Das seit 2004 geltende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll ungerechtfertigte Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern. Dazu stehen den durch das Gesetz geschützten Personen Rechtsansprüche gegen Arbeitgeber und Private zur Seite, wenn diese ihnen gegenüber gegen die gesetzlichen Diskriminierungsverbote verstoßen.
Nach einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg stellen die Lebensaltersstufen im Vergütungssystem des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) eine nach dem AGG unzulässige Altersdiskriminierung dar und sind deshalb unwirksam. Jüngere Arbeitnehmer hätten damit Anspruch auf Vergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe. Das gilt allerdings nur für die Grundvergütung und nicht für den Ortszuschlag.
Der Kläger in dem zu Grunde liegenden Verfahren ist Geschäftsführer eines Pflegeheims des Landes Berlin. Auf das Arbeitsverhältnis findet über den so genannten Anwendungstarifvertrag nach wie vor der BAT Anwendung. Berlin war 2003 aus der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ausgetreten und ist das einzige Land, das den BAT noch anwendet. In dem sonst bei Bund, Ländern und Gemeinden inzwischen gültigen Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD) wurden die Lebensaltersstufen durch „Erfahrungsstufen“ ersetzt, die die Ausbildung und Berufserfahrung berücksichtigen.
Auf Grund seines Alters ist der Kläger in die Lebensaltersstufe 39 der Vergütungsregelung eingruppiert. Diese Vergütungsregelung baut auf Lebensaltersstufen auf und führt alle zwei Jahre zu einer Erhöhung der Vergütung, bis die höchste Lebensaltersstufe, nämlich 47 erreicht ist. Mit seiner Klage begehrte er Vergütung auf der Grundlage der höchsten Lebensalterststufe, obwohl er noch keine 47 Jahre alt ist. Er machte geltend, dass die Bezahlung nach Lebensaltersstufen eine nach dem AGG unzulässige Diskriminierung aufgrund des Alters darstelle. Gleiches gelte für den Ortszuschlag.
Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage ab. Den Tarifvertragsparteien sei eine Zeit einzuräumen, um die Ungleichbehandlung durch eine andere Tarifvertragsregelung zu ersetzen. Auf die Berufung des Klägers hob das LAG diese Entscheidung auf und gab der Klage teilweise statt.
Dem Kläger stehe die begehrte Grundvergütung nach Maßgabe der höchsten Lebensaltersstufe zu, nicht aber ein entsprechend höherer Ortszuschlag. Die aufsteigenden Lebensaltersstufen des Vergütungssystems des BAT stellen nach Auffassung des LAG eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters dar. Denn nach dem geltenden System werde allein auf der Grundlage des Lebensalters eine unterschiedliche Vergütung gewährt. Dies sei als Verstoß gegen das AGG zu werten. Als Folge schulde das Land die höhere Vergütung.
Das LAG ließ allerdings die Revision zum Erfurter Bundesarbeitsgericht zu. Die dortige Entscheidung dürfte mit Spannung erwartet werden. Folgt das BAG dem LAG Berlin-Brandenburg, müsste das Land Berlin mit erheblichen Nachforderungen rechnen.
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.09.2008, Az: 20 Sa 2244/07
Quellen:
Pressemitteilung Nr. 32 vom 11.09.2008
Tagesspiegel vom 12.09.2008