Das durch § 7 des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz vom 5. Oktober 2007 angeordnete Rauchverbot in Gaststätten wird bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden insoweit einstweilen ausgesetzt, als es sich auch auf ausschließlich inhabergeführte Ein-Raum-Gaststätten ohne Beschäftigte erstreckt. Diese Gaststätten müssen am Eingangsbereich deutlich sichtbar auf eine Raucherlaubnis hinweisen. Die übrigen Vorschriften des Gesetzes können am 15. Februar 2008 in Kraft treten.
Nach dem Nichtraucherschutzgesetz sind Gaststätten grundsätzlich rauchfrei. Ausnahmsweise können Betreiber einer Gaststätte in abgetrennten und entsprechend gekennzeichneten Räumen das Rauchen erlauben. Gegen das Nichtraucherschutzgesetz haben fünf Betreiber von Ein-Raum-Gaststätten, deren bauliche Anordnung nach ihren Angaben die räumliche Abtrennung eines separaten Raucherbereichs ausschließt, Verfassungsbeschwerden eingelegt. Sie rügen eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und ihres Eigentumsrechts: Mindestens 80 % ihrer Stammkundschaft seien Raucher. Infolge der gesetzlichen Neuregelung müssten sie mit gravierenden Umsatzrückgängen rechnen, die sie in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedrohten. Ein weiterer Beschwerdeführer, der keine Gaststätte betreibt, fühlt sich als Raucher durch das Rauchverbot in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzt. Sämtliche Beschwerdeführer haben Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit der das Inkrafttreten des Gesetzes zum 15. Februar 2008 vorläufig ausgesetzt werden soll. Die Anträge der Gaststättenbetreiber hatten Erfolg. Der Antrag des Rauchers wurde abgelehnt.
Die Betreiber von Ein-Raum-Gaststätten verfügten aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht über die Möglichkeit, einen von dem rauchfreien Gastraum abgetrennten Raucherbereich einzurichten. Zugleich sei es ihnen verwehrt, sich – unter entsprechend deutlich sichtbarem Hinweis an etwaige Nichtraucher – für ein Gestatten des Rauchens zu entscheiden. Deshalb beeinträchtige das Rauchverbot sie tendenziell stärker als die Besitzer von Gaststätten, in denen aufgrund ihrer Größe Raucherräume eingerichtet werden könnten. Ob diese wirtschaftlich voraussichtlich gravierende Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei, werde erst später in den Hauptsacheverfahren über die Verfassungsbeschwerden geklärt. Bei der jetzt zu treffenden Entscheidung seien deshalb unabhängig von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache die Nachteile für die Beschwerdeführer durch das Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes am 15. Februar 2008 gegen die Folgen abzuwägen, die durch die vorläufige Aussetzung der die Ein-Raum-Gaststätten betreffenden gesetzlichen Regelungen eintreten würden. Diese Folgenabwägung falle zugunsten der Betreiber kleiner Ein-Raum-Gaststätten ohne Beschäftigte aus.
Demgegenüber seien die Nachteile, die mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden seien, weniger gewichtig. Zwar verfolge der Gesetzgeber mit der Einführung der Rauchfreiheit in Gaststätten das verfassungsrechtlich legitime Ziel, insbesondere Familien mit Kindern, Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen und Jugendlichen den Besuch von Gaststätten zu ermöglichen, ohne sie einer Passivrauchbelastung auszusetzen. Gleichzeitig bezwecke er, die gesundheitliche Gefährdung der Beschäftigten in Gaststätten zu verringern. Für den angesprochenen Personenkreis seien jedoch die Folgen der kurzfristig zunächst fortbestehenden Möglichkeit, in Ein-Raum-Gaststätten zu rauchen, begrenzt. Dies gelte gerade für inhabergeführte Gaststätten, die keine weiteren Personen beschäftigten. Denn Familien mit Kindern und Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen gehörten nicht typischerweise zum Gästekreis solcher kleinen Ein-Raum-Gaststätten mit erfahrungsgemäß hohem Raucheranteil.
