Ab wann ist man vorbestraft?


Oftmals meinen Mandanten, bei Verurteilung zu einer Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen oder bis zu drei Monaten Freiheitsstrafe, seien sie nicht „vorbestraft“. Das ist so nicht ganz richtig, man darf sich lediglich als nicht vorbestraft bezeichnen, was ein kleiner aber feiner Unterschied ist. Als vorbestraft im juristischen Sinne gilt man bereits, wenn ein Strafgericht rechtskräftig eine Strafe in einem Straf- oder Strafbefehlsverfahren ausgesprochen hat.

Die Höhe der im Strafverfahren verhängten Strafe, ob nun Freiheits- oder Geldstrafe, ist dabei unerheblich. Auch eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe, eine Jugendstrafe oder eine unter Strafvorbehalt ausgesprochene Geldstrafe, gilt als Vorstrafe. Vorstrafen werden im sogenannten Bundeszentralregister erfasst, für eine bestimmte Zeit gespeichert und anschließend getilgt.

Was braucht man nicht angeben?

Eine Verurteilung zu einer Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen, eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Monaten und eine Jugendstrafe bis zu zwei Jahren (sofern zur Bewährung ausgesetzt), braucht man, wenn man danach gefragt wird, unter bestimmten Voraussetzungen aber nicht angeben. Diese Vorstrafen tauchen auch im sogenannten Führungszeugnis nicht auf. Dies gilt jedoch nur beim erstmaligen Verstoß.

Was ist das Bundeszentralregister und was steht drin?

Das Bundeszentralregister (BZR), geführt beim Bundesamt für Justiz mit Sitz in Bonn, enthält die Personendaten aller Verurteilten, das Gericht bei dem das Verfahren geführt wurde und das Aktenzeichen, den Tag der letzten Tat, den Tag der Rechtskraft, die angewandten Strafvorschriften und die Rechtsfolgen sowie Entscheidungen anderer Gerichte. Steht die strafgerichtliche Verurteilung im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr, erfolgt auch eine Erfassung im Verkehrszentralregister (VZR), einer beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg geführte Datei, in der vor allem rechtskräftig festgestellte Bußgeldentscheidungen gespeichert werden.

Im BZR wird ferner eine bestehende Betäubungsmittelabhängigkeit vermerkt, auch ein Verbot der Ausübung eines Gewerbes. Nach der Verurteilung getroffene Entscheidungen wie z.B. ein Straferlass, eine Strafaussetzung zur Bewährung oder die Verlängerung der Bewährungszeit, auch die Anordnung einer Bewährungshilfe, werden erfasst. Die gesetzliche Grundlage des BZR ist das Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Auskunft aus dem BZR erhält nicht jeder, nur die in § 41 BZRG aufgezählten Stellen, darunter vor allem Gerichte und Staatsanwaltschaften, dürfen einen uneingeschränkten Auszug verlangen.

Verfahrenseinstellungen, auch Einstellungen gegen Geldauflage oder in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren verhängte Geldbußen, zählen hingegen nicht als Vorstrafe.

Was ist ein Führungszeugnis?

Eine einmalige Verurteilung zu einer Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen bzw. bis zu drei Monaten Freiheitsstrafe oder eine zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe bis zu zwei Jahren wird im Führungszeugnis nicht erwähnt, das Führungszeugnis ist nur ein beschränkter Auszug aus dem BZR. Gegenüber Personen oder Behörden, die keine unbeschränkte Auskunft aus dem BZR erhalten, z.B. Arbeitgeber, darf man sich als nicht vorbestraft bezeichnen, wenn die Verurteilung nicht in das Führungszeugnis bzw. das erweiterte Führungszeugnis für Behörden aufgenommen wurde. Ebenso kann man sich als nicht vorbestraft bezeichnen, wenn die Verurteilung getilgt wurde.

Was passiert, wenn eine weitere Straftat eingetragen wird?

Kommt aber zu einer nicht in das Führungszeugnis aufzunehmenden Verurteilung eine weitere Eintragung im BZR hinzu, werden alle Verurteilungen im Führungszeugnis aufgeführt, unabhängig davon, ob beide Eintragungen noch unterhalb der Tagessatz- bzw. Freiheitsstrafengrenze liegen. In den Genuss eines „leeren“ Führungszeugnisses kommt danach nur der Ersttäter. In das erweiterte Führungszeugnis für Behörden werden hingegen alle Verurteilungen aufgenommen, insbesondere Verurteilungen wegen Straftaten, die im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder wirtschaftlichen Unternehmung stehen, auch wenn diese unterhalb der Tagessatz- bzw. Freiheitsstrafengrenze liegen.

