BGH – Mieter muss Heizungsanschluss an Fernwärmenetz als Modernisierungsmaßnahme dulden


Eine Vermieterin nahm eine Mieterin, die eine mit einer Gasetagenheizung ausgestattete Wohnung in Berlin gemietet hat, auf Duldung insbesondere von Bauarbeiten in Anspruch, mit denen das um 1920 erbaute Mehrfamilienhaus an das aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeiste Fernwärmenetz angeschlossen werden soll. Das Amtsgericht Schöneberg hatte die Klage abgewiesen; auf die Berufung der Vermieterin hatte das Landgericht Berlin die Mieterin zur Duldung der Modernisierungsmaßnahme verurteilt.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte in der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision der Mieterin darüber zu entscheiden, ob der Anschluss einer Wohnung an das aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeiste Fernwärmenetz eine Modernisierungsmaßnahme darstellt, zu deren Duldung der Mieter nach § 554 Abs. 2 BGB verpflichtet ist. Die Revision der Mieterin hatte keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass es sich bei dem Anschluss der Wohnung an das Fernwärmenetz um eine Maßnahme zur Einsparung von Energie handelt, die der Mieter nach § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich zu dulden hat. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts führt der Anschluss der Wohnung an das Fernwärmenetz nach derzeitigem Erkenntnisstand zu einer Ersparnis an Primärenergie im Verhältnis zur Erzeugung von Wärme für Heizung und Warmwasser durch die in der Wohnung vorhandene Gasetagenheizung. Damit handelt es sich, wie sich aus der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Vorschrift ergibt, um eine Maßnahme zur Einsparung von Energie im Sinne des § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB; dies gilt unabhängig davon, ob mit der Maßnahme auch eine Verringerung des Endenergieverbrauchs verbunden ist.

Der Mieter ist gegenüber solchen Maßnahmen nicht schutzlos gestellt. Er braucht sie nicht zu dulden, wenn sie für ihn, seine Familie oder einen anderen Haushaltsangehörigen eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde (§ 554 Abs. 2 Satz 2 bis 4 BGB). Die Belange des Mieters werden in diesem Rahmen aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung gewahrt; damit wird insbesondere das finanzielle Interesse des Mieters, vor einer unzumutbaren Erhöhung der Miete oder der Betriebskosten bewahrt zu werden, geschützt.

Das Vorliegen einer unzumutbaren Härte für die Mieterin hat das Berufungsgericht aber im konkreten Fall verneint. Insbesondere kam eine Unzumutbarkeit unter finanziellem Gesichtspunkt nicht mehr in Betracht, nachdem die Vermieterin im Berufungsverfahren auf eine modernisierungsbedingte Mieterhöhung nach § 559 BGB verzichtet hatte. Auf eine theoretisch möglich Mieterhöhung nach § 558 BGB unter Berücksichtigung der ortsüblichen Vergleichsmiete kommt es im Rahmen der Härteklausel des § 554 Abs. 2 BGB nicht an. Insoweit gilt nichts anderes als für die Mitteilungspflicht nach § 554 Abs. 3 BGB. Nach dieser Vorschrift hat der Vermieter dem Mieter vor der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen – unter anderem – die zu erwartende Mieterhöhung mitzuteilen. Auch diese Bestimmung bezieht sich nur auf die aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen mögliche Mieterhöhung nach § 559 BGB und nicht auf eine etwaige Erhöhung der Vergleichsmiete nach § 558 BGB.

BGH, Urteil vom 24. September 2008, Az: VIII ZR 275/07
Vorinstanzen: AG Berlin-Schöneberg – Urteil vom 9. Juni 2006 – 109a C 555/05 ./. LG Berlin – Urteil vom 14. September 2007 – 63 S 207/06

Der § 554 Absatz 2 BGB – Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – lautet:

(2) Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. Dies gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 179/2008 vom 24.09.2008

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