Das vorübergehende Festhalten an der bisherigen Rechtslage für Ein-Raum-Gaststätten begründe daher noch keine Nachteile, die möglicherweise existenzgefährdende Konsequenzen für die betroffenen Gastwirte aufwiegen würden. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass die inhabergeführten Ein-Raum-Gaststätten, in denen bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden das Rauchen zugelassen werden könne, an ihrem Eingang deutlich sichtbar als nicht rauchfreie Gaststätten gekennzeichnet würden. Nichtraucher könnten so vorab eine selbständige und bewusste Entscheidung treffen, ob sie eine solche Gaststätte aufsuchen wollten.
Der Antrag des Rauchers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei abzulehnen, weil das vorgesehene Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes für ihn keine besonders schweren, praktisch nicht wieder gut zu machenden persönlichen Nachteile begründe. Bis zur Entscheidung über seine Verfassungsbeschwerde habe er angesichts der verbleibenden Möglichkeiten zu rauchen lediglich eine Beeinträchtigung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit in einem Grenzbereich hinzunehmen.
Der Verfassungsgerichtshof weist in seinem Beschluss ausdrücklich darauf hin, dass mit der Entscheidung über die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Aussage über die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerden verbunden ist.
Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.02.2008, AZ: VGH A 32/07 u. a.
Quelle: Pressemitteilung der Justiz Rheinland-Pfalz Nr. 3/2008 vom 12.02.2008
Entscheidung im Volltext und Leitsatz unter der Adresse www.verfgh.justiz.rlp.de (DOC-Dokumente):
VERFASSUNGSGERICHTSHOF RHEINLAND-PFALZ
BESCHLUSS
IM NAMEN DES VOLKES
In den Verfahren
betreffend die Verfassungsbeschwerden
1. des Herrn T.,
– VGH A 32/07 -,
2. des Herrn K.
– VGH A 1/08 -,
3. der Frau N.,
– VGH A 4/08 -,
4. der Frau A.,
– VGH A 7/08 -,
5. der Frau K.,
– VGH A 10/08 -,
6. des Herrn L.,
– VGH A 12/08 -,
g e g e n § 7 des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz – NRSG – vom 5. Oktober 2007 (GVBl. S. 188)
hier: Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 11. Februar 2008, an der teilgenommen haben
Präsident des Verfassungsgerichtshofs Prof. Dr. Meyer
Präsident des Oberlandesgerichts Dury
Präsident des Oberlandesgerichts Bartz
Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling
Präsidentin des Verwaltungsgerichts Dr. Freimund-Holler
Bürgermeister Dr. Saftig
Universitätsprofessor Dr. Hufen
Universitätsprofessor Dr. Robbers
Historikerin Meier-Hussing
beschlossen:
1. Der Antrag des Beschwerdeführers zu 1) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
2. Auf die Anträge der Beschwerdeführer zu 2) bis 6) wird das Inkrafttreten von § 7 des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz vom 5. Oktober 2007 (GVBl. S. 188) bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden insoweit einstweilen ausgesetzt, als die Vorschrift sich auch auf Ein-Raum-Gaststätten erstreckt, die ausschließlich inhabergeführt sind. Derartige Gaststätten dürfen einstweilen in der bisherigen Art weiterbetrieben werden, wenn neben der Betreiberin/dem Betreiber keine weiteren Personen als Beschäftigte oder als Selbständige im laufenden Gastronomiebetrieb tätig sind, es sei denn, dass es sich hierbei lediglich um eine Mithilfe von volljährigen Familienmitgliedern der Betreiberin/des Betreibers handelt. Diese Gaststätten müssen ferner am Eingangsbereich deutlich sichtbar auf die Raucherlaubnis hinweisen.
Diese einstweilige Anordnung gilt mit der Möglichkeit der Verlängerung gemäß § 19a VerfGHG zunächst für die Dauer von drei Monaten.
A.
