Der Beschwerdeführer, der ein Fahrzeug unter Einfluss von Cannabis geführt hatte, ignorierte die Anordnung der Verwaltungsbehörde ein medizinisch-psychologischen Gutachten vorzulegen und wandte sich gegen die daraufhin angeordnete sofortige Vollziehung der Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Er war der Auffassung, angesichts der nur geringen Konzentration von 0,6 ng/ml THC im Blut sei dies nicht rechtmäßig.
Das Verwaltungsgericht Berlin fand das nicht, auch seine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bleib erfolglos. Denn der Beschwerdeführer hatte drei Jahre zuvor bereits einmal ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss gefahren und anlässlich der jetzt erfolgten Verkehrskontrolle gegenüber der Polizei gelegentlichen Konsum von Cannabis eingeräumt.
Aus den Gründen:
(…) Die Entscheidung stützt sich im Wesentlichen darauf, dass vorliegend bei offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung überwiege, obwohl die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, dessen Nichtvorlage der Antragsgegner gemäß § 3 Abs. 1 StVG, § 11 Abs. 8 Fahrerlaubnisverordnung – FeV zum Anlass nahm, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu entziehen, angesichts der bei der Verkehrskontrolle am 14. Dezember 2007 festgestellten nur geringen THC-Konzentration von 0,6 ng/ml THC zumindest zweifelhaft sei. Denn der Antragsteller habe bereits im Jahr 2004 unter Cannabiseinfluss (2,3 ng/ml THC, 18,5 ng/ml THC-COOH) ein Kraftfahrzeug geführt, was zumindest zum damaligen Zeitpunkt auf mangelndes Trennungsvermögen hingedeutet habe.
Des Weiteren habe er anlässlich der Kontrolle am 14. Dezember 2007 gegenüber den Polizeibeamten einen zumindest gelegentlichen Cannabiskonsum eingeräumt. Der Umstand, dass der Antragsteller das – im Hinblick auf den Vergleichsvorschlag des Antragsgegners vom 21. Januar 2009 – von ihm eingeholte Gutachten über ein Drogenscreening (Haaranalyse) nicht vorgelegt habe, sei nicht geeignet, vorhandene Bedenken zu entkräften.
Der Antragsteller macht geltend, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung angesichts der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entziehungsverfügung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hätte wiederherstellen müssen. Eine eigene Abwägung des Gerichts dürfe nur stattfinden, wenn nach summarischer Prüfung der Rechtsbehelf erfolglos oder der Ausgang des Verfahrens offen bleibe. So liege der Fall hier jedoch nicht. Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei angesichts der geringen Menge des nachgewiesenen THC unverhältnismäßig gewesen. Es hätte zunächst ein Drogenscreening eingeholt werden müssen. Der Cannabiskonsum des Antragstellers im Juli 2003 (richtig 2004) liege zu lange zurück und könne deshalb nicht mehr berücksichtigt werden.
Dieses Beschwerdevorbringen greift nicht durch. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs ausgegangen und hat dem Vollziehungsinteresse in nicht zu beanstandender Weise Vorrang eingeräumt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung ist der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung, also des Widerspruchsbescheides. Dabei besteht, gerade im Hinblick auf den im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingereichten Befundbericht über das von dem Antragsgegner geforderte Drogenscreening des Instituts für Toxikologie vom 7. August 2009, woraus sich ergibt, dass der Antragsteller weiterhin nach dem 14. Dezember 2007 Cannabis konsumiert (hat), durchaus die Möglichkeit, dass sich die Entziehungsverfügung im Widerspruchsverfahren im Ergebnis als rechtmäßig erweist.
Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass die Anordnung des Gutachtens allein im Hinblick auf den anlässlich der Verkehrskontrolle am 14. Dezember 2007 gemessenen geringen THC-Wert nicht hätte erfolgen dürfen. Der Antragsgegner hat bei dieser Entscheidung jedoch nicht allein diesen Aspekt zugrunde gelegt, sondern auch berücksichtigt, dass der Antragsteller bereits am 22. Juli 2004 als Führer eines Kraftfahrzeugs unter Cannabiseinfluss aufgefallen ist und am 14. Dezember 2007 angegeben hat, „des öfteren einen Joint zu rauchen“.
Entgegen dem Einwand des Antragstellers kann auch ein mehrere Jahre zurückliegender Vorfall mit Betäubungsmitteln im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs bei weiteren einschlägigen Vorkommnissen durchaus berücksichtigt werden (Senatsbeschluss vom 16. Juni 2009 – OVG 1 S 17.09 -, juris, Rn. 5). Die Einlassung des Antragstellers am 14. Dezember 2007 deutet darüber hinaus darauf hin, dass er zumindest gelegentlicher Cannabiskonsument ist, was durch den Befundbericht des Instituts für Toxikologie vom 7. August 2009 gestützt wird. Der Antragsgegner wird somit im Widerspruchsverfahren zu klären haben, inwieweit sich dieser Konsum auf die Kraftfahreignung des Antragstellers auswirkt. (…)
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2009, Az: 1 S 82.09