Ein Autofahrer ließ nach einem Unfall seinem Pkw monatelang nicht instand setzen. Durch den Unfall war die linke vordere Ecke mit Schwerpunkt Scheinwerfereinheit beschädigt worden. Von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung verlangte er, nachdem man sich hinsichtlich des Fahrzeugschadens vor dem Amtsgericht verglichen hatte, später für einen Zeitraum von 186 Tagen unter Anrechnung eines 30%igen Mitverschuldens einen Nutzungsausfallschaden von insgesamt 5.598 EUR und machte geltend, dass er auf Grund fehlender finanzieller Mittel sein Fahrzeug nicht habe reparieren lassen können.
Sein Einkommen betrage nur 620 EUR netto, einen Kredit erhalte er nicht. Seine Frau habe als Studentin nur einen 400-Euro-Job. Selbst für eine Notreparatur habe das Geld nicht gereicht. Die Versicherung zahlte nicht, so dass erneut geklagt wurde.
Das Landgericht Düsseldorf wies die Klage ab, da es eine Verpflichtung Schadensersatz zu zahlen, schon dem Grunde nach verneint hat. Die zum Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegte Berufung hatte nur zu einem geringen Teil Erfolg. Nach Abwägung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile gemäß §§ 17, 18 StVG kam das OLG zu dem Ergebnis, dass eine Schadensquotierung im Verhältnis 50 % zu 50 % auszusprechen ist. Den zu ersetzenden Ausfall des Fahrzeuges begrenzte das Gericht mit einer beeindruckend ausführlichen und juristisch einwandfreien Begründung jedoch auf 32 Kalendertage, da der Kläger gegen seine Pflicht, den Schaden so gering wie möglich zu halten, verstoßen habe. Dem Kläger sei angesichts der verhältnismäßig geringfügigen Beschädigungen eine „Notreparatur“ zumutbar gewesen. Für rund 370 EUR hätte der Pkw in einer Werkstatt provisorisch wieder fahrbereit gemacht werden können. Dass der Kläger einen Betrag dieser Größenordnung nicht habe finanzieren können, sei nicht nachvollziehbar. Und selbst wenn, hätte er davon die gegnerische Versicherung frühzeitig unterrichten müssen.
Aus den Gründen:
(…) Die erfolgreiche Durchsetzung des weitergehenden Nutzungsausfallbegehrens scheitert daran, dass sich der Kläger in anspruchsmindernder Weise einen Verstoß gegen seine Schadensminderungsobliegenheit aus § 254 Abs. 2 BGB entgegen halten lassen muss. Der Kläger hat eine naheliegende und ihm zumutbare Maßnahme unterlassen, den streitgegenständlichen Nutzungsausfallschaden gering zu halten. Denn nach dem durch ihn zu den Akten gereichten Schadensgutachten und nach dem äußeren Schadensbild hätte sein verunfallter Pkw BMW durch eine einfache, provisorische Instandsetzungsmaßnahme, welche sich auf den Austausch der beschädigten linken Frontscheinwerfereinheit hätte beschränken können, wieder in einen verkehrssicheren und betriebstauglichen Zustand versetzt werden können. Die Aufwendungen für eine solche vorläufige Reparatur, deren Machbarkeit nach dem Schadensgutachten (…) außer Zweifel stand, hätte selbst bei einer Durchführung in einer Fachwerkstatt den Betrag von 365 € nicht überschritten.
