LAG Mainz – Bei einfachen Sachverhalten braucht man keinen Anwalt


Der Kläger war bei dem Beklagten als Zeitungsausträger beschäftigt und machte nicht bezahlte Lohnansprüche in Höhe von rund 300 Euro vor dem Arbeitsgericht geltend. Da der beklagte Arbeitgeber nicht vor Gericht erschien, erging ein Versäumnisurteil, das auch rechtskräftig wurde. Das Arbeitsgericht bewilligte dem Kläger auf dessen Antrag hin Prozesskostenhilfe, lehnte aber die Beiordnung seines Anwaltes ab. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger nicht im Stande gewesen wäre, ohne anwaltliche Hilfe die Klage zu erheben, in dem er z. B. die Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts aufgesucht hätte.
Der Kläger legte hiergegen sofortige Beschwerde ein und machte geltend, er als Zeitungsausträger und juristischer Laie sei nicht in der Lage gewesen, die Klageschrift selbst zu formulieren. Zu berücksichtigen sei, dass teilweise eine Abrechnung nicht erteilt worden sei, teilweise eine erteilte Abrechnung fehlerhaft gewesen sei. Auch die Berechnungsgrundlagen für den Trägerlohn seien nicht offensichtlich. Vielmehr sei aus der erteilten Lohnabrechnung der Tageslohn zu ermitteln und hieraus wiederum der rückständige Lohn zu errechnen gewesen. Das Arbeitsgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.

Das Landesarbeitsgericht Mainz wies die sofortige Beschwerde zurück. Der Kläger habe keinen Rechtsanspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach §§ 11 a Abs. 3 ArbGG, 121 Abs. 2 ZPO. Im Rahmen einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe werde einer Partei auf Antrag ein Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Der Arbeitgeber sei anwaltlich nicht vertreten gewesen, der Sachverhalt sei darüber hinaus auch einfach gelagert. Auch ein rechtlicher Laie hätte ohne Weiteres seine Rechte beim Arbeitsgericht verfolgen konnte. Die Ermittlung der Höhe der einzuklagenden Arbeitsvergütung bedinge lediglich eine einfache Rechenoperation. Zu dem seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dem Kläger die – wenn auch nur mündlich vereinbarte – Vergütungsabrede nicht bekannt war. Soweit der Kläger darauf verweisen lässt, er sei als Zeitungsausträger nicht in der Lage gewesen, die Klageschrift selbst zu formulieren, habe das Arbeitsgericht zu Recht auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Rechtsantragsstellen der Arbeitsgerichte hingewiesen. Auch der Inhalt der Klageschrift lasse nicht erkennen, dass bis auf die Durchführung einfacher Rechenoperationen eine weitergehende rechtliche Beratung erforderlich gewesen wäre. Aufgabe der Rechtsantragsstellen sei es aber u. a. bei bestehenden Formulierungsschwierigkeiten Hilfe zu leisten.

LAG Mainz, Beschluss vom 11.06.2007, AZ: 9 Ta 151/07
Vorinstanz: ArbG Ludwigshafen, Beschluss vom 11.06.2007, AZ: 8 Ca 587/07

Praxisrelevanz:
Bei Arbeitsgerichtsprozessen besteht die Besonderheit, dass die Anwalts- und Reisekosten in erster Instanz von den Parteien jeweils selbst zu tragen sind, unabhängig davon, wer den Prozess gewinnt oder verliert. Nach § 12 a Abs. 1 ArbGG besteht keine Ersatzpflicht der im Prozess unterlegenen Partei. Wer keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat, muss die Kosten des eigenen Anwaltes daher selbst zahlen. Wer finanziell nicht in der Lage ist, seine Kosten zu tragen und keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat, kann Prozesskostenhilfe beantragen. Nach § 11a ArbGG kann einer Partei, die außerstande ist, die Kosten des Prozesses zu bestreiten, und die auch nicht durch eine Gewerkschaft vertreten wird, ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die Gegenpartei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist Im hier vorliegenden Fall hat der Kläger zwar Prozesskostenhilfe erhalten, eine Beiordnung seines Anwalts unterblieb aber, weil es sich nach Ansicht des LAG Mainz um eine einfache Sache handelte, für die man keinen Anwalt brauche. Dies mag für den Einzelfall richtig sein, schnell wird aber auch eine einfache Sache kompliziert, wenn Arbeitgeber z.B. mit angeblichen Gegenansprüchen aufrechnen, Stundenabrechnungen bestreiten usw. Eine generelle Ablehnung einer Beiordnung bei Lohnklagen wird sich aus dieser Entscheidung wohl nicht ableiten lassen.

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