Eine Arbeitnehmerin war für sechs Monate befristet als Softwareentwicklerin tätig. Der Arbeitsvertrag sah die Möglichkeit einer Kündigung vor. Als die Arbeitnehmerin anstelle eine ihr zugewiesene Aufgabe zu erledigen, lieber darüber mit dem Vorstand diskutieren wollte, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis am 08.03.2007 fristgemäß zum 22.03.2007.
Die Arbeitnehmerin klagte vor dem Hamburger Arbeitsgericht u.a. mit der Begründung, die Kündigung verstoße gegen die guten Sitten, da ein Kündigungsgrund nicht bestehe. Sie habe ihre Arbeit stets ordentlich erledigt. Im Arbeitsvertrag sei auch nicht geregelt, dass man ihr ohne Grund kündigen dürfe. Zudem sei wichtig, dass die Kündigung am 08.03.2007 ausgesprochen wurde. Da der 08.03.2007 der internationale Frauentag ist, sei sie wegen ihres Geschlechts diskriminiert worden. Die Arbeitnehmerin verlangte einen unbefristeten Arbeitsvertrag.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Kündigung vom 8.3.2007 war nach Auffassung des Hamburger Arbeitsgerichts rechtswirksam. Auch in dem Umstand, dass die Kündigung am Weltfrauentag ausgesprochen wurde, liege keine geschlechtspezifische Diskriminierung. Der Arbeitgeber sei auch nicht verpflichtet, mit der Arbeitnehmerin einen Vertrag über ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu vereinbaren.
Aus den Gründen:
(…) Die Kündigung ist nicht sozialwidrig im Sinne von § 1 KSchG, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien zu der Zeit des Ausspruchs der Kündigung noch keine sechs Monate bestand (§ 1 Abs. 1 KSchG). Die Beklagte war daher frei, zu kündigen. (…) Eine Kündigung kann gegen § 242 BGB verstoßen, wenn sie Treu und Glauben verletzt. Der Grundsatz von Treu und Glauben bildet allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen eine immanente Inhaltsbegrenzung (BAG 23.6.1994 AP § 242 BGB Kündigung Nr. 9). (…)
Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG 27.1.1998 BVerfGE 97, 169 = AP Nr. 17 zu § 23 KSchG 1969) gewährleisten die zivilrechtlichen Generalklauseln den durch Art. 12 Abs. 1 GG gebotenen Mindestschutz der Arbeitnehmer, soweit die Bestimmungen des KSchG nicht greifen. Arbeitnehmer sollen vor willkürlichen und auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen geschützt sein. Soweit der Gesetzgeber es unterlassen hat, durch zwingende Bestimmungen einen Mindestschutz zu regeln, ist es im Einzelfall Aufgabe des Richters, den objektiven Grundentscheidungen der Grundrechte mit den Mitteln des Privatrechts, insbesondere den zivilrechtlichen Generalklauseln, Rechnung zu tragen. Dieser von der Verfassung geforderte „Kündigungsschutz zweiter Klasse“ wird in erster Linie an § 242 BGB festgemacht. Der Mindestkündigungsschutz soll auf der einen Seite nicht so weit reichen, dass er den kündigungsschutzrechtlichen Grundsätzen des KSchG auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Gesetzes zur Geltung verhilft, andererseits aber einen effektiven und spürbaren Schutz gewährleisten, damit etwa die Herausnahme des Kleinbetriebs aus dem Anwendungsbereich des KSchG verfassungsgemäß bleibt. Das ist nach der Entscheidung des BVerfG vom 27.1.1998 nur dann der Fall, wenn Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen geschützt werden. Dazu gehört, durch langjährige Mitarbeit verdientes Vertrauen vor Ausspruch einer Kündigung zu berücksichtigen. Die Auswahlentscheidung im Kleinbetrieb zum Beispiel verlangt ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme, sie muss vernünftigen, sachlichen, billiges Ermessen wahrenden Gesichtspunkten folgen (…).