Selbst wenn der Kläger seiner Behauptung entsprechend auch zur Aufbringung dieses relativ geringfügigen Betrages wegen seiner beengten finanziellen Verhältnisse nicht in der Lage gewesen wäre, hätte er zumindest die (Versicherung) in der umfänglichen vorgerichtlichen Korrespondenz auf diesen Umstand hinweisen müssen, um sie zur Überweisung einer Abschlagszahlung oder eines Vorschusses von weniger 400 € zu veranlassen. Stattdessen hat der Kläger (…) während des klagegegenständlichen Zeitraumes sein Fahrzeug gänzlich unrepariert gelassen und den gesamten gutachterlich ermittelten Instandsetzungsaufwand zzgl. Sachverständigenkosten und Kostenpauschale in Höhe von 2.790,40 € eingefordert, ohne rechtzeitig auf die Entstehung einer hohen Nutzungsausfallschadens hingewiesen zu haben. Dies ungeachtet der Tatsache, dass schon ein Bruchteil dieses Betrages von 13 % ausgereicht hätte, um die Gebrauchstauglichkeit seines Unfallfahrzeuges vorläufig wiederherzustellen. (…)
Nach Lage der Dinge beschränkt sich der begründete Anspruch des Klägers auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens auf 32 Kalendertage, nämlich auf die Zeitspanne zwischen dem Unfalltag und dem Datum des 23. Juni 2005. Zu diesem Datum war er bereits in den Besitz des Schadensgutachtens (…) gelangt und der darin genannte Zeitraum von 4 Arbeitstagen für die vollständige Instandsetzung des Fahrzeuges war verstrichen. Auf der Grundlage des maßgeblichen Tagessatzes von 38 € und seiner Anspruchsberechtigung von 50 % ermittelt sich so die dem Kläger zustehende Nutzungsausfallentschädigung. (…)
1. Der Geschädigte hat grundsätzlich für die Dauer, in welcher er sein Fahrzeug unfallbedingt nicht nutzen kann, einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung. Anspruchsgrundlage ist insoweit § 251 Abs. 1 BGB. Der unfallbedingte Ausfall eines Kraftfahrzeuges stellt nach ständiger Rechtsprechung einen wirtschaftlichen Schaden dar, weil die ständige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges als geldwerter Vorteil anzusehen ist.
2.a) Anspruchsvoraussetzung ist, dass der Geschädigte einen Nutzungswillen und eine hypothetische Nutzungsmöglichkeit hat. Die Lebenserfahrung spricht jedoch dafür, dass der Halter und Fahrer eines privat genutzten Pkw diesen während eines unfallbedingten Ausfalls benutzt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats, so Urteil vom 22. Januar 2007, Az.: I-1 U 151/06, Verkehrsrecht aktuell 2007, 22; zuletzt Urteil vom 29. Oktober 2007, Az.: I-1 U 91/07; so auch OLG Celle VersR 1973, 717; OLG Frankfurt DAR 318; OLG Köln VRs 96, 325).
b) Entgegen dem Vorbringen der Beklagten streitet hier kein Anschein gegen einen Nutzungswillen des Klägers aufgrund der Tatsache, dass es monatelang nicht zu einer Instandsetzung des Unfallfahrzeuges gekommen ist und dieses schließlich seiner Behauptung zufolge Ende September 2005 zu dem gutachterlich angegebenen Restwert von 210,– € veräußert wurde. Denn der Kläger beruft sich darauf, ihm sei wegen seiner angespannten finanziellen Verhältnisse eine Instandsetzung des Fahrzeuges mit dem gutachterlich ermittelten Aufwand von 2.701,67 € einschließlich Mehrwertsteuer (Wiederbeschaffungswert: 2.900,– €) nicht möglich gewesen. (…)
d) Im Übrigen ist nach der Aussage der Zeugin H erwiesen, dass der Kläger während des klagegegenständlichen Zeitraumes den Nutzungswillen hinsichtlich seines unfallgeschädigten Fahrzeuges hatte. Er war auf den Pkw angewiesen, um zu seinen jeweiligen Einsatzorten auf verschiedenen auswärtigen Baustellen zu gelangen. Nach dem unfallbedingten Ausfall des Wagens hat dann die Zeugin H mit einem ihr zur Verfügung stehenden Pkw VW Golf, den sie im Übrigen selbst für ihre beruflichen Tätigkeiten benötigte, für den Kläger Fahrerdienste übernommen. (…)
4. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Kläger nach Maßgabe des § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB gehalten war, alles ihm Mögliche und Zumutbare daran zu setzen, den fraglichen Ausfallschaden gering zu halten. Dabei bestimmt sich das Maß der Anstrengungen auch nach der Höhe des drohenden Ausfallschadens (Eggert, Verkehrsrecht aktuell 2007, 196, 198).