Der Beschwerdeführer zu 1), ein Raucher, wendet sich gegen die mit dem Nichtraucherschutzgesetz Rheinland-Pfalz – NRSG – vom 5. Oktober 2007 (GVBl. S. 188), verknüpfte Einschränkung, im öffentlichen Raum nicht rauchen zu dürfen. Die als Gastwirte tätigen Beschwerdeführer zu 2) bis 6) beanstanden unmittelbar die Regelung des § 7 NRSG, soweit sie in Verbindung mit § 1 Abs. 2 NRSG ein uneingeschränktes Rauchverbot für alle Personen vorsieht, die sich in einer Ein-Raum-Gaststätte aufhalten, deren räumliche Voraussetzungen die Einrichtung abgetrennter Raucherbereiche nicht zulassen. Sämtliche Beschwerdeführer erstreben im Hinblick auf die mit dem Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetztes Rheinland-Pfalz zum 15. Februar 2008 befürchteten Nachteile den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
I. Nach § 1 Abs. 2 NRSG besteht für Einrichtungen, die nach den Bestimmungen dieses Gesetzes rauchfrei sind, ein Rauchverbot für alle Personen, die sich dort aufhalten, soweit in den nachfolgenden Bestimmungen keine abweichenden Regelungen getroffen sind. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 NRSG sind Gaststätten im Sinne des Gaststättengesetzes rauchfrei. Eine Ausnahme hiervon lässt § 7 Abs. 2 Satz 1 NRSG zu. Danach kann die Betreiberin oder der Betreiber einer Gaststätte mit mehreren, durch ortsfeste Trennwände voneinander getrennten Räumen in einzelnen entsprechend gekennzeichneten Räumen das Rauchen erlauben.
Gemäß seinem § 13 tritt das Nichtraucherschutzgesetz Rheinland-Pfalz am 15. Februar 2008 in Kraft.
II. Der Beschwerdeführer zu 1) rügt, das vorgesehene generelle Rauchverbot verletze ihn in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Auch stelle es eine willkürliche Ungleichbehandlung dar, wenn gegen die mit dem Rauchen verbundenen Gefährdungen vorgegangen werde, gegen andere gesundheitsgefährdende Stoffe wie Alkohol oder Feinstaub hingegen gesetzgeberische Maßnahmen unterblieben. Zudem werde Betreibern kleiner Gaststätten, die aus baulichen Gründen keinen separaten Raucherraum einrichten könnten, die Existenzgrundlage entzogen.
Die Beschwerdeführer zu 2) bis 6) sind Betreiber von Ein-Raum-Gaststätten bzw. Cafés, deren bauliche Anordnung nach ihren Angaben die räumliche Abtrennung eines separaten Raucherbereichs ausschließt. Sie rügen eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und ihres Eigentumsrechts, da bis zu 80 % (und mehr) ihrer Stammkundschaft Raucher seien. Infolge der gesetzlichen Neuregelung müssten sie deshalb mit gravierenden Umsatzrückgängen rechnen, die sie in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedrohten.
III.
1. Der Landtag Rheinland-Pfalz hält die Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen für unbegründet.
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer zu 1) in der Hauptsache erhobenen Verfassungsbeschwerde bestünden bereits Bedenken gegen ihre Zulässigkeit wegen seines wenig substantiierten Vorbringens. Jedenfalls sei die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unbegründet, was den Erlass einer einstweiligen Anordnung ausschließe. Der Gesetzgeber habe den gebotenen Ausgleich zwischen der allgemeinen Handlungsfreiheit des Einzelnen und den Interessen der Allgemeinheit in verhältnismäßiger Weise vorgenommen. Auch eine Interessen- und Folgenabwägung falle zu Ungunsten des Beschwerdeführers zu 1) aus. Dauerhafte, nicht mehr rückgängig zu machende Nachteile drohten ihm infolge des grundsätzlichen Rauchverbots in den Innenräumen gastronomischer Betriebe nicht. Hingegen würden höchstrangige Rechtsgüter beeinträchtigt, wenn der durch ein Rauchverbot bewirkte Schutz von Gästen und Beschäftigten in der Gastronomie einstweilen hinausgeschoben werde und sich die Verfassungsbeschwerde später als unbegründet erweise. Die damit verbundenen Nachteile wögen deutlich schwerer als die dem Beschwerdeführer zu 1) entstehenden geringfügigen Beeinträchtigungen.
