OLG Hamm – Zustimmung des Angeklagten zur Einstellung kann im Nachhinein nicht widerrufen oder angefochten werden


Der Angeklagte wurde wegen Nachstellung vom Amtsgericht Bochum zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Auf die Berufung stellte das Landgericht Bochum mit Zustimmung des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen geringer Schuld nach § 153 Abs. 2 StPO ein, die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten wurden der Landeskasse auferlegt.

Das war dem Angeklagten offensichtlich nicht genug, er wollte freigesprochen werden und focht den Einstellungsbeschluss an. Das Oberlandesgerichts Hamm verwarf diese Beschwerde als unbegründet.

Aus den Gründen:

(…) Die Zustimmung zur Einstellung gem. § 153 Abs. 2 StPO durch den Angeklagten ist als Prozesshandlung grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar. Eine Anfechtung der Prozesshandlung wegen Irrtums in der Erklärung oder im Beweggrund ist unzulässig (zu vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., Einl., Rdnr 103 m.w.N.).

Ausnahmsweise ist jedoch eine Prozesserklärung unwirksam, wenn sie das Gericht mit unlauteren Mitteln, insbesondere durch bewusste Täuschung herbeigeführt hat (zu vgl. Meyer-Goßner, a.a.o., Einl., Rdnr. 110). Ein solcher Ausnahmefall ist hier jedoch nicht gegeben. Der ehemalige Angeklagte trägt keinen Sachverhalt vor, der eine Herbeiführung seiner Zustimmung durch das Gericht durch unlautere Methoden enthielte. Er berichtet lediglich, dass sein Verteidiger ihm in der Hauptverhandlung am 17.04.2009 vor dem Landgericht Bochum geraten habe, der Einstellung des Verfahrens gem. § 153 Abs. 2 StPO auf Kosten der Staatskasse zuzustimmen, da dieses einem Freispruch vergleichbar sei und ansonsten eine Verurteilung in Betracht komme, wenn das Verfahren nicht eingestellt werde.

Aufgrund dieser Information habe er der Einstellung zugestimmt, obwohl er bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen sei, freigesprochen zu werden. Am 23.04.2009 habe ihm sein Verteidiger berichtet, dass in der „Verfahrensabsprache“ vom 17.04.2009 aufgrund der materiellen Rechtslage klar gewesen sei, dass nur ein Freispruch oder bei Zustimmung eine Einstellung in Betracht komme.

Ein unlauteres Einwirken des Gerichts auf die Willensbildung des ehemaligen Angeklagten ist danach nicht erkennbar. Eine aus Sicht des ehemaligen Angeklagten ggf. fehlerhafte Beratung durch seinen Verteidiger führt jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit seiner Prozesserklärung. (…)

OLG Hamm, Beschluss vom 06.10.2009, Az: 2 Ws 257/09

Angesichts der Verurteilung durch das Amtsgericht zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe, war der Ratschlag des Verteidigers, hier einer Verfahrenseinstellung zuzustimmen, noch dazu ohne Geldauflage und ohne Verfahrenskosten sowie Anwaltskosten tragen zu müssen, sicher nicht der schlechteste. Dem Angeklagten hier ging es aber sicher ums „Prinzip“, schließlich hätte er ja freigesprochen werden müssen.

Anders sieht es übrigens aus, wenn einer Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage nach § 153a Abs. 2 StPO erst zugestimmt, die Auflage dann aber nicht oder nicht vollständig erfüllt wird. Das Verfahren wird dann nach Ablauf der gesetzten Frist des § 153a Abs. 1 StPO fortgeführt. Bereits gezahlte Leistungen werden nicht erstattet und mit Milde kann man dann auch nicht mehr rechnen.

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