Wann werden die Eintragungen wieder getilgt?

Verhält sich ein Verurteilter straffrei, werden die Eintragungen im BZR nach einigen Jahren getilgt, mit Ausnahme lebenslanger Freiheitsstrafe oder Sicherungsverwahrung. Die Tilgungsfrist beträgt abhängig von der ausgeurteilten Strafe 5 bis 15 Jahre (§ 46 BZRG), bei Verurteilungen wegen eines Sexualdeliktes zu einer Jugendstrafe oder Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr sogar 20 Jahre. Nach Eintritt der Tilgungsreife läuft noch eine Überliegefrist von 1 Jahr, in dem die Verurteilung im BZR gespeichert bleibt, jedoch keine Auskunft mehr über sie erteilt wird. In bestimmten Fällen verlängert sich die Tilgungsfrist un die Dauer einer ausgeurteilten Freiheitsstrafe. Nach Ablauf der Tilgungsfrist hat man es, wenn im Überliegejahr keine Eintragung hinzukommt, geschafft, man gilt dann wieder als „nicht vorbestraft“. Die Tilgungsfristen bei einem Führungszeugnis sind kürzer und betragen je nach Art der Verurteilung zwischen drei und zehn Jahren.

Wie man sieht, können zwei kleinere Straftaten zu einem erheblichen Problem werden, z.B. wenn man seinem zukünftigen Arbeitgeber ein Führungszeugnis präsentieren soll. Unabhängig davon spielen Voreintragungen im BZR, insbesondere sogenannte einschlägige (also wegen des gleichen Delikts), vor Gericht immer eine Rolle bei der Strafzumessung oder der Frage ob eine Bewährung in Frage kommt.

Künftige Änderungen im BZRG

Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (5. BZRGÄndG) vom 16.07.2009 werden Führungszeugnisse künftig in weit größerem Umfang Auskunft darüber geben, ob jemand wegen bestimmter Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen vorbestraft ist. Das sog. erweiterte Führungszeugnis wird nach dem neuen § 30a BZRG erteilt,

  • wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Die praktisch bedeutsamste Vorschrift ist § 72a SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe. Sie richtet sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die für die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln dürfen, die rechtskräftig wegen einer bestimmten Straftat verurteilt worden ist (§§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f oder den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB). Ein vergleichbares Beschäftigungsverbot enthält auch § 25 Jugendarbeitsschutzgesetz für Personen, die Lehrlinge ausbilden.
  • demjenigen, der eine Tätigkeit ausüben will, die geeignet ist, Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen, wie die berufliche oder ehrenamtliche Beaufsichtigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger (z.B. Erzieher in Kindergärten, Kinder- oder Jugendheimen, Pflegepersonen für die Kindertages- und Vollzeitpflege, Lehrer in Privatschulen, Schulbusfahrer, Bademeister in Schwimmbädern, Jugendsporttrainer, Leiter von Kinder- und Jugendfreizeitgruppen.)

Bereits nach geltendem Recht werden in ein Führungszeugnis regelmäßig alle Verurteilungen – unabhängig vom Strafmaß – wegen bestimmter schwerer Sexualstraftaten nach den §§ 174 bis 180 und § 182 StGB aufgenommen. Für das erweiterte Führungszeugnis wird dieser Katalog um weitere kinder- und jugendschutzrelevante Verurteilungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB erweitert. Künftig wird daher auch beispielsweise eine Verurteilung zu 60 Tagessätzen wegen Verbreitung von Kinderpornographie oder Exhibitionismus im erweiterten Führungszeugnis erscheinen. Bislang erhielt der Arbeitgeber von einer solchen Verurteilung durch ein Führungszeugnis keine Kenntnis.

Derzeit werden Verurteilungen bei einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr wegen schwerer Sexualstraftaten nach den §§ 174 bis 180 und § 182 StGB mindestens 10 Jahre lang in das Führungszeugnis aufgenommen. Künftig wird diese Frist auch für entsprechende Verurteilungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB gelten, die in ein erweitertes Führungszeugnis aufgenommen werden.

Die Änderung tritt zum 01.05.2010 in Kraft.

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