a) Der Kläger verlangt einen Nutzungsausfallschaden für die Zeit vom 23. Mai 2005 bis zum 25. November 2005 ersetzt, der sich nach seiner Berechnung (186 Tage zu je 43,– €) auf insgesamt 7.998,– € stellt. Auf der Grundlage der durch ihn in Ansatz gebrachten Anspruchsberechtigung von 70 % liegt die Klageforderung mit 5.598,60 € um fast 100 % über dem Wiederbeschaffungswert des Pkw BMW zum Zeitpunkt des Unfalls. Allerdings ist die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung nicht durch den Wert des Fahrzeuges begrenzt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Nutzungsausfallentschädigung in einem erheblichen Missverhältnis zum Zeitwert des Fahrzeuges steht (Senat, Urteil vom 8. März 2004, Az.: I-1 U 134/03 mit Hinweis auf BGH NJW 1985, 2637, 2639). Dafür, dass die Höhe der Ausfallentschädigung letztlich den Wert des Fahrzeuges erheblich übersteigt, ist nicht der Geschädigte, sondern allein der Schädiger dann verantwortlich, wenn er es unterlassen hat, den Kläger durch eine schnellere Ersatzleistung oder durch Zahlung eines Vorschusses finanziell in die Lage zu versetzen, eine Reparatur oder eine Ersatzbeschaffung zu einem früheren Zeitpunkt vorzunehmen (BGH NJW 2005, 1044, 1045).
b) Nach dem Inhalt des durch den Kläger eingeholten Schadensgutachtens des Sachverständigen (…) ist andererseits zu berücksichtigen, dass sich die an dem Pkw BMW unfallbedingt eingetretenen Beeinträchtigungen auf Schäden an der vorderen linken Fahrzeugecke (…) beschränkten. Es waren keine Richtarbeiten erforderlich; ebenso wenig enthält die Reparaturkalkulation des Sachverständigen einen Posten für die optische Vermessung des Fahrzeuges. Zu dem Punkt „Besichtigungszustand“ ist in dem Gutachten angegeben: „beschädigt und bedingt überführungsfähig, im Sinne der StVZO jedoch nicht einsetzbar“ (…). Nicht zuletzt das Lichtbildmaterial von dem unfallgeschädigten Pkw BMW macht deutlich, dass der verkehrssichere Zustand des Fahrzeuges ohne weiteres durch den Austausch der eingedrückten vorderen linken Scheinwerfereinheit hätte wiederhergestellt werden können. Die dann noch verbliebenen Schäden wären nur noch optische Beeinträchtigungen gewesen. (…)
6. Dem Kläger war im Rahmen seiner Schadensminderungsobliegenheit die Durchführung der auf die Frontscheinwerfereinheit beschränkten provisorischen Instandsetzungsmaßnahme zuzumuten. Zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens war der Pkw BMW 16 Jahre alt und hatte eine Laufleistung von über 207.000 km. Dem Gutachten B zufolge wies das Fahrzeug Vorschäden auf, die das optische Erscheinungsbild des Fahrzeuges schon vorkollisionär beeinträchtigt hatten. Es war der Heckstoßfänger verschoben, das rechte Seitenteil wies eine leichte Eindellung auf, der Endschalldämpfer war beschädigt und der Fahrersitz verschlissen (…). Nach dem zu den Akten gelangten Lichtbildmaterial hielt sich das Ausmaß der zusätzlichen unfallbedingten optischen Fahrzeugbeeinträchtigung an der vorderen linken Fahrzeugecke in Grenzen. Bei dieser Sachlage war eine auf die Wiederherstellung der vorderen linken Scheinwerfereinheit begrenzte provisorische Reparatur eine gebotene und dem Kläger zumutbare Maßnahme zur Wiedererlangung seiner fahrzeugbezogenen Mobilität. (…)
IV. 1. Der Kläger behauptet pauschal, ihm hätten auch die finanziellen Mittel für die Durchführung einer „Notreparatur“ gefehlt (…).
a) Auch unter Berücksichtigung der (…) angespannten finanziellen Verhältnisse der damals noch zusammenlebenden Eheleute erscheint sehr zweifelhaft, dass der Kläger nicht auf irgendeine Weise den Betrag von knapp 365,– € für die erforderliche provisorische Reparatur hätte aufbringen können. Eine Instandsetzung mit Gebrauchtteilen wäre noch günstiger ausgefallen. Immerhin verfügte man in dem gemeinschaftlichen Haushalt zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens über zwei Personenkraftwagen.
