Ein Autoersatzteilhändler mahnte einen anderen Autoersatzteilehändler wegen Wettbewerbsverstößen ab, forderte Unterlassung und Ersatz seiner Anwaltskosten. Beide Händler bieten ihre Ersatzteile im Internet an, so auch über die Internetplattform eBay. Letztendlich im Streit war noch die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des abgemahnten Händlers, was ein Verbraucher irrtümlich so verstehen könne, als dürfe er sein Widerrufsrecht auch telefonisch ausüben. Das Landgericht Dortmund sah darin einen Wettbewerbsverstoß und verurteilte den beklagten Händler entsprechend zur Unterlassung und Zahlung der Anwaltskosten. Die Berufung des Beklagten zum OLG Hamm hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
„Anspruchsgrundlage für das ausgesprochene Verbot sind die §§ 8 Abs. 1; 3; 4 Nr. 11 UWG a.F. wie n.F. i.V.m. § 355 BGB. Bei der letzteren Norm handelt es sich um eine Marktverhaltensregel zum Schutz der Verbraucher i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG, so dass ein Verstoß gegen diese Norm zugleich einen Wettbewerbsverstoß beinhaltet. Die Beklagte hat hier auch gegen § 355 BGB verstoßen. Nach dieser Norm ist der Verbraucher bei Fernabsatzverträgen klar und deutlich über seine Rechte, insbesondere über sein Widerrufsrecht zu belehren. Diese Belehrung darf auch nicht durch Zusätze verunklart werden (Palandt BGB § 355 Rz. 14). Eine solche gesetzwidrige Irritierung kann auch durch die Hinzufügung einer Telefonnummer bewirkt werden, wenn dadurch für den Verbraucher der Eindruck erweckt wird, er könne den Widerruf entgegen § 355 Abs. 1 BGB auch telefonisch erklären und nicht nur in Textform (KG NJWRR 2008, 352).
Der mit der Klageschrift vorgelegte Internetausdruck (…) kann zwar noch nicht als Verstoß gegen § 355 BGB gewertet werden. Denn hier erscheint die Telefonnummer lediglich unter den „rechtlichen Informationen des Verkäufers“. Wegen der Widerrufs- und Rückgabebelehrung wird der Verbraucher auf die Informationen zu den Rücknahmebedingungen des Käufers verwiesen. Diese stehen unter Angaben zu „Zahlung Versand und Rücknahme“ und können durch einen Button aufgerufen werden. Wie sich aus der Seite 2 (…) des Internetausdrucks ergibt, folgt unter der Rubrik „Rücknahme“ eine Widerrufsbelehrung. Danach ist der Widerruf in Textform zu erklären. Die Beklagte als Widerrufsempfänger wird nur unter ihrer Adresse sowie unter ihrer Faxnummer und EMail-Adresse angegeben. Ihre Telefonnummer taucht hier nicht auf. (…)“
Damit wäre der Informationspflicht eigentlich Genüge getan. Innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fand sich allerdings folgender Text:
„(…) „Der Widerruf ist zu richten an: Firma B OHG
Inhaber X, X1; X2
E-Straße ####1 C
Tel: ##########“
Warum in diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nochmals auf die Frage eingegangen wird, an wen der Widerruf zu richten ist, ist zwar nicht unmittelbar einsichtig. Die Beklagte muss sich aber an dieser Angabe festhalten lassen.
Diese Angabe stellt einen Verstoß gegen § 355 BGB dar und ist damit zugleich auch wettbewerbswidrig, § 4 Ziff. 11 UWG. Der Verbraucher, der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen liest, kann die Angabe der Telefonnummer nur so verstehen, dass der Widerruf auch telefonisch erklärt werden kann. Einen anderen Sinn kann die Angabe der Telefonnummer in diesem Zusammenhang nicht haben. Es geht dort gerade um die Frage, an wen der Widerruf zu richten ist.
Diesem Verstoß gegen § 355 BGB steht nicht entgegen, dass in der eigentlichen Widerrufsbelehrung steht, dass der Widerruf in Textform zu erklären ist. Der Verbraucher weiß nämlich nicht, was denn nun gelten soll, wenn er mit zwei widersprüchlichen Informationen konfrontiert wird. Beide Belehrungen stehen so unverbunden nebeneinander, dass der Verbraucher nicht wissen kann, was denn nun gelten soll. Dies gilt erst recht deshalb, weil in der eigentlichen Belehrung über das Widerrufsrecht die notwendige Form des Widerrufs nicht besonders hervorgehoben wird. Vielmehr heißt es dort nur allgemein, dass die Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform widerrufen werden kann. Daraus ergibt sich für den Verbraucher nicht zwingend, dass der Widerruf nicht auch telefonisch erklärt werden kann, wie es die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für ihn vorsehen. Denn die telefonische Regelung von Vertragsverhältnissen ist für den Verbraucher eine geläufige Sache.
Es liegt auch keine Bagatelle i.S.d. § 3 UWG vor. Denn die Frage des Widerrufs von Bestellungen und dessen Geltendmachung betrifft wesentliche Verbraucherrechte. Zudem ist zu beachten, dass es vorliegend um Internetangebote geht, so dass eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr besteht. (…)“
OLG Hamm, Urteil vom 02.07.2009, Az: 4 U 43/09
Vorinstanz: LG Dortmund, Teilanerkenntnis- und Schlussurteil vom 27.11.2008, Az: 13 O 67/08
Praxisrelevanz:
Um solche Abmahnfallen zu vermeiden, ist peinlich genau darauf zu achten, an welcher Stelle des Internetangebotes welche Information vorgehalten wird. Hier hatte der Händler zwar eine Widerrufsbelehrung vorgehalten, die den Anforderungen entsprach. Allerdings erfolgte eine weitere Widerrufsbelehrung innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dort allerdings mit der überflüssigen Angabe einer Telefonnummer. Da ein Widerruf telefonisch nicht erklärt werden kann, war die Angabe nicht nur überflüssig, sondern nach Auffassung des OLG Hamm für den Verbraucher widersprüchlich und missverständlich.
Bereits das OLG Frankfurt a.M. entschied durch Urteil vom 17.6.2004, Az: 6 U 158/03, dass die Angabe einer Telefonnummer einen Verbraucher verwirre und damit wettbewerbswidrig sei. Das LG Lübeck hingegen hält den Verbraucher für so intelligent, dass er erkennt, dass über ein Telefon kein Text übermittelt werden kann und entschied mit Urteil vom 22.04.2008, Az: 11 O 9/08, dass die Angabe einer Telefonnummer unproblematisch sei, wenn innerhalb der Belehrung der Hinweis erfolgt, dass der Widerruf in Textform zu erfolgen hat (so auch Kammergericht, Beschluss vom 07.09.2007, Az: 5 W 266/07). Jedem Verbraucher sei damit klar, dass die Telefonnummer lediglich Fragen zur Rücksendung an sich erleichtern soll, nicht aber zur Ausübung des Widerrufs selbst.