(…) Beruft sich (…) der Arbeitnehmer auf sonstige Nichtigkeitsgründe im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG, so bleibt es grundsätzlich bei der allgemeinen Darlegungs- und Beweislast, dass derjenige, der eine günstige Rechtsfolge für sich in Anspruch nimmt, die Tatsachen, die diese Rechtsfolge voraussetzt, behaupten und notfalls beweisen muss (…). Bei einem typischen Geschehensablauf steht dem Arbeitnehmer der Anscheinsbeweis zu (…), den der Arbeitgeber durch einen vereinfachten Gegenbeweis erschüttern kann. (…)
Es obliegt zunächst dem Arbeitnehmer, die Tatsachen schlüssig vorzutragen, aus denen sich Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Gebote des Mindestkündigungsschutzes ergeben bzw. Auskunft über die Gründe der Auswahlentscheidung zu verlangen. Der Arbeitgeber hat hierauf substantiiert zu erwidern und seine Gründe für die ausgesprochene Kündigung bzw. die getroffene Auswahlentscheidung vorzutragen. Einfaches Bestreiten des Arbeitnehmervortrags reicht nicht. Der Arbeitgeber muss seine Gründe offen legen und plausibel machen. Sind die durch den Arbeitgeber vorgetragenen Gründe plausibel, so bedürfen sie keines Beweises. Der Beweis des Gegenteils ist möglich, obliegt jedoch wiederum dem Arbeitnehmer.
Im vorliegenden Fall erweist sich die Kündigung der Beklagten in Anwendung dieser Grundsätze nicht als willkürlich. Die Beklagte hat offen gelegt, was für sie ausschlaggebend war und warum sie kündigte. Sie hat gekündigt, weil sie eine auf Dauer harmonische Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht erwartete. Damit hat die die Beklagte aus einem arbeitsvertragsbezogenen Grund gekündigt. Diese Begründung erscheint auch keineswegs etwa lediglich vorgeschoben. Sie ist vielmehr plausibel und nachvollziehbar. Denn aus der Sicht der Beklagten wirkte die Klägerin misstrauisch und wenig bereit, den eigenen Standpunkt selbstkritisch zu relativieren. Es ist nicht zu beanstanden, dass ein Arbeitgeber die Probezeit dazu nutzt, sich angesichts dessen von einem Arbeitnehmer zu trennen. (…) Die Kündigung der Beklagten ist schließlich auch nicht unwirksam, weil es sich um eine gesetzlich verbotene Maßregelung handeln würde (§ 612 a BGB). Die Klägerin war selbstverständlich berechtigt, sich an Kollegen und auch an den Vorstandsvorsitzenden zu wenden. Die Beklagte hat die Kündigung nicht ausgesprochen, weil die Klägerin sich bei dem Vorstandsvorsitzenden beschwert hat. Die Beklagte hat sich vielmehr deshalb zur Kündigung entschlossen, weil sie zu der Ansicht gelangt ist, dass die Klägerin in einer Art und Weise menschlich schwierig ist, die der Arbeit abträglich ist.
Die Kündigung der Beklagten ist auch nicht ausgesprochen worden wegen des Geschlechts der Klägerin. Die Beklagte hat der Klägerin die Aufgabe (…) nicht erteilt, weil sie eine Frau ist, sondern weil die Probezeit der Klägerin ungefähr zur Hälfte abgelaufen war und die Beklagte sich noch nicht ein endgültiges Bild von der Klägerin gemacht hatte. Es ist legitim und sachgerecht, in einer solchen Situation einen Arbeitnehmer zu testen. Dies verkennt die Klägerin. Dass die Klägerin der Beklagten das Recht absprechen möchte, sie in diesem Sinne fachlich zu beurteilen, zeigt eine grundlegende Unkenntnis der Klägerin hinsichtlich ihrer rechtlichen Stellung als Arbeitnehmerin. Ein Arbeitgeber darf sich ein Bild von der Leistungsfähigkeit seiner Arbeitnehmer machen. Es ist absolut naheliegend, dass dies vor Ablauf der Probezeit geschieht. Wenn die Klägerin sich dem nicht aussetzen will, muss sie sich selbstständig machen. (…)
Auch in dem Umstand, dass die Kündigung am Weltfrauentag ausgesprochen wurde, liegt keine geschlechtspezifische Diskriminierung. Die Beklagte hat die Kündigung nicht gerade gezielt an diesem Tag ausgesprochen. Der 08.03.2007 ergab sich vielmehr, weil die Klägerin die ihr gestellte Aufgabe als unfair, ungerecht und unkorrekt in ihren E-Mails an den Vorstandsvorsitzenden bezeichnete und damit signalisierte, schwierig im Umgang zu sein. Zusammengefasst bestehen vorliegend nicht einmal Indizien im Sinne von § 22 AGG (…) dafür, dass eine Benachteiligung bestehen könnte. Wäre die Klägerin männlich, wäre der Konflikt zwischen den Parteien identisch verlaufen. (…)
ArbG Hamburg Urteil vom 28.8.2007, 21 Ca 125/07