Nach Beendigung eines Mietverhältnisses verlangte der ehemalige Mieter die eingezahlte Mietkaution zuzüglich Zinsen, insgesamt 997,13 € zurück. Die Vermieterin war der Meinung, dass der Mieter seinen Pflichten aus der Renovierungsvereinbarung nicht nachgekommen sei und den von ihm verlegten Teppich nicht entfernt habe und erklärte die Aufrechnung mit den Kosten der Beseitigung des Teppichbodens. Das daraufhin angerufene Amtsgericht Köln sah in dem vorgelegten über 50 Seiten umfassenden, unstrukturierten „Vertragswerk“ keine wirksame Verpflichtung des Mieters, Renovierungsarbeiten durchzuführen. Dem Mieter sei es schlichtweg unmöglich, Kenntnis von einer solchen Verpflichtung zu nehmen und was nicht zur Kenntnis genommen wird, ist nicht vereinbart.
Aus den Gründen:
Die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung, eine Kaution zu zahlen, ist unwirksam, da es sich bei einschlägigen Vertragsvereinbarungen um allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 Abs. 1 S.1 BGB handelt, die nicht wirksam Bestandteil des Vertrages geworden sind.
1. Dass es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handelt, ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin, die über mehrere Mietobjekte verfügt, den vorgelegten Vertrag in seiner Grundform regelmäßig mit ihren Mietern abschließt und die dort enthaltenen Regelungen sich somit als für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen darstellen, die die Klägerin ihren Vertragspartner stellt. Ein Aushandeln, so wie es die Beklagte darstellt, liegt nicht vor. Ein Aushandeln liegt dann vor, wenn sich die Parteien auf einer gleichwertigen Ebene begegnen. Dies ist bei einem Abschluss eines Wohnungsmietvertrages regelmäßig nicht der Fall. Ein Aushandeln bedeutet auch mehr als ein bloßes Verhandeln (Prütting/Weger/Weinreich, BGB-Kommentar, 2. Auflage, § 305 Rn. 12). Der Verwender muss den gesetzesfremden Kerngehalt seiner allgemeinen Geschäftsbedingungen inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen und dem anderen Teil Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumen (Palandt, BGB-Kommentar, 64. Aufl., § 305 BGB, Rn. 21). Dies ist nicht alleine dadurch getan, indem man dem potentiellen Mieter eine Möglichkeit gibt, den möglichen Vertragsschluss zu überschlafen. Ein Protokoll von vorvertraglichen Verhandlungen ist des Weiteren nicht geeignet, einen Nachweis über ausgehandelte Vertragsbestandteile zu erbringen. Ein Protokoll kann nur aufzeigen, über was genau gesprochen wurde, jedoch nicht, inwieweit der Mieter eine tatsächliche Möglichkeit der Mitgestaltung hatte. Vielmehr ist es regelmäßig üblich, dass der Vermieter aufgrund des Machtgefälles die tatsächlichen Pflichten des Mieters bestimmt und sich somit seiner gesetzlichen Pflichten so weit wie möglich entledigt. Nimmt ein Mieter dies nicht hin, wählt der Vermieter sich einen anderen Mieter aus. Es liegen demnach einseitig gestellte allgemeine Geschäftsbedingungen vor.
2. Diese allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nach § 305 Abs. 2 BGB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Für die wirksame Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen ist es erforderlich, dass der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei nicht nur ausdrücklich auf die allgemeinen Bedingungen hinweist (§ 305 Abs. 2 Nr.1 BGB) und die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist, sondern nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB weiter, dass der Verwender der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen.
Diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Eine zumutbare Kenntnisnahme erfordert, dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen für einen Durchschnittskunden mühelos lesbar sind, ferner ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit und einen in Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts vertretbaren Umfang haben (Transparenzgebot, BGHZ 106, 49f; 104, 92; NJW 2000, 651).
Der vorliegende Vertrag entspricht wegen seiner Unübersichtlichkeit und seines Umfanges nicht diesen Anforderungen. (…) Das vom Kläger vorgelegte Kopieexemplar umfasst 50 Seiten. Das Klausel- und Anlagenwerk ist nicht vollständig durchnummeriert. Es ist unmöglich, alle Seiten den entsprechenden Anlagen zuzuordnen. Dies entspricht nicht mehr einer zumutbaren Weise von dem gesamten Vertrag und seinem Inhalt Kenntnis zu nehmen.
Die Kenntnisnahme der allgemeinen Geschäftsbedingungen ist außerdem nicht allein aufgrund des Umfangs erschwert. Über den Umfang hinaus sind insbesondere die Anlagen unstrukturiert und dadurch unübersichtlich. Selbst Anlagen, die grundsätzlich nur Tipps für den Mieter beinhalten, enthalten Pflichten über Umgang, Reinigung und Reparatur bei verschiedensten möglichen Sachverhalten. Regelungen, die die Kaution betreffen, sind an verschiedenen Stellen der umfassenden Vereinbarungen getroffen, (…). Einen Überblick zu behalten und Zusammenhänge zu erkennen, ist fast unmöglich. Des Weiteren zeigt die Gliederung von Anlagen mit Buchstaben, dass die Beklagte immer wieder durch schlichtes Anfügen weiterer Anlagen nach und nach ein Vertragskonstrukt geschaffen hat, welches für einen rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittsmieter nicht mehr verständlich und vor allem nicht einfach zu lesen ist. Vielmehr ist ein mühevolles und unangemessenes Studium des Vertrages notwendig um überhaupt alle Verpflichtungen nur ansatzweise nachvollziehen zu können.
Da die allgemeinen Geschäftsbedingungen somit dem Transparenzgebot nicht entsprechen, sind sie nicht wirksam einbezogen und damit nicht Vertragsbestandteil geworden. Eine Verpflichtung zur Leistung einer Kaution ist damit nie wirksam begründet worden, so dass der Kläger den von ihm geleisteten Betrag nebst Zinsen gemäß § 812 Abs. 1 S.1 1.Alt, 818 BGB zurückfordern konnte.
Der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution ist auch nicht durch Aufrechnung erloschen. Die Aufrechnung wurde schon hinsichtlich der geltend gemachten Höhe der Gegenansprüche völlig unsubstantiiert vorgetragen. Soweit Kostenersatz für Schönheitsreparaturen geltend gemacht wird, scheitert dieser weiterhin an einer wirksamen Verpflichtung des Mieters zu deren Ausführung. Die betreffenden Vereinbarungen sind, wie oben ausgeführt, unwirksam, so dass die gesetzliche Regelung greift. Die Instandhaltungs- und Schönheitsreparaturen sind nach der gesetzlichen Regelung gemäß § 535 Abs. 1 S.2 BGB durch den Vermieter zu besorgen. (…)
AG Köln, Urteil vom 12.08.2008, Az: 224 C 34/08