AG München fühlt einer Versicherung auf den Zahn


Die spätere Klägerin hatte bei einer Krankenversicherung eine Zusatzversicherung für Zahnbehandlung. Danach wurden ihr 50 Prozent der Aufwendungen für medizinisch notwendige zahnärztliche Behandlungen erstattet. Im November 2005 vereinbarte sie mit ihrer Versicherung einen neuen Tarif, wonach ihr 100 Prozent für Zahnersatzkosten ohne privatärztliche Vergütungsanteile und 80 Prozent der Zahnersatzkosten mit privatärztlichen Vergütungsanteilen erstattet werden sollten.

Der Ersatz der Kosten wurde für das erste Jahr ab Abschluss des Vertrages auf 500 Euro Höchstgrenze beschränkt, im zweiten Jahr sollten höchsten 1000 Euro ersetzt werden. In einem Nachtrag zum Versicherungsschein fand sich die Klausel: „Aufgrund der Vertragsänderung ergeben sich für den hinzukommenden Teil des Versicherungsschutzes Wartezeiten.“

Im Jahr 2006 musste die Versicherungsnehmerin zweimal den Zahnarzt aufsuchen und bekam dafür einmal 2.742,50 Euro und einmal 1.368,79 Euro in Rechnung gestellt. Unter Berufung auf die summenmäßige Begrenzung im ersten Jahr zahlte die Versicherung nur 500 Euro. Die Versicherungsnehmerin war der Ansicht, ihr stünden 50 Prozent der Rechnungen nach dem alten Tarif sowie die 500 Euro nach dem neuen Tarif zu, da die Wartezeiten sich nur auf die Vertragserweiterung bezöge, klagte vor dem AG München und bekam Recht.

Natürlich sei es möglich, einem Versicherungsnehmer einen vollständig neuen Tarif mit neuen Wartezeiten und Höchstbeträgen anzubieten. Das müsste aber in eindeutiger Weise geschehen. Sei ein Vertrag nicht in derart eindeutiger Weise abgefasst, müsste bei der Auslegung auf den objektiven Empfängerhorizont eines vernünftigen Versicherungsnehmers unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage abgestellt werden. Dabei müsse, da die Versicherung allgemeine Geschäftsbedingungen verwende, bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten die verbraucherfreundliche gewählt werden.

Danach habe die Klägerin die Regelung so verstehen dürfen, dass die Höchstbeträge sich nur auf den hinzukommenden Teil beziehen. Schließlich hätten die Wartezeiten sich ebenfalls nur auf den neuen Tarif bezogen. Das entspräche auch lebensnaher Betrachtung, denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer wolle durch die Zahlung höherer Beiträge regelmäßig seinen Versicherungsschutz verbessern, nicht verschlechtern. Dies gelte auch dann, wenn die Verschlechterung zeitlich begrenzt sei. Eine Gefahr, dass der Versicherungsnehmer wegen anstehender Zahnbehandlungen kurzfristig in einen besseren Tarif wechsle, könne das Gericht nicht erkennen. Die unbegrenzte Kostenerstattung gelte nur für den bereits länger vereinbarten Teil, indem Wartezeiten und Höchstbeträge bereits abgelaufen und für den entsprechende Beiträge bezahlt seien.

AG München, Urteil vom 9.4.08, Az: 212 C 22552/07 (rechtskräftig)

Quelle: Pressemitteilung 37/08 vom 01. Dezember 2008

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