Bei Verspätungen oder Zugausfällen soll es künftig Geld geben. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat das Bundeskabinett einen Entwurf für ein Fahrgastrechtegesetz beschlossen. Er knüpft an Regelungen einer bereits verabschiedeten EU-Verordnung an, die am 3. Dezember 2009 in Kraft tritt und dann EU-weit verbindlich gilt. Das neue Fahrgastrechtegesetz soll noch vor der Hauptreisesaison 2009 in Kraft treten.
Für den Nahverkehr bei einer Reiseweite nicht mehr als 50 Kilometer oder einer Reisezeit von nicht mehr als eine Stunde sind weitergehende Regelungen geplant. Ist abzusehen, dass der Fahrgast wegen einer Unpünktlichkeit oder eines Ausfalls eines Zuges im Nahverkehr wenigstens 20 Minuten verspätet sein Ziel erreicht, kann er einen anderen Zug, insbesondere auch einen Zug des Fernverkehrs nutzen. Voraussetzung ist allerdings, dass dieser Zug vom Beförderer selbst betrieben wird oder von einem Unternehmen, das dieselben Tarife verwendet. Ferner darf für den anderen Zug keine umfassende Reservierungspflicht – wie beispielsweise beim City Night Line oder ICE Sprinter – bestehen oder dieser zu Sonder- oder Charterfahrten eingesetzt werden. Wenn die Beförderung in die Zeit zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr fällt, kann der Fahrgast bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten auch auf ein Taxi umsteigen, wenn keine preisgünstigeren öffentlichen Verkehrsmittel mehr zur Verfügung stehen, um den Zielort zu erreichen. Der Erstattungsanspruch ist allerdings auf einen Betrag von 50 Euro begrenzt. Bei Ausfall des letzten nach 20.00 Uhr verkehrenden Zuges kann der Fahrgast ebenfalls auf ein Taxi umsteigen, wenn er seinen Zielort ohne die Nutzung des anderen Verkehrsmittels nicht mehr bis um 1.00 Uhr des Folgetages erreichen kann. Auch hier ist der Erstattungsanspruch auf einen Betrag von 50 Euro begrenzt.
Bei einem Eisenbahnunfall müssen die Eisenbahnunternehmen, soweit ein Fahrgast getötet oder verletzt wurde, künftig einen Vorschuss zahlen, der die unmittelbaren wirtschaftlichen Bedürfnisse des geschädigten Fahrgasts oder seiner Angehörigen deckt. Wird ein Fahrgast getötet, beträgt dieser Vorschuss mindestens 21.000 Euro. Wenn die Verordnung in Kraft tritt, werden europaweit außerdem einheitliche Haftungsregeln und Mindestentschädigungssummen bei Personenschäden gelten. Dann kann kein Mitgliedstaat mehr geringere Haftungshöchstsummen festschreiben als umgerechnet ca. 190.000 Euro.
Die Rechte von behinderten Personen und sonstigen Personen mit eingeschränkter Mobilität, etwa alte Menschen oder kleine Kinder, werden gestärkt. Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber werden verpflichtet, gemeinsam mit den Interessenvertretern der genannten Gruppen Zugangsregelungen für die Beförderung aufzustellen. Sie müssen dafür sorgen, dass der Bahnhof, die Bahnsteige, die Fahrzeuge und andere Einrichtungen für Personen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich sind. Soweit entsprechendes Personal vorhanden ist und der Unterstützungsbedarf vorher angemeldet wurde, werden die Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber verpflichtet, kostenlos Unterstützung beim Ein- und Aussteigen sowie bei der Fahrt zu leisten.
Die Eisenbahnunternehmen müssen die Fahrgäste beim Fahrkartenverkauf bzw. während der Fahrt insbesondere darüber informieren, welche die kürzeste und preisgünstigste Zugverbindung ist, welche Rechte der Fahrgast hat, ob der Zug Verspätung hat und welche Anschlüsse erreicht werden können. Im Nahverkehr sollen die Informationspflichten aus Praktikabilitätsgründen allerdings weniger umfangreich sein, zum Beispiel können die Informationen über die Anschlussverbindungen während der Fahrt entfallen. Außerdem darf die Verpflichtung zur Information über Fahrgastrechte durch die Verwendung einer Zusammenfassung erfüllt werden. Die Information selbst kann durch Aushang oder Auslage sowie den Einsatz eines Informations- und Buchungssystems erfolgen.
Eisenbahnunternehmen, die Schienenpersonenfernverkehr betreiben, müssen künftig Qualitätsstandards festlegen und systematisch überprüfen. Diese beziehen sich auf Informationen, Fahrkarten, Pünktlichkeit, Zugausfälle, Sauberkeit, Kundenbefragungen, Beschwerdebearbeitung und Hilfeleistung für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität. Ferner müssen alle Eisenbahnunternehmen ein Verfahren zur Bearbeitung von Beschwerden einrichten. Die Beschwerden müssen innerhalb eines Monats oder, wenn der Fahrgast hierüber unterrichtet worden ist, innerhalb von spätestens 3 Monaten beantwortet sein. Zusätzlich werden Beschwerdestellen bei den Eisenbahnaufsichtsbehörden eingerichtet, damit der Fahrgast eine Anlaufstelle hat, wenn er von einem Eisenbahnunternehmen nicht zufriedenstellend behandelt worden ist. Gesetzlich klargestellt wird, dass der Fahrgast darüber hinaus die Möglichkeit hat, eine Schlichtungsstelle anzurufen. Gedacht ist hierbei an die Schlichtungsstelle Mobilität, die Schlichtungsstelle Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen und die Ombudsstelle Nahverkehr in Bayern oder an eine sonstige für die Zukunft geplante privatrechtlich organisierte verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle.
Gesetzestext – RegE Fahrgastrechte (PDF,188 kb)
Quelle: Verbraucherinformation und Pressemitteilung des BMJ vom 01.10.2008