Die Bekleidungsmarke „Thor Steinar“ der Mediatex GmbH verwandte bis 2004 ein Logo, das aus einer Kombination von zwei Runen bestand, deren Lautwerte denen der heutigen Buchstaben T und S entsprechen. Die Tiwaz- und die Sieg-Rune fanden als Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen Verwendung, so dass sich die Mediatex GmbH, die Vertreiber und Träger von Textilien der Marke dem Vorwurf ausgesetzt sehen, der rechten Szene anzugehören. Bereits 2005 hatte der 1. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes auf die Revision gegen ein Urteil des Amtsgerichtes Potsdam festgestellt, dass das Runenlogo Kennzeichen einer verfassungsfeindlichen Organisation nicht zum Verwechseln ähnlich ist und damit das Tragen von derartiger Kleidung nicht unter § 86a StGB fällt (Brandenburgisches OLG, Uteil vom 12.09.2005, AZ: 1 Ss 58/05 ).
In Berlin entschied das Kammergericht mit Urteil vom 15. Dezember 2006, dass eine Strafbarkeit nach § 86a StGB nicht vorliegt. Ebenso entschied aktuell der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Dresden in zwei Verfahren und wies die Revisionen der Staatsanwaltschaft jeweils zurück. Gegen zwei Angeklagte, die jeweils Bekleidung von „Thor Steinar“ mit aufgenähtem Logo in der Öffentlichkeit getragen hatten, war vor dem Amtsgericht Dresden und dem Amtsgericht Leipzig Anklage wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erhoben worden. Beide Amtsgerichte erkannten auf Freispruch, weil die jeweiligen Kennzeichen weder im Original noch in einer diesem zum Verwechseln ähnlichen Form verwendet worden seien. Ein unbefangener, durchschnittlich aufmerksamer Betrachter finde in dem Markenlogo nicht ohne Weiteres die Merkmale der Originalkennzeichen wieder. Gegen beide Urteile hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.
Das OLG Dresden hat in den Strafverhandlungen im Einzelnen ausgeführt, dass die verwendeten Runenzeichen zwar einen strafrechtlich relevanten Bezug zu verfassungswidrigen Organisationen aufwiesen. Der Name der Bekleidungsmarke „Thor Steinar“ sei an den Namen des SS-Obergruppenführers und Generals der Waffen-SS Felix Martin Julius Steiner angelehnt. Auch ließen die in der Mitte des Firmenemblems verwendeten Runenzeichen sich als Tyr-Rune und als Gibor-Rune (auch bezeichnet als Eib-Rune bzw. als „Wolfsangel“) ausmachen. Die Tyr-Rune wurde, so der Senat, von der 32. SS-Freiwilligen-Grenadier-Division „30. Januar“, die „Wolfsangel“ von der 34. SS-Freiwilligendivision „Landstorm Nederland“ als Kennzeichen benutzt. Zudem war die Wolfsangel Kennzeichen der „Adjutanten“ des „Deutschen Jungvolks“, einer Jugendorganisation der Hitlerjugend für Jungen zwischen 10 und 18 Jahren sowie Erkennungszeichen der Hitlerjugend. Zwar hielt der 3. Strafsenat die vorhandenen Farbabweichungen zwischen den verwendeten Runenzeichen und den Originalrunen für nicht erheblich, hob aber hervor, dass hier die Verbindung mehrerer Runen zu einem Zeichen den Straftatbestand des § 86a StGB nicht erfülle, weil kein verbotenes Kennzeichen besonders hervorsteche oder dominiere.
Nach geltender Rechtslage sei das verwendete (zusammengesetzte) Kennzeichen straffrei, weil die Verbindung der Runen hier so gestaltet wurde, dass ein Phantasiekennzeichen entstanden sei, weshalb eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB ausscheide. Der Senat wies abschließend darauf hin, dass er sich mit seiner Entscheidung in Übereinstimmung mit Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte, so des Oberlandesgerichts Braunschweig, des Brandenburgischen Oberlandesgerichts sowie des Kammergerichts Berlin, befinde.
OLG Dresden, Urteile vom 12.02.2008, AZ: 3 Ss 89/06 und 3 Ss 375/06
Quellen:
Pressemitteilung OLG Dresden vom 12.02.2008
Wikipedia.de – Thor Steinar