b) Ein Sachverhalt, bei welchem dem Geschädigten zuzumuten ist, von einer Kreditaufnahme abzusehen, wird etwa bei kleineren Unfallschäden vorliegen, auf die sich der Eigentümer eines Kraftfahrzeuges in aller Regel von vornherein in seinen Vermögensdispositionen einstellt. Hat der Geschädigte ein Kontokorrentkonto bei einem Geldinstitut, so kann von ihm unter Umständen, jedenfalls nur in engen Grenzen, die Inanspruchnahme eines ihm hierdurch möglichen Kredits oder eines seinem Gehaltskonto eingeräumten Dispositionskredits erwartet werden (BGHZ 61, 346, 350). (…)
d) Allerdings hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass eine Pflicht des Geschädigten, zur Schadensbeseitigung in Vorlage zu treten bzw. einen Kredit aufzunehmen, allenfalls unter besonderen Umständen angenommen werden kann (Senat, Urteil vom 29. Oktober 2001, Az.: 1 U 211/00 mit Hinweis auf BGH NJW 1989, 290, 291 und weiteren Nachweisen unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung im Urteil vom 3. Februar 1997, Az.: 1 U 68/96 – OLGR Düsseldorf 1997, 107; Senat, Urteil vom 22. Januar 2007, Az.: 1 U 151/06; Senat, Urteil vom 20. August 2007, Az.: 1 U 258/06). Die Rechtsprechung bejaht eine solche Pflicht nur ausnahmsweise (BGH NJW–RR 2006, 394; BGH NJW 1989, 290, 291 mit Hinweis auf BGH VersR 1963, 1161, 1162 sowie BGH BB 1965, 926, 927). Es ist grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadensbeseitigung zu finanzieren. Der Geschädigte hat Anspruch auf sofortigen Ersatz und ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder zur Vermeidung von Folgeschäden Kredit aufzunehmen (BGH NJW-RR 2006, 394; s. aber auch BGH VersR 1974, 90, 91). In Ausnahmefällen kann es aber denkbar sein, eine Pflicht zur Vorfinanzierung der Schadensbeseitigung aus eigenen Mitteln oder gar zur Kreditaufnahme aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB anzunehmen. Die Rechtsprechung hat dies ausnahmsweise dann angenommen, wenn der Geschädigte sich ohne Schwierigkeiten Kredit beschaffen kann und durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird (zuletzt BGH NJW – RR 2006, 394; OLG Brandenburg, Urteil vom 30.08.2007, 12 U 60/07 m.w.N.).
e) Liegt aber der Aufwand für eine (provisorische) Schadensbeseitigung innerhalb des üblichen Rahmens eines Kontokorrentkredites und hält sich der Betrag – wie hier – in sehr engen Grenzen, ist durchaus eine Obliegenheit des Geschädigten in Betracht zu ziehen, im Kreditwege Fremdmittel für die Wiederherstellung des fahrbereiten Zustandes seines unfallgeschädigten Fahrzeuges in Anspruch zu nehmen.
2. a) Selbst wenn der Kläger aber noch nicht einmal die begrenzte Summe für die provisorische Instandsetzung des Pkw BMW in irgendeiner Weise hätte aufbringen können, wäre er im Rahmen seiner Schadensminderungsobliegenheit aus § 254 Abs. 2 Satz 1 1. Alternative BGB zumindest gehalten gewesen, die (Versicherung) frühzeitig im Rahmen der umfangreichen vorgerichtlichen Korrespondenz auf dieses finanzielle Unvermögen hinzuweisen. Zwar muss der Geschädigte eine eigene Kreditunwürdigkeit nicht ohne weiteres von sich aus offen legen (Senatsurteil vom 5. November 2001, Az.: 1 U 211/00). Angaben dazu können prozessual nur im Rahmen einer sekundären Darlegungslast verlangt werden (BGH NJW-RR 2006, 394). Etwas anderes gilt jedoch für den hier einschlägigen Fall, dass die Kreditunwürdigkeit so weit reicht, dass der Geschädigte noch nicht einmal in der Lage ist, einen Betrag von unter 400,00 € als Fremdmittel zu erlangen. Statt von vornherein auf seine prekäre finanzielle Situation hinzuweisen, hat der Kläger vorprozessual durchgehend den vollen fahrzeugbezogenen Schaden im Umfang von 2.790,40 € geltend gemacht, obwohl eine Anspruchsberechtigung zu 100 % (…) unrealistisch war (…).