Auch hinsichtlich der Beschwerdeführer zu 2) bis 6) falle die gebotene Interessenabwägung zu ihren Ungunsten aus. Nachteile bei Inkrafttreten des Rauchverbots und späterem Erfolg der Verfassungsbeschwerde seien allenfalls in Form eines temporären Umsatzrückgangs vorstellbar. Die Beschwerdeführer hätten jedoch Umsatzrückgänge von existenzbedrohendem Ausmaß nicht nachvollziehbar dargelegt. Hingegen seien erhebliche Nachteile zu befürchten, die dem Schutz von Nichtrauchern bei einer vorläufigen Aussetzung der gesetzlichen Regelung und späterer Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde erwachsen könnten.
2. Die Landesregierung misst dem Antrag des Beschwerdeführers zu 1) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen der offensichtlichen Unbegründetheit der Verfassungsbeschwerde keine Erfolgsaussichten bei. Der Eingriff in seine allgemeine Handlungsfreiheit sei gerechtfertigt, da die angegriffene Regelung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genüge.
Auch die Anträge der Beschwerdeführer zu 2) bis 6) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hält sie für unbegründet, da eine solche Entscheidung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile dringend geboten sei. Ob die von den Beschwerdeführern befürchteten erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen nach Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes tatsächlich eintreten würden, sei äußerst zweifelhaft. Ihnen stünden die wissenschaftlich erwiesenen Gefahren schwerster Gesundheitsschäden bis hin zum Tod gegenüber, die Nichtrauchern dadurch entstünden, dass sie sich Tabakrauch in Gaststätten aussetzen müssten. Deren gesundheitlichen Interessen sei deshalb Vorrang zu gewähren im Vergleich zu wirtschaftlichen Nachteilen, die eventuell die Beschwerdeführer zu 2) bis 6) treffen würden.
3. Zu den Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Bundesverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands e.V. – DEHOGA – Stellung genommen: Im Gegensatz zu größeren Restaurants befürchteten Ein-Raum-Gaststätten durch ein Rauchverbot Umsatzeinbußen bis hin zur Existenzgefährdung. Die durch den Getränkekonsum geprägte Ein-Raum-Gaststätte generiere ihre Umsätze fast ausschließlich über einen Kundenstamm, dem zu durchschnittlich 70 % Raucher angehörten. Erfahrungen in Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen zeigten, dass ein Rauchverbot in diesem Branchensegment zu erheblichen Umsatzverlusten führe. Da Ein-Raum-Gaststätten ohnehin nur einen geringen Gewinn abwerfen würden, stelle ein solch erheblicher Umsatzrückgang ihre Rentabilität in Frage. Dies gelte auch deshalb, weil finanzielle Verpflichtungen aus Pacht- und Bierlieferungsverträgen unverändert blieben und vielfach nicht mehr bedient werden könnten. Viele Ein-Raum-Gaststätten stünden daher schon kurz nach Einführung von Rauchverboten vor dem wirtschaftlichen Ruin.
B.
Der zulässige Antrag des Beschwerdeführers zu 1) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet. Hingegen sind die Anträge der Beschwerdeführer zu 2) bis 6) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang – zulässig und begründet.
I. Gemäß § 19a des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof – VerfGHG –kann der Verfassungsgerichtshof in einem anhängigen Verfahren einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Hoheitsakte vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (II.) . Bei offenem Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens (III.) muss der Verfassungsgerichtshof die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegen die Nachteile abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (VerfGH RP, AS 33, 118 [119]).
