Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen hat kauft, um sich zu bereichern, macht sich nach § 259 StGB wegen Hehlerei strafbar. Das Amtsgericht Pforzheim soll nach einem Bericht von Spiegel-Online vom 25.07.2007 nun einen eBay-Käufer wegen Hehlerei zu einer Gesamtgeldstrafe von 1.200 EUR verurteilt haben. Der Käufer habe ein – wie sich später herausstellte, gestohlenes – Navigationssystem (Neupreis 2.137 EUR) sehr günstig für nur 681 EUR erstanden, da die Ware aber aus Polen stammte, hätte er Verdacht schöpfen müssen, so die Begründung des Amtsgerichts.
Die Indizienkette des AG Pforzheim, AktZ.: 8 Cs 84 Js 5040/07, ist so erstaunlich simpel wie absurd.
„Das Gerät war billig und der Verkäufer kam aus Polen – daraus ergibt sich der zwingende Schluss, dass der eBay-Käufer zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass die Sache aus einer rechtwidrigen Vortat stammt. Der bei der Auktion erzielte Höchstpreis war zu niedrig: Der Angeklagte wusste, dass das Neugerät mindestens dreimal so viel kostete, wie er aufwenden musste. Der Startpreis war zu niedrig. Der Käufer hätte wegen des Verhältnisses zwischen Neu- und Verkaufspreis misstrauisch werden müssen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Preis bei einer Auktion zustande kam: Zwar werden bei einer solchen auch Waren unter ihrem Wert verkauft, hier jedoch lag das Mindestgebot bei 1 Euro. Das Gerät wurde als nagelneu verkauft und stellte sich nach Erhalt tatsächlich als neuwertig heraus. Und abgesehen von diesem offensichtlich sehr günstigen Kaufpreis war es für den Angeklagten ersichtlich, dass das Gerät von Polen aus verkauft wurde, was eine Rechtsverfolgung zumindest erschwerte.“
Klingt logisch oder? Billig und aus Polen, muss also geklaut sein. Gegen das Urteil wurde selbstverständlich ein Rechtsmittel eingelegt.
Bereits im März 2007 vermeldete Spiegel-Online, dass die Staatsanwaltschaft Bückeburg bundesweit gegen 280 Personen wegen Hehlereiverdachts ermittelt haben soll, die über eBay Werkzeuge wie Maulschlüssel oder Gewindeschneider ersteigert hatten. Die Werkzeuge stammten aus dem Werk eines großen deutschen Autoherstellers in Hannover. Ein Mitarbeiter soll das Werkzeug auf Rechnung des Autoherstellers gekauft und über einen Mittelsmann bei eBay versteigert haben. Die neuen und originalverpackten Werkzeuge seien zu einem Mindestgebot von einem Euro angeboten worden. Deshalb hätten die Käufer Verdacht schöpfen müssen, zwar hätten die Werkzeuge letztlich Preise knapp unter dem Listenpreis erzielt, doch der schließlich erreichte Preis sei unerheblich, so die Auffassung der ermittelnden Staatsanwältin. Die Staatsanwaltschaft beharrt darauf, dass die Kunden bewusst Diebesgut ersteigert und sich damit der Hehlerei schuldig gemacht haben.
Hehlerei wird wie Diebstahl selbst mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet. Auch der Versuch ist strafbar. Die nach Meinung des Verfassers grob falsche Rechtsauffassung sowohl der Staatsanwaltschaft Bückeburg, als auch des Amtsgericht Pforzheim konsequent zu Ende gedacht, bedeutet, dass auch gegen die unterlegenen Bieter Ermittlungsverfahren hätten eingeleitet und die Bieter wegen versuchter Hehlerei verurteilt werden müssen. Denn alle diese Bieter haben auf Artikel mit einem niedrigen Startpreis ein noch viel geringeres Gebot als der letztendlich Höchstbietende abgegeben. Auf die Strafbarkeit der Strafvereitelung im Amt (§§ 258, 258a StGB) sei da nur am Rande hingewiesen.
Sollte sich diese Rechtsauffassung durchsetzen, stehen zukünftig alle Bieter, die auf Startpreise von 1 EUR bieten, unter dem Verdacht der Hehlerei, sofern der realistische Preis der Ware wesentlich höher ist. Im Umkehrschluss stünden dann aber alle Verkäufer, die hochwertige Artikel zu einem Startpreis von nur 1 EUR einstellen, unter dem Verdacht des Diebstahls bzw. wahlweise Hehlerei.
Zum Abschluss völlig wertneutral noch ein Zitat von der Webseite daufaq.de – Juristen erklären das Internet:
„Warum verwirrt das Internet insbesondere Juristen? Es antwortet Kuner, Christoph, Internet für Juristen – Zugang, Recherche, Kommunikation, Sicherheit, Informationsquellen, 2. Auflage, 1999, Seite 4: Juristen sind von Berufs wegen an hierarchische Strukturen gewöhnt. Das Internet stellt jedoch eine neuartige Struktur dar, da es nicht hierarchisch aufgebaut ist, […]“
Quellen:
Spiegel-Online vom 25.07.2007
Spiegel-Online vom 07.03.2007
Golem.de vom 08.03.2007
Farliblog vom 08.03.2007
daufaq.de – Juristen erklären das Internet
Hinweis zum Urteil des AG Pforzheim gefunden bei RA J. Melchior