KG: Urkunds- und Nachverfahren als verschiedene Angelegenheiten


In dieser Sache hatten wir nach Beendigung des Verfahrens beantragt, die Kosten gegen die unterlegene Partei festzusetzen. Da zunächst ein Urkunds- und anschließend das streitige Verfahren durchgeführt worden war, beanspruchten wir die Verfahrens -und Terminsgebühr doppelt, und da unsere Widerklage Erfolg hatte, auch für die Widerklage die entsprechenden Gebühren.

Für das Ursprungsverfahren wurde die Verfahrens- und die Terminsgebühr nur einfach festgesetzt. Von der Verfahrensgebühr des Widerklageverfahrens wurde anteilig die außergerichtliche Geschäftsgebühr abgezogen, obwohl wir nur den nicht anrechenbaren Teil als Nebenforderung eingeklagt hatten. Auf die sofortige Beschwerde wurde der Kostenfestsetzungsbeschluss durch das Kammergericht aufgehoben und abgeändert.

Aus den Gründen:


Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig und begründet.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts waren die Gebühren zweimal zu berechnen, da die Voraussetzungen des § 17 Nr. 5 RVG vorliegen. Gemäß dieser Regelung sind verschiedene Angelegenheiten unter anderem der Urkundenprozess und das ordentliche Verfahren, das nach Abstandnahme vom Urkundenprozess anhängig bleibt.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. So hat das Landgericht in seinem Urteil vom 3. Mai 2010 im Tatbestand festgestellt, dass die Klägerin die Klage zunächst im Urkundenprozess erhoben hatte und das Verfahren unter Abstandnahme vom Urkundenprozess weiter betrieben hat (Seite 3 f. des Urteils). Woher das Landgericht die Erkenntnis herleitet, dass das Verfahren zunächst nicht als Urkundenprozess geführt worden ist, erschließt sich dem Senat nicht.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts war auf die Verfahrensgebühr nicht die anteilige Geschäftsgebühr anzurechnen, da – zumindest der anrechnungsfähige Teil – der Geschäftsgebühr entgegen der Behauptung des Landgerichts nicht tituliert worden ist.

Zunächst ist festzuhalten, dass § 15 a RVG auch auf Altfälle Anwendung findet. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat seine bisher vertretene gegenteilige Auffassung mit Beschluss vom 4. November 2010 (Aktenzeichen: VI ZB 86/09) aufgegeben. Die Voraussetzungen für eine Anrechnung nach § 1 5 a RVG liegen nicht vor. Unstreitig hat die Klägerin den Anspruch auf eine der beiden Gebühren noch nicht erfüllt. Unstreitig werden beide Gebühren auch nicht in denselben Verfahren geltend gemacht; so ist die Geschäftsgebühr anteilig im Rechtsstreit und die Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht worden. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Geschäftsgebühr auch nicht tituliert worden. Das Landgericht hat die Klägerin auf die Widerklage vollumfänglich verurteilt. Die Titulierung umfasste außergerichtliche Kosten in Höhe von 278,05 EUR. Insoweit ist mit der Widerklage der anrechnungsfreie Teil der anwaltlichen Gebühren für die außergerichtliche Vertretung des Widerklägers als Nebenforderung geltend gemacht worden (vgl. Seite 6 des Schriftsatzes vom 14. Dezember 2005 = Bl. 45 dA.). Der anrechnungsfähige Teil der Geschäftsgebühr ist damit noch nicht tituliert worden. (…)

Kammergericht, Beschluss vom 06.01.2011, Az: 27 W 165/11

Vorinstanzen: Landgericht Belin, 5 O 64/06; AG Wedding,12b C 65/05

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