Zielt der Antragsinhalt – wie hier – auf die Aussetzung des Inkrafttretens eines förmlichen Gesetzes, so ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 19a VerfGHG ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Die Achtung vor der demokratisch gefundenen Entscheidung des Landtags gebietet es nämlich, eine Rechtsnorm grundsätzlich so lange als rechtsgültig zu beachten, bis in dem dafür vorgesehenen Verfahren ihre Verfassungswidrigkeit mit Gesetzeskraft festgestellt worden ist (§ 26 Abs. 1 und 2 VerfGHG). Die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn sie aus schwerwiegenden Gründen dringend geboten ist.
II. Die Verfassungsbeschwerden sind hinsichtlich sämtlicher Beschwerdeführer weder unzulässig (1.) noch offensichtlich unbegründet (2.).
1. Die Beschwerdeführer können geltend machen, durch die angegriffene gesetzliche Regelung selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Grundrechten betroffen zu sein (vgl. hierzu: VerfGH RP, AS 25, 194 [195]; 31, 348 [350]; 34, 169 [180]).
a) Der Beschwerdeführer zu 1) kann sich jedenfalls darauf berufen, aufgrund des Nichtraucherschutzgesetzes in seinem durch Art. 1 Abs. 1 Satz 2 der Landesverfassung – LV – verbürgten Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit eingeschränkt zu sein. Die allgemeine Handlungsfreiheit schützt nicht nur einen begrenzten Bereich der Persönlichkeitsentfaltung, sondern jede Form menschlichen Handelns ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt (BVerfGE 80, 137 [152]).
Die Beschwerdeführer zu 2) bis 6) können geltend machen, in ihrer durch Art. 58 LV gewährleisteten Freiheit der Berufsausübung betroffen zu sein. Ob unter dem Gesichtspunkt der Existenzgefährdung durch die in Art. 52 LV gesondert geschützte Wirtschafts- und Gewerbefreiheit sowie die Eigentumsgewährleistung des Art. 60 Abs. 1 LV weitergehende Schutzbereiche eröffnet sind, wird im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu klären sein.
b) Die Beschwerdeführer sind durch die gesetzliche Regelung auch gegenwärtig betroffen. Zwar tritt das Nichtraucherschutzgesetz gemäß § 13 NRSG erst am 15. Februar 2008 in Kraft. Von einem verkündeten, wenngleich noch nicht in Kraft getretenen Gesetz kann aber dann eine gegenwärtige Beschwer ausgehen, wenn bereits aktuell klar abzusehen ist, dass und auf welche Weise die Beschwerdeführer von der angegriffenen Vorschrift betroffen sein werden (BVerfG, NVwZ 2006, 324 [325]). Das ist hier der Fall, da die Beschwerdeführer ab dem genannten Zeitpunkt in Gaststätten grundsätzlich nicht mehr rauchen bzw. in Ein-Raum-Gaststätten ein Rauchen nicht mehr zulassen dürfen.
2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2) bis 6) sind im Hinblick auf Art. 58 LV nicht offensichtlich unbegründet.
Die Begründung eines Rauchverbots in Ein-Raum-Gaststätten stellt für die Gastwirte eine Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 58 LV dar. Derartige Regelungen werden grundsätzlich, sofern sie im Übrigen verhältnismäßig sind, bereits durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert (BVerfGE 111, 10 [32]). Zwar rechtfertigt die Möglichkeit, dass eine gesetzliche Maßnahme im Einzelfall zur Existenzgefährdung oder gar -vernichtung führen könnte, im Allgemeinen noch nicht, sie unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit von Verfassungs wegen zu beanstanden (BVerfGE 70, 1 [30]; 77, 84 [112]). Selbst wenn aber eine Berufsausübungsregelung für einen Großteil der Betroffenen den Erfordernissen entspricht, kann sie im Hinblick auf die unterschiedliche Situation Betroffener – hier: der Betreiber großer und derjenigen von Ein-Raum-Gaststätten – mit Art. 58 LV in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 LV unvereinbar sein, falls sie damit Ungleichheiten außer acht lässt, die typischerweise innerhalb eines Berufs bestehen, und deshalb einen Teil der Berufsgruppe ohne zureichenden Grund unverhältnismäßig belastet (vgl. BVerfGE 34, 71 [78 f.]; 59, 336 [356]).
