AG Charlottenburg: kein Schmerzensgeld nach Parkplatzstreit


Unser Mandant, erfreut, endlich einen Parkplatz gefunden zu haben, setzte rückwärts zum einparken an, als seine spätere Kontrahentin mit ihrem Smart angebraust kam und vorwärts in die freie Lücke fuhr. Der Mandant, verständlicherweise sauer, stieg also aus und klopfte an die Scheibe des Smart. Was danach geschah war höchst streitig und Bestandteil eines letztlich eingestellten Strafverfahrens gegen unseren Mandanten. Er soll sehr böse Worte zu der Dame gesagt haben und ihr anschließend noch das Auto zerkratzt haben.

Die Schadenersatzklage wegen der zerkratzten Autotür war vom AG Charlottenburg abgewiesen, die Berufung nach Hinweis des LG Berlin zurückgenommen worden. Nun wollte es die Smartfahrerin aber wissen und legte noch eine Schmerzensgeldklage oben drauf. Die Beweisaufnahme lief dann nicht so günstig wie erhofft, die von der Klägerin als Zeugin für die bösen Beleidigungen benannte beste Freundin, mochte sich so gar nicht erinnern. Ergebnis, Klageabweisung. Wir warten dann mal auf die mit Sicherheit noch folgende Berufung.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage Zahlung von Schmerzensgeld und vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten

Am … gegen … Uhr war die Klägerin in Begleitung der Zeugin B unterwegs zu einer Restauranteröffnung in den … in Berlin. Die Klägerin fuhr in eine Parklücke, direkt vor den Passagen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob sie hierbei den Beklagten, der dort ebenfalls Einparken wollte, abgedrängt hat. In Folge dieses Einparkvorganges kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen den Parteien.

Die Klägerin behauptet, von dem Beklagten im Rahmen der Auseinandersetzung über die Frage, wer zur Einfahrt in die Parklücke berechtigt gewesen sei, beleidigt und tätlich angegriffen worden zu sein. Der Beklagte habe sich hierzu in drohender Haltung mit geballten Fäusten vor der Brust aus seinem Fahrzeug heraus und auf sie zu begeben. Sie habe daraufhin ihr Fahrzeug von innen verriegelt. Der Beklagte habe sodann mit seinem Handrücken gegen die Fahrertür geklopft und sie mit den Worten, „du alte Fotze, steig aus, du Schlampe hast meinen Parkplatz geklaut“, beschimpft, um sich anschließend wieder zu seinem Fahrzeug zurück zu begeben. Kurz nachdem sie dann selbst ausgestiegen sei, sei auch der Beklagte erneut aus seinem Fahrzeug ausgestiegen und auf sie zugelaufen, um mit seinen beleidigenden Schreiereien erneut zu beginnen und sie mit der Hand gegen die Schulter zu stoßen, um sie mit voller Wucht auf die Fahrbahn zu schubsen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die erheblichen Beleidigungen des Beklagten würden einen schweren Eingriff in den Eigenwert ihrer Persönlichkeit darstellen und einen Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld begründen, welches den Betrag in Höhe von 1.250,00 € nicht unterschreiten sollte. (…)

Der Beklagte behauptet, aus Verärgerung über den von der Klägerin in Anspruch genommenen Parkplatz die Klägerin angesprochen und diese lediglich sinngemäß gefragt zu haben, ob sie denn nicht gesehen hätte, dass er gerade dabei gewesen sei, dort einzuparken und was hätte passieren können, wenn er nicht rechtzeitig hätte bremsen können.

Das Gericht hat über die Behauptungen der Klägerin Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen B und Bu  Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.10.2010, BI. 48-50 dA., verwiesen. Die Akte des Amtsgerichts Tiergarten zum Aktenzeichen … war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf ein Schmerzensgeld zu. Ein solcher folgt weder aus § 823 Abs. 1 BGB noch aus 823 Abs. 2 i.V.m. § 185 StGB, den einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen.

Im Rahmen des § 823 BGB besteht wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts als sonstiges Recht ein Anspruch auf eine Geldentschädigung für den erlittenen immateriellen Schaden, wenn eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, bei der die Beeinträchtigung nach Art der Verletzung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann. Ob eine schwerwiegende Beeinträchtigung vorliegt, hängt von Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab (Palandt, 69. Aufl. 2010, § 823 BGB Rn. 124). Im Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen B und Bu konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden (§ 286 Abs. 1 ZPO), dass der Beklagte die Klägerin in einer Art und Weise beleidigt hat, die auf eine derart schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin schließen lässt, dass allein ein Anspruch auf ein Schmerzensgeld diese Beeinträchtigung ausgleichen kann.

