Der Kläger sprach am 9. Juni 2005 bei der Beklagten wegen der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II vor. Ihm wurde dabei ein Antragsformular ausgehändigt, auf das im Feld „Tag der Antragstellung“ der Stempel „9.6.05“ aufgebracht wurde. Persönliche Daten des Klägers wurden an diesem Tag durch die Beklagte nicht erfasst. Am 3. Januar 2006 legte der Kläger sodann das nunmehr ausgefüllte Antragsformular vom 9. Juni 2005 bei der Beklagten vor.
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat der Revision des Klägers im Verfahren B 14 AS 56/08 R am 28. Oktober 2009 nach mündlicher Verhandlung stattgegeben und den der Klage stattgebenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts wiederhergestellt.
Dem Kläger steht für den Zeitraum ab dem 9. Juni 2005 ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu. Er hat am 9. Juni 2005 (gemäß § 37 SGB II) wirksam einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt. Das Landessozialgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Anspruch des Klägers für den Zeitraum bis zur Vorlage des ausgefüllten Antragsformulars entsprechend § 242 BGB verwirkt sei, weil der Kläger nach der Antragstellung seine Ansprüche nicht weiter verfolgt habe. Gemäß § 16 Abs 3 SGB I muss der Grundsicherungsträger darauf hinwirken, dass der Antragsteller unverzüglich klare und sachdienliche Anträge stellt und unvollständige Angaben ergänzt. Für den antragstellenden Bürger besteht im Verwaltungsverfahren die Verpflichtung mitzuwirken. So kann nach § 60 SGB I von dem Antragsteller verlangt werden, bestimmte Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. § 66 SGB I sieht bei fehlender oder nicht rechtzeitiger Mitwirkung die Sanktion der Leistungsversagung vor, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der beklagte Grundsicherungsträger hätte sich dieser Instrumente des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrens bedienen müssen, die hier einen Rückgriff auf das Rechtsinstitut der Verwirkung ausschließen.
Hinweis zur Rechtslage:
§ 37 SGB II
(1) Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden auf Antrag erbracht.
(2) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. …
§ 41 SGB II
(4) Satz 4: Die Leistungen sollen jeweils für sechs Monate bewilligt und monatlich im Voraus erbracht werden.
§ 16 SGB I
(3) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden.
§ 66 SGB I
(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. …
BSG, Urteil vom 28.10.2009, Az.: B 14 AS 56/08 R (B. ./. Arbeitsgemeinschaft Dresden)