b) Erstmals in seinem Anwaltsschreiben vom 6. September 2005 (…) hat der Kläger zu erkennen gegeben, dass er das Fahrzeug „aufgrund fehlender finanzieller Mittel bislang nicht hat reparieren lassen können”; er erhalte „ebenfalls keinen Kredit”. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch nach Maßgabe des durch den Kläger zugrunde gelegten Tagessatzes schon ein Nutzungsausfallschaden von mehr als 4.000,– € angefallen. Obwohl die (Versicherung) vorprozessual keine Abschlagszahlung oder Teilregulierung zu Gunsten des Klägers vorgenommen hat, lässt sich nicht feststellen, dass sie sich von vornherein auch einer an sie gerichteten Bitte auf Überweisung einer begrenzten Abschlagszahlung von knapp 365,– € zur Durchführung einer provisorischen Reparatur und zur Vermeidung der Entstehung eines hohen Nutzungsausfallschadens verschlossen hätte. Immerhin haben die Beklagten im Rahmen der späteren gütlichen Einigung die fahrzeugbezogenen Schäden des Klägers zu einer Quote von 70 % übernommen. (…)
3. b) Zu berücksichtigen ist, dass der Schädiger in aller Regel nicht schon von vornherein mit der Notwendigkeit einer Kreditaufnahme zu rechnen braucht (BGHZ 61, 346, 350). Erst recht brauchte im vorliegenden Fall die (Versicherung) nicht damit zu rechnen, dass der Kläger noch nicht einmal in der Lage war, den für die provisorische Instandsetzung seines Unfallfahrzeuges erforderlichen Betrag von knapp 365,– € aus eigenen Mitteln aufzubringen oder kreditiert zu erhalten. Dieser Betrag fällt in eine Größenordnung, die gewöhnlich von dem Dispositionskredit im Rahmen eines Gehaltskontos gedeckt wird (…). In Anbetracht dieser Ausgangssituation war der Kläger in Wahrnehmung seiner Schadensminderungsobliegenheit gehalten, die (Versicherung) in der vorprozessualen Korrespondenz frühzeitig auf sein finanzielles Unvermögen hinzuweisen. Der für die provisorische Instandsetzung notwendig gewesene Betrag macht nur einen Anteil von 6,5 % des noch berufungsgegenständlichen Nutzungsausfallschadens von knapp 6.600,– € aus.
c) Die Regelung des § 254 Abs. 2 BGB ist eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Erforderlich ist deshalb, dass dem Geschädigten unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles schadensmindernde Maßnahmen zumutbar sind.
aa) Einerseits ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass nach Maßgabe des § 271 Abs. 1 BGB der Gläubiger – auch derjenige einer Schadensersatzleistung – die Leistung sofort verlangen darf. Der Schädiger hat grundsätzlich auch die Nachteile zu ersetzen, die sich daraus ergeben, dass der Schaden mangels sofortiger Ersatzleistung nicht gleich beseitigt worden ist und sich dadurch vergrößert hat (Senat, Urteil vom 22. Januar 2001, Az.: I-1 U 151/06 mit Hinweis auf BGH NJW 1989, 290, 291 und weiteren Nachweisen). Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass bei der Regulierung eines Haftpflichtschadens dem Haftpflichtversicherer eine angemessene Frist zur Prüfung von Grund und Umfang seiner Eintrittspflicht zugebilligt werden muss. Die Länge dieser Frist hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (Senat, Beschluss vom 27.06.07, I-1 W 23/07, DAR 2007, 611). Von Bedeutung ist hier, dass der Kläger vorprozessual Ansprüche aus einem Unfallereignis geltend gemacht hat, bei welchem die (Fahrerin) mit der Front seines Wagens gegen das Heck des Pkw ihres Unfallgegners geprallt war. Dem äußeren Anschein nach lag also eine Auffahrkollision vor. Damit hatte die (Versicherung) als Haftpflichtversicherer im Rahmen ihrer Regulierungsüberlegungen der Frage nachzugehen, ob gegen die Fahrerin des klägerischen Pkw der Anschein schuldhafter Unfallverursachung sprach mit der möglichen Folge des Fehlens jeglicher Anspruchsberechtigung des Klägers. Zwar steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass auch (der Fahrer des anderen Pkw) im Zuge des beabsichtigten Wendemanövers fahrlässig zu der Entstehung der Kollision beigetragen hat. Der Umfang der Anspruchsberechtigung des Klägers lag vorprozessual indes nicht auf der Hand.
