BAG – Darlegungs- und Beweislast zur Frage der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes


Nach § 23 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) dürfen Kleinbetriebe, also Betriebe, die in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen, eine ordentliche Kündigung aussprechen, ohne sich über die soziale Rechtfertigung Gedanken machen zu müssen. Wenn ein Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erhebt und sich mit der Begründung, seine Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, auf deren Unwirksamkeit beruft, muss er darlegen und beweisen, dass die Beschäftigtenzahl im Sinne des KSchG erreicht ist.

Hierfür muss der Arbeitnehmer lediglich die ihm bekannten Anhaltspunkte vortragen, die den Schluss zulassen, dass kein Kleinbetrieb vorliegt. Der Arbeitgeber muss sich daraufhin vollständig zur Anzahl der Beschäftigten erklären. Bleibt allerdings auch nach Beweiserhebung unklar, ob die für den Kündigungsschutz erforderliche Beschäftigtenzahl erreicht ist, geht dieser Zweifel zu Lasten des Arbeitnehmers.

In einem Streitfall, den der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts zu entscheiden hatte, machte die klagende Arbeitnehmerin geltend, eine von der Arbeitgeberin ausgesprochene ordentliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 KSchG und daher unwirksam. Im Betrieb seien 14 Arbeitnehmer beschäftigt, es handele sich daher nicht um einen Kleinbetrieb. Die beklagte Arbeitgeberin hatte eingewandt, die Kündigung bedürfe keiner sozialen Rechtfertigung, weil sie in ihrem Betrieb nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftige. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen, weil die Klägerin nicht ausreichend konkret dargelegt habe, dass die Beklagte mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftige.

Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Zwar trifft auch nach der zum 1. Januar 2004 vom Gesetzgeber eingeführten Erhöhung der für Kleinbetriebe maßgeblichen Höchstbeschäftigtenzahl von fünf auf zehn Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast nach wie vor den Arbeitnehmer. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu hohe Anforderungen an den erforderlichen Tatsachenvortrag der Klägerin gestellt. Deshalb musste das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Juni 2008 – 2 AZR 264/07 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 1. März 2007 – 2 Sa 589/06 –

Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 55/08 vom 26.06.2008

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