Nach einem Verkehrsunfall stritten der Geschädigte und die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung um einen Restbetrag. Während das Schadensgutachten, auf dessen Grundlage der Geschädigte Ersatz forderte, Stunden- und Verrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde lege, verwies die Versicherung den Geschädigten auf eine andere Reparaturfirma, die das Fahrzeug ebenfalls hätte sach- und fachgerecht hätte instandsetzen können, jedoch zu deutlich niedrigeren Sätzen.
Das Amtsgericht Münster hat die Klage abgewiesen und sich auf den Standpunkt gestellt, der Geschädigte wäre im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht gehalten, die ihm konkret genannte kostengünstigere Reparaturmöglichkeit in Anspruch zu nehmen. Das Landgericht Münster wies die zugelassene Berufung zurück, da das Fahrzeug des Geschädigten über 8 Jahre alt, nicht „scheckheftgepflegt“ war oder sonst regelmäßig durch eine markengebunden Fachwerkstatt gewartet worden ist und es dem Geschädigten daher zumutbar sei, eine andere Werkstatt aufzusuchen, zumal spezielle Fachkenntnisse einer markengebundenen Werkstatt bei Karosserie- und Lackierarbeiten nicht erforderlich sind. Zumindest solange der Geschädigte auf Gutachtenbasis abrechne, sei sein Schadensersatzanspruch auf die Kosten der günstigeren Werkstatt beschränkt.
Aus den Gründen:
(…) Ein weitergehender Anspruch des Klägers, der seinen Schaden fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abrechnet, ergibt sich vorliegend nicht. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 20.10.2009, VI ZR 53/09) kann der Geschädigte gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, wenn er trotz des Hinweises auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt Reparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt abrechnet. Dabei ist weiter Voraussetzung, dass in der freien Reparaturwerkstatt zumindest eine technische Gleichwertigkeit der Reparatur gewährleistet ist und die Auswahl dieser Fachwerkstatt für den Geschädigten nicht aus anderen Gründen unzumutbar ist. Dabei ist der Bundesgerichtshof bei Kraftfahrzeugen, die älter als 3 Jahre sind, davon ausgegangen, dass eine alternative Reparaturmöglichkeit außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt möglicherweise dann unzumutbar ist, wenn der Geschädigte das Fahrzeug vor dem Unfallereignis regelmäßig in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat reparieren lassen, das Fahrzeug scheckheftgepflegt ist oder sonst nach einem Unfall selbst diese markengebundene Fachwerkstatt seitens des Geschädigten aufgesucht worden ist.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht das Bestehen einer weiteren Schadensersatzforderung des Geschädigten –jedenfalls bei einer Abrechnung auf Gutachtenbasis- abgelehnt. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach dem erstinstanzlichen Vorbringen die Möglichkeit der sach- und fachgerechten Reparatur auch durch die Firma T GmbH in X., die als Fachbetrieb für Karosserie- und Lackierarbeiten zertifiziert ist, gegeben ist. Dieses wird von der Berufung auch nicht in Abrede gestellt. Die geringfügig höhere Entfernung zu dieser Werkstatt im Gegensatz zur Entfernung zur markengebundenen Werkstatt C wird dadurch aufgehoben, dass die Firma T GmbH einen kostenlosen Hol- und Bringdienst anbietet.
Das Aufsuchen dieser Werkstatt erscheint auch unter sonstigen Gesichtspunkten nicht unzumutbar. Zwar hat der Kläger vorgetragen und belegt, dass er bereits mehrfach mit seinem Fahrzeug die markengebundene Fachwerkstatt C aufgesucht hat, jedoch kann dabei nicht unberücksichtigt bleiben, dass lediglich die ersten Inspektionen in den Jahren 2001 und 2003 dort durchgeführt worden sind; in der Folgezeit hat der Kläger außer dem Einbau eines Eurofilters lediglich kleinere Untersuchungen dort vornehmen lassen.
Es kann also keine Rede davon sein, dass das Fahrzeug etwa scheckheftgepflegt wäre oder sonst regelmäßig durch eine markengebunden Fachwerkstatt gewartet worden ist. Vielmehr hat der Kläger selbst vorgetragen, sonstige Wartungsarbeiten selbst vorgenommen zu haben. Insoweit hätte er auch keine Möglichkeit, sein Fahrzeug etwa als „scheckheftgepflegt“ weiterzuverkaufen. Angesichts des Alters des Fahrzeuges von über 8 Jahren erscheint es auch aus diesem Grunde nicht unzumutbar, eine andere Werkstatt aufzusuchen, zumal nach dem von ihm vorgelegten Gutachten im Wesentlichen Karosseriearbeiten und Lackierarbeiten durchzuführen sind. Dass insoweit die ganz speziellen Fachkenntnisse einer markengebundenen Werkstatt erforderlich sind, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Damit ergibt sich, dass es dem Geschädigten nicht unzumutbar ist, sein Fahrzeug in einer kostengünstigere Werkstatt reparieren zu lassen, so dass – zumindest solange er auf Gutachtenbasis abrechnet- sein Schadensersatzanspruch auf deren Kosten beschränkt ist. Die Berufung konnte mithin keinen Erfolg haben. (…)
LG Münster, Urteil vom 17.12.2009, Az: 08 S 165/09
Vorinstanz: AG Münster, Urteil vom 18.08.2009, Az: 7 C 5648/08