Ob die Regelung des § 7 NRSG den hieraus folgenden Anforderungen entspricht, bedarf der Überprüfung im Verfassungsbeschwerdeverfahren. Die Beschwerdeführer zu 2) und 6) gehören nach ihren Angaben derjenigen Gruppe von Gastwirten an, die als Betreiber einer Ein-Raum-Gaststätte aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht über die Möglichkeit verfügen, einen von dem rauchfreien Gastraum abgetrennten Raucherbereich einzurichten. Zugleich ist es ihnen verwehrt, sich – unter entsprechend deutlich sichtbarem Hinweis an etwaige Nichtraucher – für ein Gestatten des Rauchens zu entscheiden. Dies unterscheidet sie von der Gruppe der Betreiber räumlich größerer Gaststätten, denen eine solche Möglichkeit offen steht und die insoweit von der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 2 Satz 1 NRSG Gebrauch machen können. Das Rauchverbot in Gaststätten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 NRSG führt demnach tendenziell zu einer stärkeren Belastung derjenigen Gruppe, der die Beschwerdeführer zu 2) bis 6) angehören. Insbesondere ist ihre Befürchtung nicht von der Hand zu weisen, rauchende Gäste würden zukünftig verstärkt solche Gaststätten aufsuchen, die über zulässige Raucherbereiche verfügen. Eine hinreichende Legitimation dieser ungleichgewichtigen Belastung ist gegenwärtig jedenfalls nicht offensichtlich.
Unter diesen Umständen ist aber auch die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1) nicht offensichtlich unbegründet. Beruht nämlich ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit – wie hier – auf einer Rechtsnorm, erstreckt sich die verfassungsgerichtliche Prüfung auch auf die Frage, ob die zur Nachprüfung gestellte Vorschrift insgesamt formell und materiell mit der Landesverfassung in Einklang steht (VerfGH RP, AS 29, 23 [27] m.w.N.). Es wird daher im Verfahren der Verfassungsbeschwerde zu klären sein, ob ein gegenwärtig nicht auszuschließender Verstoß der Vorschrift des § 7 NRSG gegen Art. 58 LV in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 LV auch zu einer jedenfalls teilweisen Begründetheit der von dem Beschwerdeführer zu 1) erhobenen Verfassungsbeschwerde führt.
III. Die hiernach gebotene Folgenabwägung führt hinsichtlich des Beschwerdeführers zu 1) zur Ablehnung, hinsichtlich der Beschwerdeführer zu 2) bis 6) jedoch zum Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung.
1. Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich später aber die Verfassungsbeschwerde als begründet, so entstünden dem Beschwerdeführer zu 1) mit Inkrafttreten der Regelung über ein Rauchverbot in Ein-Raum-Gaststätten und eine nur ausnahmsweise Zulässigkeit des Rauchens in Nebenräumen größerer Gaststätten keine besonders schweren und praktisch nicht wieder gut zu machenden persönlichen Nachteile. Er würde zu keinerlei später nur schwer korrigierbaren Entscheidung gezwungen. Vielmehr hätte er bis zur Entscheidung im Verfassungsbeschwerdeverfahren lediglich eine seine allgemeine Handlungsfreiheit in einem Grenzbereich berührende Beeinträchtigung hinzunehmen: Er müsste beim Besuch von Gaststätten, welche die Einrichtung eines Raucherbereichs aus baulichen Gründen nicht zulassen, im Inneren der Gaststätte auf das Rauchen verzichten. In sonstigen Gaststätten stünde ihm hingegen die Möglichkeit offen, eingerichtete Raucherbereiche aufzusuchen.