bb) Hinzu kommt, dass vorprozessual kein Schuldnerverzug der Beklagten im Sinne des § 286 BGB hinsichtlich der begründeten klägerischen Schadensersatzforderung eingetreten ist. Denn der Kläger hat in der Zeit nach dem Unfallgeschehen in der mit der (Versicherung) geführten Korrespondenz den gesamten fahrzeugbezogenen Schaden zur Regulierung angemeldet, obwohl er nur in Höhe von 50 % anspruchsberechtigt ist. Die Prüfung, ob eine Zuvielforderung zur Unwirksamkeit einer Mahnung führt, erfordert eine unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach Treu und Glauben vorzunehmende Würdigung, ob der Schuldner die Erklärung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger auch zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist (BGH NJW 2006, 769 mit Hinweis auf BGHZ 146, 24, 35 sowie BGH NJW 1999, 3115, 3116).
Bereits das Vorliegen der erstgenannten Voraussetzung ist fraglich. Jedenfalls lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger vorprozessual bereit gewesen wäre, eine nur quotale Regulierungsleistung der (Versicherung) bezüglich der fahrzeugbezogenen Schäden anzunehmen. Er hat diese von vornherein zu 100 % geltend gemacht und sich dabei auf den – unzutreffenden – Standpunkt gestellt, den (Fahrer des anderen Pkw) treffe das alleinige Verschulden an der Entstehung der Kollision (…).
V. 1. Verlangt – wie hier – der Geschädigte den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB fiktiv auf Basis eines Sachverständigengutachtens, das eine bestimmte Art einer ordnungsgemäßen Reparatur vorsieht, so kann er grundsätzlich nur für die erforderliche Dauer dieser Reparatur Ersatz der Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges beanspruchen (BGH NJW 2003, 3480 = NZV 2003, 569). Nichts anderes gilt für den Ersatz des hier streitgegenständlichen Nutzungsausfallschadens. In dem Gutachten des Sachverständigen (…) ist die Dauer für die Reparatur des Fahrzeuges mit 4 Arbeitstagen angegeben (…). Indes kann auch unter Berücksichtigung des Verstoßes des Klägers gegen seine Schadensminderungsobliegenheiten sein Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfallschadens nicht auf 4 Tage beschränkt bleiben. Denn zu berücksichtigen ist u.a. auch der Schadensermittlungszeitraum, der bis zur Erstellung des Sachverständigengutachtens vergeht (Senat, Urteil vom 25. April 2005, Az.: I-1 U 210/04 mit Hinweis auf Hillmann, ZfS 2001, 341, 344). Der ersatzfähige Zeitraum umfasst die Zeit für die Erstellung des Schadensgutachtens sowie eine angemessene Überlegungsfrist für die Entscheidung, ob der Schaden durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung ausgeglichen werden soll (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 25, Rdnr. 24).
2.a) Nachdem das Schadensereignis am Montag, den 23. Mai 2005 (vormittags), eingetreten war, erteilte der Kläger erst am Mittwoch, den 1. Juni 2005, (dem Gutachter) den Auftrag zur Ermittlung des Fahrzeugschadens (…). Dieser erstellte das Gutachten unter dem Datum des 15. Juni 2005, einem Mittwoch. Es ist davon auszugehen, dass das Gutachten dem Kläger dann mit Ablauf der 24. Kalenderwoche bekannt war, so dass er hypothetisch den Reparaturauftrag für den Beginn der nachfolgenden Kalenderwoche hätte erteilen können. Diese setzte mit dem Datum des 20. Juni 2005 ein. Unter Hinzurechnung der gutachterlich angegebenen 4 Arbeitstage für die Instandsetzung ergibt sich damit als Schlussdatum der 23. Juni 2005. Gerechnet vom Schadensdatum des 23. Mai 2005 an macht der Ausfallzeitraum somit im Ergebnis eine Spanne von 32 Kalendertagen aus.
b) Nach Zugang des Sachverständigengutachtens ist dem Kläger keine hypothetische Überlegungsfrist für die Wahl der konkreten Schadensbeseitigungsmaßnahme zuzubilligen. Dem steht schon die Tatsache entgegen, dass er den Auftrag zur gutachterlichen Schadensermittlung erst unter dem Datum des 1. Juni 2005 erteilt hatte, obwohl das Unfallereignis bereits 1 ½ Wochen zuvor eingetreten war. Im Allgemeinen ist diese Zeitspanne mit Blick auf § 254 Abs 2 BGB zu lang. Indes hat der Kläger zunächst – aus Gründen der Geringhaltung des Schadens – nur einen Kostenvoranschlag einholen wollen (…). Aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, kam es erst später zur Beauftragung des Sachverständigen (…).
