Der Beschwerdeführer wurde vom Landgericht Hamburg zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Er beantragte, ihn in eine Einrichtung des offenen Vollzugs zu laden. Er befinde sich derzeit in Freiheit und erfülle ausweislich seines gegenwärtigen Verhaltens die Voraussetzungen für eine Strafverbüßung im offenen Vollzug. Werde er dennoch zunächst in den geschlossenen Vollzug eingewiesen, verliere er seinen festen Arbeitsplatz, den der Arbeitgeber ihm nur für höchstens vier Wochen offen halten könne.
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat, nachdem ihr die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde zugestellt worden war, eine Regelung getroffen, nach der für Gefangene, die sich in einem festen Arbeitsverhältnis befinden, unter näher bestimmten Voraussetzungen über eine Verlegung in den offenen Vollzug spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Haftbeginn und über die Gewährung von Freigang unverzüglich nach der Verlegung zu entscheiden ist.
Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte fest, der Beschwerdeführer habe zunächst begründete Rügen erhoben. Sie nahm die Verfassungsbeschwerde aber nicht zur Entscheidung an, weil Hamburg mit der zwischenzeitlich erlassenen Regelung ausreichende Vorkehrungen zur Wahrung der schutzwürdigen Belange des Beschwerdeführers getroffen habe. Angeordnet wurde die Erstattung der Auslagen des Beschwerdeführers für das Verfassungsbeschwerdeverfahren.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Das Grundgesetz verlangt, dass der Strafvollzug auf das Ziel der sozialen Integration ausgerichtet ist. Dem trägt unter anderem die Einrichtung des offenen Vollzuges Rechnung. Nach der Konzeption des Strafvollzugsgesetzes ist der offene Vollzug, soweit keine Flucht- oder Missbrauchsgefahr besteht, für geeignete Gefangene die Regelvollzugsform. Welche Justizvollzugsanstalt für den Vollzug einer Freiheitsstrafe zuständig ist und um welchen Anstaltstyp es sich dabei handelt, ergibt sich grundsätzlich aus dem von den Landesbehörden zu erlassenden Vollstreckungsplan. Allerdings ermöglicht es § 26 Strafvollstreckungsordnung, vom Vollstreckungsplan abzuweichen. Damit kann dem grundrechtlich geschützten Resozialisierungsinteresse des Verurteilten, auch soweit es durch die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug berührt ist, nicht erst im Stadium des Vollzuges, sondern bereits im Vollstreckungsverfahren – also bereits bei der Ladung zum Strafantritt – Rechnung getragen werden. Der Gebrauch dieser Möglichkeit ist von Verfassungs wegen geboten, wenn eine Entscheidung nach den Regelungen des Vollstreckungsplans grundrechtlich geschützte Belange des Verurteilten berühren und ihn dabei in unverhältnismäßiger Weise belasten würde.
Die Gefahr einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Belange dadurch, dass ein objektiv für den offenen Vollzug geeigneter Verurteilter zunächst in den geschlossenen Vollzug geladen wird, liegt besonders nahe im Hinblick auf den drohenden Verlust eines bestehenden Arbeitsplatzes. Nach diesen Grundsätzen haben die angegriffenen Entscheidungen den Grundrechten des Beschwerdeführers nicht ausreichend Rechnung getragen. Nach den im vorliegenden Verfahren eingeholten Auskünften der Justizministerien der Länder weist die Praxis in den Ländern hinsichtlich der Art und Weise der Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts erhebliche Unterschiede auf. Dass in Hamburg, anders als in einigen anderen Ländern, der Vollstreckungsplan keine allgemeine Regelung enthält, nach der auf freiem Fuß befindliche Verurteilte unter bestimmten Voraussetzungen von vornherein in eine Anstalt des offenen Vollzug zu laden sind, ist für sich genommen nicht zu beanstanden. Verfassungsrechtlich geboten ist nur, dass das Resozialisierungsinteresse des Betroffenen, einschließlich des Gesichtspunkts der Erhaltung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses, bei der Entscheidung über die Ladung in den offenen oder geschlossenen Vollzug in einer Weise berücksichtigt wird, die seiner grundrechtlichen Bedeutung angemessen ist.
Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Die Staatsanwaltschaft hat sich für unzuständig erachtet, über eine Abweichung vom Vollstreckungsplan überhaupt zu entscheiden. Damit hat sie ihre Prüfungspflichten schon grundsätzlich verkannt. Das Oberlandesgericht hat zwar nicht verkannt, dass von den Regelungen des Vollstreckungsplans abgewichen werden kann. Mit der Erwägung, es sei sachgerecht, dass über die Eignung des Beschwerdeführers für den offenen Vollzug nicht die Staatsanwaltschaft nach Aktenlage, sondern die Anstaltsleitung nach dessen Einweisung entscheide, hat das Oberlandesgericht aber unzulässigerweise eigene Ermessenserwägungen an die Stelle des nicht ausgeübten Ermessens der Strafvollstreckungsbehörde gesetzt. Es hat dies zudem ohne hinreichende tatsächliche Feststellungen getan. Das zentrale Vorbringen des Beschwerdeführers zum drohenden Verlust seines Arbeitsplatzes ist weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren in der gebotenen Weise abwägend berücksichtigt worden.
Trotzdem blieb die Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg. Das Anliegen des Beschwerdeführers, einen ungerechtfertigten Arbeitsplatzverlust zu vermeiden, der ihm wegen Zeitablaufs drohe, wenn er trotz Eignung für eine Weiterführung seines Arbeitsverhältnisses im offenen Vollzug zunächst in den geschlossenen Vollzug eingewiesen werde, ist mit der zwischenzeitlich erlassenen hamburgischen Regelung ausreichend berücksichtigt.
BVerfG, Beschluss vom 27. September 2007 – 2 BvR 725/07