LAG Mainz – ein Arbeitnehmer, der seine Erkrankung nur vortäuscht, muss Detektivkosten zahlen


Ein Arbeitnehmer hatte während seiner Krankschreibung seiner Ehefrau, die als Aushilfe für den Erkrankten eingestellt worden war, beim Zeitungsaustragen für den Arbeitgeber geholfen. Das hatte eine Überwachung durch eine Detektei ergeben. Nach seinem Rauswurf klagte der Arbeitnehmer auf noch ausstehenden Lohn. Der Arbeitgeber rechnete teilweise mit den Detektivkosten auf und erhob darüber hinaus Widerklage.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen verurteilte den Arbeitgeber, an den Arbeitnehmer noch Entgelt zu zahlen; gleichzeitig wurde der Arbeitnehmer aber verurteilt, an den Arbeitgeber die Detektivkosten zu zahlen. Dem Arbeitgeber stehe ein Schadenersatzanspruch zu, da der Arbeitnehmer die Beauftragung eines Detektivbüros verursacht und einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt worden sei. Die vom Arbeitnehmer mit seiner Berufung geltend gemachten Einwendungen griffen beim LAG Mainz nicht durch, er blieb zur Zahlung der Detektivkosten verpflichtet.

Aus den Gründen:

Der Kläger hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten dadurch vorsätzlich verletzt, dass er eine Arbeitsunfähigkeit (…) vorgetäuscht hat. Er war arbeitsvertraglich verpflichtet, für die Beklagte Post und Zeitungen auszutragen, (…). Für die Zeit ab dem 16.04.2007 hatte er der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt und die Beklagte veranlasst, die Ehefrau des Klägers als Vertreterin mit der Austragetätigkeit zu beschäftigen. In der Nacht des 18.04.2007 wie auch in jener des 19.04.2007 hat der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau, trotz attestierter Arbeitsunfähigkeit, Zeitungen und Post während jeweils ca. zwei Stunden ausgetragen und wurde hierbei von den Detektiven, welche die Beklagte eingeschaltet hatte, beobachtet.

Wenn er nunmehr geltend macht, ihm sei aus medizinischer Sicht lediglich verwehrt gewesen, eine vollschichtige Arbeitstätigkeit während der Arbeitsunfähigkeitszeit auszuüben und zwei Arbeitsstunden täglich seien ihm möglich gewesen, trägt er hierfür die Darlegungs- und Beweislast, zumal er einen Ausnahmefall geltend macht. In der Regel wird nämlich mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung attestiert, dass ein Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitstätigkeit aus Krankheitsgründen generell nicht ausführen kann. Dieser ihn treffenden Darlegungslast ist der Kläger nicht gerecht geworden, (…).

(…) Wenn der Kläger des Weiteren geltend macht, neben der Quantität der von ihm verrichteten Tätigkeit während der Arbeitsunfähigkeit sei auch die Qualität nicht mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit zu vergleichen gewesen, ist dies nicht nachvollziehbar. Nach dem von der Beklagten (…) vorgelegten Zwischenbericht der Detektei X. vom 20.04.2007 (…), holte der Kläger, ebenso wie seine Ehefrau, mehrere Stapel Zeitungen aus dem Fahrzeug und verteilte diese in den umliegenden Häusern. Dies ist genau jene Tätigkeit, welche er auch arbeitsvertraglich auszuführen hatte. Der in der Berufungsbegründung behauptete Qualitätsunterschied ist daher nicht feststellbar.

Zu Unrecht rügt der Kläger mit seiner Berufung auch die Höhe des zuerkannten Schadenersatzes. Der erstattungsfähige Schaden belief sich zum Zeitpunkt der mündlichen Berufungsverhandlung auf 2.309,18 EUR (2.566,13 EUR abzüglich aufgerechneter 257,05 EUR), von denen die Beklagte 1.570,29 EUR tatsächlich geltend gemacht hat. Soweit der Kläger mit seiner Berufung die Erforderlichkeit des Detektiveinsatzes am zweiten Tag, also am 19.04.2007 bestreitet, bleibt dies ohne Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes müssen die in Rechnung gestellten Detektivkosten zu den Aufwendungen gehören, die eine vernünftige, wirtschaftlich denkende Person nach den Umständen des Falles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich ergriffen hätte (vgl. BAG, Urteil vom 17.09.1998 – 8 AZR 5/97 = AP Nr. 133 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Im vorliegenden Fall hätte sich eine vernünftige, wirtschaftlich denkende Person, die an Stelle der Beklagten gestanden hätte, ebenfalls nicht darauf beschränkt, das Detektivbüro lediglich für den 18.04.2007 zu beauftragen und sich mit der Feststellung einer vertragswidrigen Tätigkeit des Klägers an diesem Tag von ca. zwei Stunden begnügt.

Allein der Umstand, dass der Kläger in seiner Berufungsbegründung u. a. auch geltend gemacht hat, er habe die fragliche Tätigkeit lediglich über einen kurzen Zeitraum ausgeübt, zeigt, dass ein für die Beklagte handelnder objektiver, vernünftiger Dritter mit der prozessualen Einwendung des Klägers rechnen musste, er habe nur ausnahmsweise und einmalig sowie für kurze Zeit seiner Ehefrau ausgeholfen. Die Pflichtverletzung des Klägers erhielt insbesondere auch dadurch ein besonderes Gewicht, dass er während des attestierten Arbeitsunfähigkeitszeitraumes mehrfach eine Tätigkeit verrichtet hat, die der geschuldeten Arbeitstätigkeit entsprach. Es war daher der Beklagten nicht zumutbar, sich auf die bloße Feststellung einer einmaligen Pflichtverletzung zur Vorbereitung einer Kündigung zu beschränken. (…)

LAG Mainz, Urt. v. 20.08.2008, Az: 7 Sa 197/08 (Volltext Justiz Rheinland-Pfalz)
Vorinstanz: ArbG Ludwigshafen. Urt. v- 27.02.2008, Az: 2 Ca 1204/07

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