Im Vergleich zu dieser zeitlich begrenzten und mit keinem irreparablen Rechtsverlust verbundenen Beeinträchtigung wiegen die Nachteile, die entstehen, wenn eine einstweilige Anordnung erlassen wird, die Verfassungsbeschwerde später aber keinen Erfolg hat, schwerer. Der Gesetzgeber hat vor dem Hintergrund gefestigter medizinischer Erkenntnisse insbesondere im Hinblick auf die Nutzung eines gastronomischen Angebots durch Familien mit Kindern, durch Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen sowie durch Jugendliche und die dringliche Sicherung des gesundheitlichen Schutzes der Beschäftigten die Einführung einer weitgehenden Rauchfreiheit in den Gaststättenräumen mit Publikumsverkehr für erforderlich erachtet (LT-Drucks. 15/11005, S. 8 und 11). Er hat dabei in Wahrnehmung seines Auftrags gemäß Art. 1 Abs. 2 LV gehandelt, sich schützend und fördernd vor die den Bürgern verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsgüter zu stellen (vgl. VerfGH RP, AS 32, 244 [246]). Hierzu zählt auch ihre Gesundheit, die durch das Passivrauchen gefährdet wird. Angesichts der hohen Bedeutung dieses Schutzguts überwiegen die Risiken eines auch nur vorübergehenden Aussetzens des Nichtraucherschutzes in Gaststätten deutlich die den Beschwerdeführer zu 1) durch das Inkrafttreten der Regelung treffenden Beeinträchtigungen.
2. Hinsichtlich der Beschwerdeführer zu 2) bis 6) überwiegen die Folgen, welche eintreten würden, wenn die die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerden aber Erfolg hätten, diejenigen Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, den Verfassungsbeschwerden aber der Erfolg zu versagen wäre. Dies gilt auch bei Anlegung des besonders strengen Prüfungsmaßstabs für die Aussetzung des Vollzugs eines förmlichen Gesetzes, den der Respekt vor der demokratisch gefundenen Entscheidung des Parlaments verlangt. Die danach erforderlichen besonders gewichtigen Gründe liegen hier vor.
Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiesen sich aber die Verfassungsbeschwerden später als begründet, so können den Beschwerdeführern zu 2) bis 6) mit Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz besonders schwere und praktisch nicht wieder gut zu machende wirtschaftliche Nachteile entstehen. Ihre Prognose, sie müssten angesichts eines Raucheranteils von 80 % (und mehr) unter ihren Stammkunden mit erheblichen Umsatzeinbußen rechnen, die zur Bedrohung oder sogar Vernichtung ihrer wirtschaftlichen Existenz führen könnten, ist so substantiiert begründet, wie dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur möglich ist. Sie erscheint vor dem Hintergrund des spezifischen soziokulturellen Milieus, das gerade die Kleingaststätten seit jeher prägt, nachvollziehbar. So hat auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband e.V. auf marktforschungsgestützte Erfahrungen in Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen hingewiesen, wo vergleichbare Rauchverbote im Branchensegment der Ein-Raum-Gaststätten zu Umsatzverlusten bei ca. 50 % der Kneipen und Bars in teilweise erheblicher Höhe geführt hätten. Darüber hinaus hat er nachvollziehbar dargelegt, ein erheblicher Umsatzverlust gerade bei den in erster Linie vom Getränkeabsatz geprägten Ein-Raum-Gaststätten könne zu einer rapiden Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation binnen kurzer Zeit führen, vor allem auch angesichts zunächst gleichbleibender vertraglicher Verpflichtungen aus Bierlieferungsverträgen und Pachtzinsvereinbarungen. Im Hinblick auf diese plausibel dargelegte Möglichkeit des Eintritts einer existenzgefährdenden Situation für eine nicht nur geringe Zahl von Ein-Raum-Gaststätten innerhalb eines kurzen Zeitraums sprechen gewichtige Gründe der Gewährung eines effektiven Grundrechtsschutzes im Verfassungsbeschwerdeverfahren (vgl. hierzu BVerfG [1. Kammer des Zweiten Senats], NVwZ 2007, 1178; NVwZ 2008, 70) dagegen, zunächst die Widerlegung oder den tatsächlichen Eintritt der prognostizierten Folgen abzuwarten. Im letzteren Fall käme der Grundrechtsschutz in der Hauptsache wegen irreparabler Nachteile zu spät.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung lediglich für einen überschaubaren Zeitraum und einen eng begrenzten Anwendungsbereich des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz die Fortgeltung der bisherigen und seit jeher geltenden Rechtslage fortschreiben würde. Der gebotene Respekt vor der demokratisch gefundenen Entscheidung des Gesetzgebers bliebe damit gewahrt.
