Das Amtsgericht Herford verurteilte die Betroffene erstmalig im April 2006 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 150 € und verhängte zugleich ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats. Auf die erstmalige Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen dieses Urteil hob das OLG Hamm im Oktober 2006 das Urteil auf und verwies die Sache zurück. Daraufhin verurteilte das Amtsgericht Herford die Betroffene im Januar 2007 zu einer Geldbuße von 300 € und sah von der Anordnung eines Fahrverbotes ausnahmsweise gemäß § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalog-Verordnung ab.
Zur Begründung führte das Amtsgericht Herford aus, dass der Verkehrsverstoß vor nunmehr über 2 Jahren begangen wurde, sich die Betroffene seither an die Verkehrsvorschriften gehalten habe und erwartet werden könne, dass eine hinreichende Abschreckungswirkung auch ohne ein Fahrverbot durch eine lediglich spürbar erhöhte Geldbuße zu erreichen sei. Gegen dieses Urteil legte die Betroffene erneut Rechtsbeschwerde ein.
Das OLG Hamm setzte daraufhin die Geldbuße auf 150 € herab. Es sei rechtlich zulässig, von einem Fahrverbot abzusehen und gleichzeitig die Geldbuße angemessen zu erhöhen. Bei einem langen Zeitraum zwischen Tat und Ahndung, komme die Warnungs- und Besinnungsfunktion eines Fahrverbotes nicht mehr zum tragen. Das Fahrverbot habe dann ohnehin zu entfallen und dürfe nicht durch Erhöhung der Geldbuße kompensiert werden.
Aus den Gründen.
Zwar ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht von der Verhängung des nach der Bußgeldkatalog-Verordnung (§ 4 Abs. 1 i.V.m. Tabelle 1 c) lfd. Nr. 11.3.8 an sich verwirklichten (Regel-)Fahrverbots abgesehen hat, weil seit der Tat mehr als zwei Jahre verstrichen sind. (…) ein erheblicher Zeitablauf seit der Tat (kann) dazu führen, dass es einer erzieherischen Einwirkung auf den Täter durch die Verhängung eines Fahrverbotes nicht mehr bedarf, wobei dies bei einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren zwischen Tat und Ahndung sicher anzunehmen ist. Das Fahrverbot dient nämlich in erster Linie spezialpräventiven Zwecken und kann seine Warnungs und Besinnungsfunktion auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter nur dann erfüllen, wenn es sich in einem kurzen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der erhebliche Zeitablauf zwischen Tat und Verhängung des Fahrverbotes dem Betroffenen angelastet werden könnte.
(…) Allerdings kommt eine Erhöhung der Geldbuße wegen des Absehens vom Fahrverbot gemäß § 4 Abs. 4 BKatV dann nicht mehr in Betracht, wenn es der Anordnung eines Fahrverbots wegen des langen Zeitablaufs zwischen der Tat und deren Ahndung zur erzieherischen Einwirkung auf den Betroffenen nicht mehr bedarf. Da die Denkzettel- und Warnungsfunktion des Fahrverbots entfallen ist, hat auch eine Erhöhung der Geldbuße zur Erreichung dieses spezialpräventiven Zweckes zu unterbleiben (vgl. OLG Bamberg, Beschluß vom 14.02.06, DAR 2006, 337; OLG Celle, Beschluß vom 23.12.2004, VRS 108, 118, 121). Denn sowohl die Anordnung eines Regelfahrverbots als auch das ausnahmsweise Absehen davon bei gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße können ihren Strafcharakter nur dann erfüllen, wenn sie sich in einem kurzen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Betroffenen auswirken. Das ist bei einer Zeitdauer von zweieinhalb Jahren wie im vorliegenden Sachverhalt jedenfalls nicht mehr der Fall. (…)
OLG Hamm, Beschluss vom 02.07.2007, AZ: 3 Ss OWi 360/07