Der spätere Angeklagte brachte an der Hinterseite der Sonnenblende an der Fahrerseite sowie an der Hinterseite des Innenspiegels seines Pkw mehrere Reflektoren an. Bei einer auf der A 9 Nürnberg Richtung München durchgeführten stationären Abstandsmessung wurde der Pkw des Angeklagten aufgrund zu geringen Sicherheitsabstands geblitzt. Die Reflektoren erfüllten die ihnen zugedachte Aufgabe, so dass der Bereich des Fahrers auf dem Lichtbild überbelichtet und eine Fahreridentifizierung dadurch unmöglich wurde.
Auf die Berufung des Angeklagten hob das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil auf und sprach den Angeklagten aus Rechtsgründen vom Tatvorwurf der Fälschung technischer Aufzeichnungen frei, da der Angeklagte das Ergebnis einer Aufzeichnung nicht durch störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang beeinflusst habe.
Das Landgericht bezog sich dabei auf einen Beschluss des Landgerichts Flensburg vom 20.1.1999 (NJW 2000, 1664) und die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.02.1979 (BGHSt 28, 300 = NJW 1979, 1466); wonach störendes Einwirken auf den Aufzeichnungsvorgang Eingriffe verlange, die den selbsttätigen Funktionsablauf des Gerätes in Mitleidenschaft ziehen. Der Angeklagte selbst oder ein Dritter mit seiner Billigung habe aber nicht mehr veranlasst, als dass das Fahrzeug an der Messanlage vorbeigeführt und durch die Messanlage eine technische Aufzeichnung hergestellt wird. Dass der Inhalt der technischen Aufzeichnung nicht dem entspreche, was sich der Hersteller vorgestellt habe (Erkennbarkeit des Fahrers), sei nicht unter Strafe gestellt.
Gegen den Freispruch legte die Staatsanwaltschaft Revision zum Oberlandesgericht München ein und erreichte eine Aufhebung des Urteils. Das OLG München sah zwar ebenso wie das Landgericht keine Strafbarkeit hinsichtlich des Tatvorwurfs der Fälschung technischer Aufzeichnungen, allerdings habe sich der Angeklagte einer Sachbeschädigung strafbar gemacht.
Aus den Gründen:
Unstreitig ist, dass Lichtbilder, die wie vorliegend von einer automatischen mit einer Messvorrichtung gekoppelten Kamera einer Verkehrsüberwachungsanlage gefertigt werden, technische Aufzeichnungen im Sinn von § 268 StGB sind (…). Sie werden damit vom Schutzzweck des § 268 StGB erfasst. (…) Die Tathandlung des störenden Einwirkens auf den Aufzeichnungsvorgang verlangt (…) Eingriffe, die den selbsttätig-fehlerfreien Funktionsablauf des aufzeichnenden Geräts in Mitleidenschaft ziehen (…). Der Täter muss störend auf den Aufzeichnungsvorgang eingewirkt haben, sein Eingriff muss die konkrete Funktion des Geräts beeinträchtigen, d.h. zu inhaltlicher Unrichtigkeit der Aufzeichnung führen (…). Die Anwendung von § 268 Abs. 3 StGB scheitert hier nicht daran, dass lediglich eine Manipulation am Bezugsobjekt im Sinne eines täuschenden Beschickens vorläge (…), sondern vielmehr daran, dass der störende Eingriff die Entstehung einer Aufzeichnung überhaupt verhindert (…). Da die Einwirkung eine unrichtige Aufzeichnung verursachen muss, ist die völlige Verhinderung der Aufzeichnung durch Manipulationen am Objekt, die es für das Gerät unerkennbar machen, nicht tatbestandsmäßig (…). Dies ist vorliegend der Fall, weil das Anbringen der Reflektoren durch den Angeklagten dazu geführt hat, dass die Entstehung einer Aufzeichnung – die Aufnahme des Fahrers – überhaupt verhindert worden ist (…).
Indes kommt eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung nach § 303 Abs. 1 StGB in Betracht. Der Begriff der Beschädigung einer Sache verlangt keine Verletzung ihrer Substanz. Es genügt, dass durch körperliche Einwirkung auf die Sache die bestimmungsgemäße (technische) Brauchbarkeit nachhaltig gemindert wird (…).
OLG München, Urteil vom 15.05.2006, AZ: 4 StRR 53/06
Volltext auf www.jurathek.de (Beitrag von Rechtsanwalt Michael Hettenbach)