Erginge die einstweilige Anordnung hingegen – in der aus dem Tenor ersichtlichen Eingrenzung – und hätten die Verfassungsbeschwerden später keinen Erfolg, sind die damit verbundenen drohenden Nachteile weniger gewichtig. Wie schon aufgezeigt, verfolgt der Gesetzgeber mit der allgemeinen Einführung der Rauchfreiheit in Gaststätten ein aus seiner Verpflichtung zum Schutz der den Bürgern verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsgüter (Art. 1 Abs. 2 LV) folgendes legitimes Ziel. Dabei ist sein Motiv zu berücksichtigen, insbesondere Familien mit Kindern, Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen und Jugendlichen die Wahrnehmung eines gastronomischen Angebots zu ermöglichen, ohne sie einer Passivrauchbelastung auszusetzen. Gleichzeitig bezweckt er, durch Rauchverbote in Gaststätten gesundheitliche Gefährdungen der Beschäftigten durch Tabakrauch erheblich zu verringern (LT-Drucks. 15/11005, S. 8 und 11). Für den angesprochenen Personenkreis sind jedoch die Folgen einer kurzfristig zunächst fortbestehenden Möglichkeit, in Ein-Raum-Gaststätten das Rauchen zuzulassen, begrenzt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um inhabergeführte Gaststätten handelt, die – außer volljährigen Familienmitgliedern – keine weiteren Personen beschäftigen. Denn Familien mit Kindern und Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen gehören nicht typischerweise zum Gästekreis solcher Ein-Raum-Gaststätten mit erfahrungsgemäß hohem Raucheranteil.
Das Festhalten an der bisherigen Rechtslage in dem angesprochenen Bereich bis zu einer Entscheidung in den Verfassungsbeschwerdeverfahren begründet daher noch keinen Nachteil, der die den Beschwerdeführern zu 2) bis 6) drohenden existenzgefährdenden Konsequenzen aufwiegen würde. Voraussetzung hierfür ist allerdings, die inhabergeführten Ein-Raum-Gaststätten, in denen bis zur Entscheidung in den Verfassungsbeschwerdeverfahren das Rauchen zulässig bleibt, an ihrem Eingang deutlich sichtbar als nicht rauchfreie Gaststätten zu kennzeichnen. Nichtraucher können so vorab eine selbständige und bewusste Entscheidung treffen, ob sie eine solche Gaststätte aufsuchen wollen.
Der Verfassungsgerichtshof betont, dass diese auf inhabergeführte Ein-Raum-Gaststätten beschränkte einstweilige Aussetzung von § 7 NRSG aufgrund einer reinen Folgenabwägung ergeht und damit keine Aussage über den Ausgang der Hauptsacheverfahren verbunden ist.
IV. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Das Verfahren ist gemäß § 21 Abs. 1 VerfGHG kostenfrei. Von einer gemäß § 21a Abs. 3 VerfGHG möglichen Anordnung zur Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführer zu 2) bis 6) wird abgesehen, da diese nicht anwaltlich vertreten und sonstige nennenswerte Auslagen nicht angefallen sind.
gez. Prof. Dr. Meyer gez. Dury gez. Dr. Freimund-Holler