BGH – Annahme einer bloßen Beihilfe zum BtM-Handel nur wenn Einlassung konkrete Anhaltspunkte enthält


Allein die Einlassung eines Angeklagten, er habe Drogen lediglich transportiert, führt auch nach geänderter Rechtsprechung des BGH nicht zu einer Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben. Für eine derartige Annahme muss die Einlassung mehr beinhalten, als die bloße Behauptung. Dem Tatgericht müssen zuverlässigen Anhaltspunkte für Auftrag und Person des Auftraggebers vorliegen, um den Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ anwenden zu können.

Dies musste ein Angeklagter erfahren, der sich mit seiner Revision gegen seine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln wendete. Er hatte sich im Strafverfahren dahingehend eingelassen, er habe die Drogen im Auftrag eines Dritten, dessen Name er nicht nennen wolle, lediglich transportiert. Der BGH verwarf die Revision mit Beschluss vom 25.04.2007, AktZ.: 1 StR 159/07, als unbegründet.

Leitsatz:
Behauptet der Transporteur von Betäubungsmitteln, sein Tatbeitrag habe sich darin erschöpft, die Betäubungsmittel im Auftrag eines Dritten zu transportieren, und individualisiert er seinen Auftraggeber nicht, so ist der Tatrichter nicht auf Grund des Zweifelssatzes gehalten, diese auf eine Beihilfe zum Handeltreiben abzielende Einlassung zugrunde zu legen, wenn keine zuverlässigen Anhaltspunkte für Auftrag und Person des Auftraggebers vorliegen.

Aus den Gründen:
Die Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens und nicht wegen Beihilfe ist – auch im Lichte neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Kuriertätigkeiten (vgl. zusammenfassend BGH NJW 2007, 1220) – ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hat erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet. Er war unmittelbar mit Eigen-initiative am Erwerb beteiligt; insbesondere konnte er, nachdem ihm in Holland eine Kontaktaufnahme zu dem Drogenhändler „P. “ nicht gelungen war, eigenverantwortlich entscheiden, das Heroin mit dem von seinem Auftraggeber zur Verfügung gestellten Geld bei einem „A. “ zu erwerben. Er hatte auch darüber hinaus ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts, weil ihm für die Betäubungsmittelbeschaffung eine erhebliche Entlohnung in Form eines Schuldenerlasses in Höhe von 1.000 € in Aussicht gestellt war und er von den zu erwerbenden 300 g Heroin 40 g für den Eigenkonsum behalten sollte.

Im Übrigen wäre das Landgericht nicht gehalten gewesen, die Einlassung des Angeklagten, er habe die Betäubungsmittel lediglich im Auftrag eines Drogenhändlers, dessen Name er nicht nennen wolle, von Holland nach Bayern transportiert, den Urteilsfeststellungen als unwiderlegbar zugrunde zu legen. Die Strafkammer hat für einen solchen Auftrag und für die Person des Auftraggebers keine konkreten Anhaltspunkte festgestellt. Bei einer solchen Sachlage muss der Tatrichter nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen (vgl. BGHSt 34, 29, 34; BGH NStZ 2002, 48).

Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte erbracht sind (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 8. November 2006 – 2 BvR 1378/06; BGH NStZ-RR 2003, 371 LS; NStZ 2004, 35, 36). Dies führt auch hinsichtlich des insoweit schweigenden Angeklagten nicht zu einer mit dem Schuldprinzip kollidierenden Beweislastumkehr, sondern ist notwendige Folge der Verpflichtung des Gerichts, gemäß § 261 StPO seine Überzeugung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu schöpfen (BVerfG aaO).

BGH, Beschluss vom 25.04.2007, AktZ.: 1 StR 159/07

Siehe auch die Entscheidung des BGH vom 14.06.2007, AktZ.: 3 StR 176/07, zu Zweifeln an der behaupteten Ersttäterschaft eines Drogenkuriers.

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