3. Der für die Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung maßgebliche Tagessatz macht nicht den durch den Kläger verlangten Betrag von 43,– € aus, sondern ist auf 38,– € begrenzt.
a) Bei dem verunfallten Pkw handelte es sich um einen Pkw BMW 320 i Cabrio mit einer Motorleistung von 95 KW und einem Hubraum von 1.976 cm³ (…). Das nach der einschlägigen Nutzungsausfallentschädigungstabelle für das Jahr 2005 (NJW 2006, 19 ff.) diesem Pkw in der Motorisierung am nächsten kommende Fahrzeug ist ein BMW 138 Ci mit einem Hubraum von 1.995 cm³ und einer Motorleistung von 110 KW. Dieses ist mit einem Tagessatz von 50,– € ausgewiesen.
b) Da das klägerische Fahrzeug zum Unfalldatum jedoch bereits 16 Jahre alt war, ist eine um 2 Klassen niedrigere Entschädigungseinstufung vorzunehmen, so dass sich nach Maßgabe des Gruppe „D“ ein Tagessatz von 38,– € ergibt.
aa) Auch bei älteren Fahrzeugen darf aus Gründen der Praktikabilität und gleichmäßigen Handhabung typischer Fälle weiterhin mit den in der Praxis anerkannten Tabellen gearbeitet werden, selbst wenn das Fahrzeug darin nicht mehr aufgeführt ist (BGH NJW 2005, 277, 278). Der Kläger muss sich also entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht auf eine Berechnung seines Ausfallschadens anhand der Vorhaltekosten seines Fahrzeuges verweisen lassen. Dem Alter des Fahrzeuges ist durch eine Herabstufung in der für den Pkw einschlägigen tabellarischen Entschädigungsgruppe Rechnung zu tragen (BGH NJW 2005, 277; BGH NJW 2005, 1044). So hat der Bundesgerichtshof für einen 9 ½ Jahre alten Pkw die durch den Senat ausgesprochene Mindereinstufung um eine Gruppe akzeptiert (Senat, Urteil vom 8. März 2004, Az.: 1 U 134/03; BGH NJW 2005, 1044). In Bezug auf einen 16 Jahre alten Pkw hat der Bundesgerichtshof eine Herabstufung um 2 Gruppen in den Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch unbeanstandet gelassen (BGH NJW 2005, 277, 279). Nichts anderes gilt dann im vorliegenden Fall für den ebenfalls 16 Jahre alten Pkw BMW des Klägers.
bb) Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten darauf, wegen des Alters und der Vorschäden seines Pkw BMW stünden dem Kläger unter Berücksichtigung der Entscheidung BGH NJW 1988, 484 nur Vorhaltekosten zu. Der Entscheidung lag eine Fallgestaltung zugrunde, bei der neben dem Fahrzeugalter von nahezu 10 Jahren ausschlaggebend war, dass das Fahrzeug mit zahlreichen erheblichen Mängeln behaftet war, welche den Nutzungswert wesentlich beeinträchtigten. In einem solchen Zustand befand sich das klägerische Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt jedoch nicht. Die daran vorhanden gewesenen Vorschäden (verschobener Heckstoßfänger, leichte Eindellung des rechten Seitenteils, Beschädigung des Endschalldämpfers, Verschleiß des Fahrersitzes) waren wegen der Laufleistung von über 200.000 km marginale Beeinträchtigungen, welche den Nutzungswert des 16 Jahre alten Pkw BMW nicht wesentlich beeinträchtigten.
cc) Multipliziert mit der Ausfallzeit von 32 Tagen ergibt sich bei einem Tagessatz von 38,– € ein Betrag von 1.216,– €. Da die Anspruchsberechtigung des Klägers auf 50 % seiner unfallbedingten Vermögenseinbußen beschränkt ist, steht ihm im Ergebnis nur ein Ersatzbetrag von 608,– € zu. (…)
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 17.12.2007, I-1 U 110/07 (www.justiz.nrw.de)