehe, weil „ein bestehendes Rundfunkteilnehmerverhältnis durch wirksame Abmeldung beendet werden kann“ (vgl. Gall in Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, Rn. 41 zu § 3 RGebStV unter Berufung auf BayVGH, Urteil vom 17. April 1996 – 7 B 94.898 – und dem nachfolgend VG Stuttgart, Urteil vom 5. April 2006 – 3 K 2514/05 -) nicht zu folgen, denn eine Abmeldung des Teilnehmerverhältnisses liegt in dieser Fallgestaltung – wie schon zuvor angesprochen – gerade deshalb nicht vor, weil die Partner der häuslichen Gemeinschaft gemeinsam die Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereithalten.

Jedoch bedeutet das Fehlen einer gesetzlichen Regelung über die Anzeigepflicht bei der Umwandlung eines gebührenpflichtigen Erstgerätes zu einem gebührenfreien Zweitgerät weder, dass die Anzeige entbehrlich ist, noch, dass an diese Anzeige keine weiteren Anforderungen zu stellen sind. Grundlage der rechtlichen Regelungen des Teilnehmerverhältnisses bildet nicht nur der RGebStV, sondern auch die aufgrund § 4 Abs. 7 RGebStV erlassene Satzung des RBB über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren (vom 30. September 2003, ABl. Seite 4168) – Gebührensatzung -. Nach § 3 Abs. 3 Gebührensatzung sind anzeigepflichtig „sonstige Veränderungen, die das Rundfunkteilnehmerverhältnis einschließlich des Zahlungsverfahrens betreffen“. Hierunter fallen ohne weiteres auch Veränderungen, die die Gebührenpflicht innerhalb eines weiterbestehenden Teilnehmerverhältnisses betreffen; denn es muss jedenfalls vermieden werden, dass die zuständige Landesrundfunkanstalt in solchen Fällen mangels Kenntnis von dem gebührenbefreienden Tatbestand zwangsläufig rechtswidrige Gebührenbescheide erlässt.

Die Klägerin hat ihre Anzeigepflicht (…) nicht erfüllt. Die Anforderungen an den Inhalt der Anzeige müssen sich an den Voraussetzungen des Rechtes orientieren, welches die Klägerin in Anspruch nehmen will, hier also das Zweitgeräteprivileg nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV. Dieses setzt voraus, dass ein gebührenpflichtiges Erstgerät in der Haushaltsgemeinschaft von beiden Partnern gemeinsam zum Empfang bereitgehalten wird. Dementsprechend ist von der Klägerin anzuzeigen und gegebenenfalls auch nachweisen, dass ihr Lebenspartner ein gebührenpflichtiges Rundfunkgerät zum Empfang bereithält, welches sie als Haushaltsangehörige mitbenutzt. Dies impliziert jedoch, dass die Klägerin die Teilnehmernummer und/oder den Namen ihres Lebenspartners dem Beklagten mitteilt, damit der Beklagte prüfen kann, ob die angezeigten Umstände zutreffen. Datenschutzrechtliche Bedenken dagegen bestehen schon deshalb nicht, weil in der vorliegenden Fallgestaltung des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RGebStV die gemeinsam bereitgehaltenen Empfangsgeräte dem Teilnehmerkonto des Partners der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zugeschrieben werden, der für das Erstgerät gebührenpflichtig ist, wobei das die Rundfunkgebührenpflicht auslösende Benutzungsverhältnis hinsichtlich der gemeinsam bereitgehaltenen Empfangsgeräte zu beiden Partnern der Lebensgemeinschaft besteht. Damit bestehen auch für beide Partner der Lebensgemeinschaft gegenüber der Landesrundfunkanstalt normative Anzeigepflichten – wie im vorliegenden Fall jedenfalls nach § 3 Abs. 3 der Gebührensatzung –, so dass der Beklagte diese Angaben datenschutzrechtlich erlaubt erheben und verarbeiten kann (vgl. §§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 10 Abs. 3 Nr. 1 des Berliner Datenschutzgesetzes (in der Fassung vom 17. Dezember 1990, GVBl S. 2216).

Die Anzeigepflicht der Klägerin ist auch nicht dadurch erloschen, dass dem Beklagten nachträglich ihre neue Wohnanschrift bekannt geworden ist. Denn aus der Wohnanschrift allein ergeben sich nicht die für § 5 Abs. 1 Nr. 1 RGebStV erforderlichen weiteren Umstände, nämlich die gemeinsame Führung eines Haushaltes und damit das gemeinsame Bereithalten der Rundfunkgeräte sowie die Erfüllung der Rundfunkgebührenpflicht durch einen der Haushaltsangehörigen, da – wie nicht nur aus der Möglichkeit bekannt ist, dass das scheidungsrechtlich erforderliche Trennungsjahr auch dann erfüllt werden kann, wenn die Ehegatten weiterhin in der ehelichen Wohnung verbleiben – auch mehrere Personen unter einer gemeinsamen Wohnanschrift wohnen können, ohne eine häusliche Lebensgemeinschaft miteinander zu führen. Dadurch, dass die Klägerin die Angabe des Namens und auch der Teilnehmernummer ihres Lebensgefährten gegenüber dem Beklagten verweigert, verhindert sie auch die Klärung der Frage, ob auf den Lebenspartner der Klägerin ein Teilnehmerverhältnis angemeldet ist, so dass sich aus ihrer Mitteilung (…) gerade nicht die erforderlichen Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Voraussetzungen für eine Gebührenfreiheit des Radiogerätes der Klägerin als Zweitgerät nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RGebStV ergeben haben. Da die Klägerin auch im gerichtlichen Verfahren diese erforderlichen Angaben nicht gemacht hat, erübrigt sich die Frage, ob – wie etwa bei der Abmeldung nach § 4 Abs. 2 RGebStV oder dem Antrag auf Rundfunkgebührenbefreiung nach § 6 Abs. 5 RGebStV – die Anzeige eine Gebührenbefreiung als Zweitgerät nur für die Zukunft ermöglicht. (…)

VG Berlin, Urteil vom 08.04.2010, Az: 27 K 104.09

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