Verursacht ein Arbeitnehmer in Ausübung seiner Tätigkeit schuldhaft einen Schaden, haftet er entsprechend dem Grad seines Verschuldens. Im Arbeitsrecht kommen den Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Haftungsprivilegien zugute. Was aber gilt, wenn ein Arbeitnehmer einem anderen Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses einen Schaden zufügt?
Über diese Frage hatte das Landesarbeitsgericht Hamm zu entscheiden. In dem zugrunde liegenden Fall machte der Kläger Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall gegen eine Arbeitskollegin geltend, der von dieser mit seinem Pkw verursacht worden war.
Der Kläger war als Surflehrer einer Surfschule mit mehreren Stationen auf Sardinien tätig. Die Beklagte war bei freier Kost und Logis, im Übrigen entgeltfrei, als Aushilfe ebenfalls an der Surfschule tätig. Bei einer Fahrt zu einer der Surfstationen benutzte die Beklagte den Pkw des Klägers. Auf der Rückfahrt verschuldete sie einen Auffahrunfall. Dabei wurde das Fahrzeug beschädigt, es lag ein wirtschaftlicher Totalschaden vor. Noch am selben Tag unterzeichnete die Beklagte eine Erklärung, wonach sie die volle Verantwortung für den von ihr verursachten Unfall übernehme und alle anfallenden Kosten trage.
Der Kläger machte seinen Gesamtschaden von knapp 3.900,00 EUR klageweise zunächst beim Amtsgericht geltend. Das Amtsgericht verwies den Rechtsstreit wegen sachlicher Unzuständigkeit an das Arbeitsgericht, wo die Beklagte zur Zahlung verurteilt wurde. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Beklagte hafte als Arbeitnehmerin gegenüber ihrem Arbeitskollegen für den diesem zugefügten Schaden uneingeschränkt nach § 823 BGB. Eine Haftungsbeschränkung, wie sie sonst im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelte, gelange hier nicht zur Anwendung.
Die Beklagte, die mit dieser Entscheidung nicht einverstanden war, ging in Berufung. Sie berief sich darauf, dass das Fahrzeug des Klägers zu dienstlichen Zwecken eingesetzt worden war. Deshalb sei es gerechtfertigt, ihre Haftung auf einen Betrag in Höhe der üblichen Selbstbeteiligung zu beschränken. Das Landesarbeitsgericht Hamm entschied wie zuvor das Arbeitsgericht, dass die Klägerin den gesamten Schaden zu ersetzen habe.
Die Beklagte habe fahrlässig den Unfall verschuldet und sei dem Kläger nach § 823 Abs. 1 BGB zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Anhaltspunkte dafür, dass bei der Überlassung des Pkw an die Beklagte eine Haftungsbeschränkung vereinbart worden wäre, hätten sie einen möglichen Unfall bedacht, seien nicht vorhanden. Die Grundsätze der Haftungsprivilegierung im Arbeitsverhältnis fänden bei den Schadensersatzansprüchen des Klägers gegenüber der Beklagten keine Anwendung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lasse das Deliktsrecht für eine Berücksichtigung der Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs im Verhältnis zu einem außenstehenden Dritten keinen Raum.
Dem Arbeitnehmer stehe zum Ausgleich ein Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber zu. Zwar habe der Kläger der Beklagten die Anweisung erteilt, den Wagen zu fahren und damit die Gefahr des Unfallschadens erst herbeigeführt. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs zur Anwendung kommen müssten. Eine Mitverursachung ließe sich nur über § 254 BGB erfassen, wofür im Entscheidungsfall keine Gründe vorlägen. Der Kläger könne auch nicht darauf verwiesen werden, vorrangig den Arbeitgeber in Anspruch zu nehmen. Ein solcher Anspruch bestünde nur, wenn das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers eingesetzt worden wäre, was nur dann der Fall wäre, wenn der Arbeitgeber andernfalls ein eigenes Fahrzeug hätte zur Verfügung stellen und dessen Unfallgefahr hätte tragen müssen. Der Kläger sei aber nicht verpflichtet, zugunsten der Beklagten zunächst gegen seinen Arbeitgeber vorzugehen, da die Durchsetzbarkeit eines etwaigen Anspruchs des Klägers gegen seinen Arbeitgeber nicht auf der Hand liege.
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 21.09.2006, Az: 16 Sa 86/06
Vorinstanz Arbeitsgericht Münster, Urteil vom 13.12.2005 – 3 Ca 1316/05 –