AG München – Eltern haften nicht immer für ihre Kinder


Kurz vor einer Einmündung fuhr der 7 Jahre und 10 Monate alte Sohn der späteren Beklagten mit seinem Fahrrad von einer Fußgängerbrücke herunter, überquerte den Fuß- und Radweg und prallte ungebremst in das hintere rechte Eck des Fahrzeuges der späteren Klägerin. Dabei wurde der Kotflügel hinten rechts eingedellt und die Antenne abgerissen. Die Reparatur kostete 1640 Euro.
Das Kind hatte, bevor es auf die Fußgängerbrücke fuhr, zunächst mit anderen Kindern im Hof vor der Wohnung der Beklagten gespielt. Dieser Hof kann durch ein Fenster der Wohnung der Eltern eingesehen werden. Das Kind hatte ein adäquates Kinderfahrrad und fuhr seit mehr als vier Jahren Fahrrad.

Die Klägerin verlangte von den Eltern des Kindes die Bezahlung des Schadens. Schließlich hätten diese ihren Sohn nicht ausreichend beaufsichtigt. Auf Grund der besonderen Verkehrssituation (steile Fußgängerbrücke und stark befahrene Straße) habe eine besondere Pflicht zur Überwachung des Kindes bestanden. Ein Spielen mit einem Fahrrad hätten die Eltern nicht erlauben dürfen.

Die Eltern zahlten nicht. Sie waren der Ansicht, dass sie in unmittelbarer Umgebung zur Wohnung ihr Kind nicht ständig überwachen müssten. Dieses habe sich zudem im Straßenverkehr ausgekannt.

Der zuständige Richter beim Amtsgericht München wies die Klage ab:

Eine Aufsichtspflichtverletzung könne den Eltern nicht zur Last gelegt werden. Ihr Sohn habe zunächst mit weiteren Kindern im Hof vor der elterlichen Wohnung gespielt. Dieser Hof könne durch ein Fenster beobachtet werden. Dies habe die Mutter des Kindes auch immer wieder gemacht. Eine solche gelegentliche Beobachtung genüge zur Erfüllung der Aufsichtspflicht. Nach dem das Kind bereits seit vier Jahren Rad fahren könne und bisher nichts vorgefallen sei, sei es auch zulässig, das Kind im Bereich der Wohnung fahren zu lassen, ohne es ständig zu überwachen. Das gelte auch für den Fall, dass Hof und Wohnung in der Nähe einer vielbefahrenen Straße lägen. Dass der Sohn den Hof verlassen habe, um sein Rad die Fußgängerbrücke hinaufzuschieben und anschließend herunterzufahren, sei eine spontane Fehlreaktion des Kindes. Solche seien nie ausgeschlossen.

AG München, Urteil vom 27.6.07, AZ 322 C 3629/07 (rechtskräftig)

Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 17.12.2007

, , , ,