Die Zeugin B hat den Vortrag der Klägerin, insbesondere die von ihr behaupteten Äußerungen des Beklagten, die durchaus einen Schmerzensgeldanspruch hätten begründen können, nicht bestätigt. Die Zeugin hat vielmehr ausgesagt, nach der Einfahrt in eine Parklücke sei plötzlich ein Mann auf sie zugerannt und habe lauthals geschrieen. Sie habe die Klägerin daraufhin gebeten, das Fahrzeug zu verriegeln, da der Mann einen verärgerten und zornigen Eindruck auf sie gemacht habe. Der Mann habe einige Zeit an das Fenster geklopft, sich dann aber wieder vom Fahrzeug entfernt. Dass er dabei auch irgendetwas gesagt hätte, sei ihr nicht erinnerlich. Die Klägerin sei dann ausgestiegen, während sie zunächst sitzen geblieben sei. Plötzlich sei der Mann dann zurückgekommen und habe die Klägerin beschimpft und gesagt, sie habe ihm den Parkplatz weggenommen. Er habe sie auch mit einer schlaksigen Handbewegung an der Schulter in Richtung der Fahrbahn geschubst, so dass die Klägerin ein oder zwei Schritte nach hinten gestoßen worden sei. An den genauen Wortlaut der Beschimpfung könne sie sich nicht erinnern. Er habe sie einfach mit irgendwelchen Worten beschimpft, so wie ein Mann eine Frau beschimpft, so mit blöde Kuh und so. Sie sei dann ausgestiegen und habe die Klägerin gebeten, mit ihr ins Restaurant zu gehen, was sie dann auch gemacht hätten.

Danach vermochte sich die Zeugin an Einzelheiten der vom Beklagten gegenüber der Klägerin geäußerten Worte nicht mehr zu erinnern. Insbesondere vermochte die Zeugin die behaupteten Beleidigungen im Rahmen des ersten Herantretens an das Fahrzeug der Klägerin nicht zu bestätigen, sondern konnte sich nur an Beschimpfungen nach dem Aussteigen der Klägerin aus dem Fahrzeug erinnern. Allein die Formulierung, der Beklagte habe die Klägerin beschimpft, lässt indes den Schluss auf eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung nicht zu. Hierzu hätte es konkreter Erinnerungen bedurft, um diese Schlussfolgerung ziehen zu können. Fehlendes konkretes Erinnerungsvermögen ist insoweit vielmehr ein Indiz dafür, dass die von der Zeugin wahrgenommenen Beschimpfungen jedenfalls aus ihrer Sicht nicht so schwerwiegend waren. Dass der Beklagte die Klägerin zudem mit einer schlaksigen Handbewegung an der Schulter geschubst hat, führt ebenfalls nicht dazu, ggf. im Zusammenhang mit den Beschimpfungen hier zur Bejahung einer schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzung zu gelangen. Dass es bei diesem Schubsen zu einer Körper- oder Gesundheitsverletzung mit einem damit einhergehenden Anspruch auf ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB kam, wurde klägerseits nicht einmal behauptet. Aber auch im Zusammenspiel mit unkonkret im Raum stehenden Beschimpfungen verbietet sich der Schluss auf eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung, da in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass Anlass und Beweggrund des Beklagten sein Ärger über den aus seiner Sicht weggenommenen Parkplatz gewesen sein dürfte, so dass die daraufhin erfolgte überhitzte Reaktion sich nicht als schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung darstellt.

Auch der im Anschluss an die Vernehmung der Zeugin B auf Verlangen der Klägerin gemäß § 399 ZPO vernommene Zeuge Bu vermochte den Vortrag der Klägerin nicht zu bestätigen. Der Zeuge vermochte nur zu bekunden, dass der Beklagte die Klägerin wegen des Einparkens angesprochen und dieser mitgeteilt habe, dass er dort einparken wollte. Ob sonst noch etwas vom Beklagten gesagt worden sei, sei ihm nicht erinnerlich.

Mangels Hauptforderung besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen. (…)

AG Charlottenburg, Urteil vom 17.11.2010, Az:  231 C 174/10

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