Amtsgericht Torgau: Vor 09.00 Uhr dürfen wir nicht telefonieren


Unser Torgauer Kooperationspartner, der Kollege Dr. Pagels, übermittelte uns folgende schöne Geschichte zu seinem Heimatamtsgericht:

Bis spät am Abend habe ich an einer einstweiligen Verfügung gesessen, die ich dann gegen 22.00 Uhr noch persönlich in den Gerichtsbriefkasten eingeworfen hatte. Heute um 08.05 Uhr habe ich unter der (allgemein veröffentlichten) zentralen Telefonnummer des Gerichts angerufen wollen, um die Wache darauf hinzuweisen, dass der Antrag im Gerichtsbriefkasten schlummert, damit er schleunigst herausgenommen und dem Richter vorgelegt wird. Dort erreiche ich nur eine Bandansage, die mir mitteilt, dass die Geschäftszeit erst um 09.00 Uhr beginnt. Glücklicherweise geht meine Fachangestellte um 08.30 Uhr zu unserem Gerichtsfach und kann die Wachtmeister direkt fragen. Die Wachtmeister sind natürlich schon lange da. Der e.-V.-Antrag ist auch schon längst vorgelegt. Gut. Es entspann sich folgender Dialog:

Fachangestellte: „Mein Chef versucht, Sie seit um acht zu erreichen, er kriegt nur einen Anrufbeantworter.“

Wachtmeisterin: „Wir sind immer ab sieben da. Die offizielle Geschäftszeit beginnt aber erst um 09.00 Uhr. Deshalb ist unsere Telefonanlage so gesteuert, dass eingehende Anrufe erst ab 09.00 Uhr hier auflaufen; Anrufe vor neun Uhr kriegen wir gar nicht mit, die werden von der Anlage gleich auf Sprachansage umgeleitet. Das haben wir hier auf der Wache nicht zu verantworten.“

An diesem Gericht gibt es nun mehrere Richter, die sehr gern auch um 08.30 oder 08.00 Uhr terminieren, ein Richter sogar gelegentlich um 07.30 Uhr. Es ist mein örtliches Amtsgericht und ich stehe auch gern früh auf,  mich stört das nicht. Außerdem kenne ich auch wichtigsten (nirgendwo veröffentlichten) Durchwahlnummern, womit ich „meinen Richter“ oder „meine Geschäftsstelle“ auch außerhalb der sog. Geschäftszeiten erreichen kann.

Ich frage mich allerdings, was der auswärtige Rechtsanwalt oder der auswärtige Angeklagte machen, die eine Autopanne haben, im Stau stehen oder den Zuganschluss verpasst haben. Sie können nicht anrufen und ihre Verspätung mitteilen, weil das Gericht vor 09.00 h nicht mit Telefonaten behelligt werden soll. Dann bekommt man eben ein Versäumnisurteil übergebrummt, der verspätete Angeklagte in Strafsachen einen Sitzungshaftbefehl, und so fort. Hauptsache, das Gericht wird vor 09.00 h nicht mit Anrufen belästigt. Ob das alles so richtig ist….

Gelegentlich fragen wir uns hier in Berlin, wie es sein kann, dass ein Landgericht nur über eine einzige Faxnummer verfügt und gerade in den frühen bis späteren Abendstunden es oftmals mehrerer Versuche bedarf, um fristwahrende Schriftsätze durch die Faxleitung zu prügeln. Von Versuchen, Gerichte außerhalb der Servicezeiten zu erreichen, mal ganz zu schweigen.

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