OLG Karlsruhe – Eine Spinne in der Tiefgarage ist kein Grund hysterisch zu werden


Die Klägerin wollte zusammen mit ihrem Ehemann Auto aus der Tiefgarage ihrer Wohnanlage wegfahren. Ihr fürsorglicher Ehemann wies sie auf eine sich in ihrer Kopfhöhe an einem Faden herablassende fette schwarze Spinne hin, worauf die Klägerin reflexartig einen Schritt zurück trat und dabei das Gleichgewicht verlor. Bei dem Sturz erlitt sie Prellungen und einen komplizierten Bruch am rechten Handgelenk. Von dem für die Reinigung zuständigen Hausmeisterservice verlangte die Klägerin nun Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 6.000 Euro und Schadensersatz. Nach dem Hausmeistervertrag war der beklagte Hausmeisterservice verpflichtet, die offene Tiefgarage einmal im Monat zu reinigen und dabei Spinnweben zu entfernen.

Das Landgericht Mannheim hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin zum Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg, da das Landgericht zutreffend die Ursächlichkeit der behaupteten Pflichtverletzung für den behaupteten Schaden verneint hat. Die Klägerin hat weder ausreichend vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass die behauptete Pflichtverletzung, nämlich die schlechte oder unterlassene Säuberung der Tiefgarage, für ihren Sturz ursächlich war. Eine solche Ursächlichkeit könnte aber nur dann angenommen werden, wenn die Erfüllung der Verpflichtung des Beklagten, die Spinnweben in der Tiefgarage zu entfernen, sichergestellt hätte, dass am Tag der geplanten Fahrt keine Spinne im Gesichtsfeld der Klägerin in einer Weise auftauchen würde, die zu einem reflexartigen Zurückweichen führen konnte. Davon kann aber nicht ausgegangen werden. Der Beklagte war nicht verpflichtet, die Reinigung genau an diesem Morgen durchzuführen, das allein hätte aber eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür begründet, dass zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin an das Auto trat, keine Spinne vorhanden gewesen wäre.

Mangels näherer Fixierung des Zeitpunkts der Reinigung konnte der Beklagte die Entfernung von Spinnweben an einem beliebigen Tag im Mai 2008 vornehmen, sodass ungewiss ist, ob eine Reinigung – an welchem Tag auch immer – dazu geführt hätte, dass am Tag der Fahrt keine Spinne dagewesen wäre. Auch durch eine regelmäßige Reinigung der Tiefgarage hätte nicht sichergestellt werden können, dass am Tag des Unfalls keine Spinne mehr vorhanden ist, denn selbst bei ordnungsgemäßer Beseitigung der Spinnweben kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch die an einer Seite der Garage befindlichen Fensteröffnungen Spinnen eindringen und Netze an der Decke, den Stützpfeilern und den Wänden bauen. Das Unterlassen der Reinigung mag die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhen, dass sich mehr Spinnen in der Tiefgarage ansiedeln. Das genügt aber nicht für den zur vollen Überzeugung des Gerichts zu führenden Beweis, dass es zum Sturz der Klägerin bei ordnungsgemäßer monatlicher Reinigung nicht gekommen wäre, weil gerade die sich an der konkreten Stelle auf Kopfhöhe herablassende Spinne dort nicht gewesen, sie deshalb nicht erschrocken und beim Zurückweichen nicht gestolpert wäre.

Der Klägerin kommt auch kein Anscheinsbeweis zugute. Zwar wird im Rahmen der Verkehrssicherungspflichtverletzung ein Anscheinsbeweis dann angenommen, wenn ein verkehrssicherungswidriger Zustand bewiesen ist und sich das Schadensereignis als typische Folge der Pflichtverletzung darstellt, die durch die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflicht gerade verhindert werden soll, z.B. bei einem Sturz auf extrem glatter Treppenstufe. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Denn die ordnungsgemäße Einhaltung der Pflicht zur monatlichen Reinigung auch von Spinnweben konnte nicht sicherstellen, dass sich in der Garage keine Spinnen ansiedeln. Darüber hinaus ist die Beseitigung von Spinnenweben auch nicht zuvorderst darauf gerichtet, Stürze zu vermeiden. Hier hat sich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, für das der Beklagte nicht einzustehen hat.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.06.2009, Az: 7 U 58/09

Quelle: Pressemitteilung vom 21.07.2009

, , ,