Der im November 1975 geborene Beschwerdeführer wurde vom Landgericht Rostock im Januar 2008 wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Landgericht machte von der Möglichkeit, gegen den Beschwerdeführer als zur Tatzeit Heranwachsenden gemäß § 106 JGG anstelle der lebenslangen Freiheitsstrafe auf eine zeitige Freiheitsstrafe von zehn bis fünfzehn Jahren zu erkennen, keinen Gebrauch.
In der Hauptverhandlung wandte sich eine der beisitzenden Richterinnen zu einer Schöffin um und sagte mit einer wegwerfenden Handbewegung „unglaublich“, als ein Zeuge äußerte, er sei nachts mit dem Beschwerdeführer von Rostock nach Bremen gefahren, um dort Tee zu trinken. Den daraufhin gestellten Befangenheitsantrag gegen die Beisitzerin lehnte das Landgericht ab. Die Revision gegen das Urteil, die sich auch gegen die Ablehnung dieses Befangenheitsantrags richtete, war erfolglos.
Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Die Strafmilderung nach § 106 JGG hat nach dem Willen des Gesetzgebers Ausnahmecharakter. Bei der Entscheidung sollen die etwa noch vorhandene Entwicklungsfähigkeit des Angeklagten und seine mögliche (Wieder-) Eingliederung in die Gesellschaft gegen Sicherungs- und Vergeltungsbelange der Allgemeinheit abgewogen werden, ohne dass der Sühnegedanke gegenüber den Belangen der Wiedereingliederung überbewertet werden darf. Obgleich das Landgericht bei der Begründung seiner Entscheidung die Persönlichkeit des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt in den Vordergrund gestellt hat, ist die konkrete Entscheidung nicht zu beanstanden. Die Ausführungen zur abgeschlossenen Reifeentwicklung zum Zeitpunkt der Tat lassen erkennen, dass die Kammer aufgrund der Persönlichkeit des Beschwerdeführers auch keinen erheblichen Raum für eine noch positive Formbarkeit durch den zeitigen Strafvollzug sah. In Verbindung mit dem aufgrund der Umstände des Falles besonders schwerwiegenden Sühnegedanken, den auch der Bundesgerichtshof in der Revisionsentscheidung hervorgehoben hat, ist das Ergebnis dieser Abwägung nicht zu beanstanden.
Durch die Ablehnung des Befangenheitsantrags wird der Beschwerdeführer auch nicht in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. Zwar garantiert Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, dass der Rechtssuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet. Allerdings führt nicht schon jede fehlerhafte Rechtsanwendung zu einem Verfassungsverstoß, sondern dies ist nur der Fall, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsantrags auf willkürlichen Erwägungen beruht. Diese lassen die hier vorliegenden Entscheidungen nicht erkennen, wenn der Richter nur über eine einzelne Äußerung des Zeugen spontan Unmut äußert. Einmalige Unmutsäußerungen aus nachvollziehbarem Anlass ergeben keinen Befangenheitsgrund, wenn sie nicht in überzogener Form erfolgen und bei verständiger Würdigung nicht befürchten lassen, sie seien Ausdruck einer in der Sache voreingenommenen Haltung. Der Reaktion der Beisitzerin war nicht zu entnehmen, dass sie sich bei der Bewertung der Zeugenaussage bereits zum Nachteil des Beschwerdeführers festgelegt hätte. Auch diese weitere Würdigung ist frei von Willkür und deshalb unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.
BVerfG, Beschluss vom 13. Mai 2009 – 2 BvR 247/09 –