OLG Karlsruhe – Verwertung eines Bankguthabens als Mietkaution setzt nicht voraus, dass die Ansprüche des Vermieters unstreitig sind


Die Mieter einer Wohnung minderten über ein Jahr, bis zu ihrem Auszug die Miete. Die Mängel waren streitig, beim Amtsgericht war hierüber ein selbstständiges Beweisverfahren anhängig, welches noch nicht abgeschlossen war. Bei Mietbeginn hatten die Mieter ein Kontoguthaben in Höhe von 2.475,00 EUR als Mietkaution verpfändet. Die Vermieter betrieben nach Beendigung des Mietverhältnisses unter Berufung auf ihr Pfandrecht die Auszahlung dieses Guthabens.

Sie meinen, dass die Mietminderung durch nicht gerechtfertigt gewesen sei und deshalb noch Mietzinsansprüche in einer das Guthaben übersteigenden Höhe bestünden. Die Mieter hingegen meinen, die Vermieter seien zur Verwertung der Mietkaution nicht berechtigt, da erst nach dem selbstständigen Beweisverfahren feststehe, ob und in welcher Höhe noch fällige Ansprüche bestehen.

Der von den Mietern vor dem Amtsgericht beantragte Erlass einer einstweiligen Verfügung, wurde durch Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen legten die Mieter sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht ein. Allerdings ohne Erfolg.

Aus den Gründen:

(…) Die Antragsteller meinen, die Antragsgegner seien verpflichtet, die Einziehung der Mietkaution zu unterlassen, weil die Forderung, deretwegen die Kaution verwertet werden soll, streitig sei. Eine Mietkaution diene dem Vermieter lediglich als Sicherheit, weshalb dieser erst auf die Kaution zugreifen dürfe, wenn die Rechtslage zwischen den Vertragsparteien endgültig geklärt sei. Diese Rechtsansicht verkennt die Bedeutung einer Mietkaution nach beendetem Mietverhältnis.

Zu Unrecht berufen sich die Antragsteller für ihren Standpunkt auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 01.07.1987 (BGHZ 101, 244, 251). Zutreffend ist zwar, dass dort ausgeführt ist, die Kaution diene der Sicherung der Ansprüche des Vermieters. Dieser solle sich wegen seiner Forderungen, insbesondere wegen seiner nach Beendigung des Vertrages noch bestehenden Ansprüche, aus der Kaution auf einfache Weise, nämlich durch Aufrechnung gegen den Rückzahlungsanspruch des Mieters, befriedigen können. Das bedeutet aber nicht, dass die Forderung, auf die der Vermieter sich zur Rechtfertigung der Verwertung der Kaution beruft, unstreitig sein muss.

Gerade wenn die Kaution ihren Zweck erfüllen soll, dem Vermieter – nach Beendigung des Mietverhältnisses – die Möglichkeit zu geben, sich wegen noch bestehender Ansprüche auf einfache Weise befriedigen zu können, muss ihm die Kaution als Instrument zur schnellen Durchsetzung seiner Ansprüche zur Verfügung stehen (Schneider in Müller/Walther, Miet- und Pachtrecht, C § 551 Rdnr. 199). Dieser Zweck würde vereitelt, wenn der Vermieter zunächst die Klärung streitiger Ansprüche in einem Rechtsstreit herbeiführen müsste (Kluth/Grün, Kautionsverrechnung im laufenden Mietverhältnis, NZM 2002, 1015, 1016).

Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat die Kaution nicht nur Sicherungs-, sondern auch Verwertungsfunktion. Ebenso wie bei der Barkaution darf deshalb der Vermieter – bei beendetem Mietverhältnis – grundsätzlich auf die verpfändete Forderung zugreifen (Schneider, a.a.O; LG Potsdam Grundeigentum 2007, 1253; Kluth/Grün, Kautionsverrechnung im laufenden Mietverhältnis, NZM 2002, 1015; a. A. LG Darmstadt ZMR 2005, 194; LG Wuppertal NJW-RR 2004, 1309).

Voraussetzung ist allerdings, dass der Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses eine Abrechnung über seine noch offenen Forderungen aufstellt und diese von der Kaution abzieht. Hier ergibt sich bereits aus dem Vortrag der Antragsteller, dass die Vermieter noch eine offene Mietzinsforderung in Höhe von (15 X 235,00 EUR =) 3.525,00 EUR beanspruchen, die die Höhe des verpfändeten Guthabens übersteigt. Damit tragen die Antragsteller selbst die Voraussetzungen für eine – vorläufige – Inanspruchnahme der Mietkaution vor.

Bei dieser Ausgangslage wäre es Sache der Antragsteller gewesen, vorzutragen und im vorliegenden Verfahren glaubhaft zu machen, dass der Zugriff auf die Kaution unberechtigt ist. Das ist nicht geschehen; denn entgegen der Auffassung der Antragsteller reicht hierfür nach dem dargelegten Maßstab nicht aus, dass die Forderung, auf die sich der Vermieter beruft, streitig ist (Kluth/Grün, a.a.O., S. 1017).

Überdies liegt auch kein Verfügungsgrund vor. Die Antragsteller meinen, bereits die Tatsache, dass die Mietsicherheit „vor der Zeit“ eingezogen werde, begründe die abstrakte Gefahr, dass Gläubiger der Vermieter auf die Kaution Zugriff nähmen und dadurch eine Rückgängigmachung der Vermögensverschiebung gefährdeten. Das müsse angesichts des bloßen Sicherungscharakters der Kaution als Verfügungsgrund ausreichen. Dieser Argumentation ist das Amtsgericht zu Recht nicht gefolgt. Abgesehen davon, dass die Antragsteller – wie oben ausgeführt – die Verwertungsfunktion der Kaution, die diese nach Beendigung des Mietverhältnisses gewinnt, nicht berücksichtigen, reicht die abstrakte Gefahr einer Vermögensgefährdung als Grund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht aus, vielmehr müsste es für die Antragsteller unzumutbar sein, sie auf eine Klärung der Rechtslage in einem Hauptsacheverfahren zu verweisen.

Selbst wenn also der Zugriff der Antragsgegner auf die Kaution rechtswidrig wäre, müsste den Antragstellern der Verlust der verpfändeten Forderung oder ein sonstiger schwerwiegender Nachteil drohen, um den Erlass einer auf ein Unterlassungsgebot gerichteten einstweiligen Verfügung zu rechtfertigen (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 174, 175 für die Inanspruchnahme einer Bürgschaft). Hierfür ergibt sich aus dem Vortrag der Antragsteller nichts. (…)

OLG Karlsruhe Beschluss vom 18.8.2008, 8 W 34/08
Volltext Justiz Baden-Württemberg
Vorinstanz: AG Karlsruhe, Beschluss vom 31.07.2008, 9 C 301/08

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