Beim AG Bad Liebenwerda sollte über einen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid verhandelt werden. Es waren bereits zwei Verhandlungstage vorausgegangen, das Gericht hatte ein Gutachten zur Feststellung der Fahreridentität eingeholt, zum Termin war der Sachverständige geladen. Die Sache wurde mit halbstündiger Verspätung aufgerufen, zu diesem Zeitpunkt waren der Betroffene und sein Verteidiger, die zunächst vor dem Sitzungssaal gewartet hatten, allerdings nicht mehr zugegen.
Hiergegen beantragte der Betroffene durch seinen Verteidiger die Zulassung der Rechtsbeschwerde, legte zugleich Rechtsbeschwerde ein und beantragte weiterhin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Diesen Antrag verwarf das Amtsgericht. Mit einer Verzögerung des Beginns der Verhandlung müsse man rechnen. Der Betroffene hätte sich ebenso wie sein Verteidiger im Verhandlungssaal melden und auf evtl. andere Termine hinweisen können. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wies das LG Cottbus zurück.
Aus den Gründen:
(…) Der Betroffene hat den Hauptverhandlungstermin aus eigenem Verschulden nicht wahrgenommen, weshalb ihm ein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 44 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG nicht zur Seite steht. Er hätte zu Beginn der Verhandlung, die mit dem Aufruf um 11.00 Uhr einsetzte (§ 243 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) präsent sein müssen. Die Verzögerung des Beginns der Hauptverhandlung um eine halbe Stunde rechtfertigte ein Verlassen des Gerichts und damit ein Fernbleiben von der Hauptverhandlung nicht.
Dem Betroffenen war es, weil er grundsätzlich wie jeder sonstige Verfahrensbeteiligte an Terminstagen mit Verzögerungen rechnen muss, zumutbar, auf den Aufruf um 11.00 Uhr zu warten. Nichts anderes kann einer Person beispielsweise auch bei einem Arztbesuch widerfahren. Einen Rechtssatz dahin, dass ein Betroffener bzw. ein (anwaltlicher) Verteidiger, wie dieser rechtsirrig meint, bereits nach einer viertel Stunde seine Präsens beenden könne, gibt es nicht. Gewichtige Gründe, die es ihm unzumutbar gemacht hätten, auch über die viertelstündige Wartezeit hinaus auf den Aufruf zu warten, hat er nicht vorgetragen. Soweit der Verteidiger auf einen anderen Termin in Leipzig hingewiesen hatte, ist dieser Vortrag weder substantiiert noch glaubhaft gemacht worden und bleibt schon deshalb unbeachtlich.
Von einer Prozesspartei ist im Übrigen aber die für einen jeden Verfahrensbeteiligten naheliegende Überlegung zu erwarten, den Sitzungssaal zu betreten, um den Richter ggf. unter Hinweis auf besondere Umstände über die Fortdauer der Verzögerung zu befragen und auf Umstände hinzuweisen, die ihm – dem Betroffenen bzw. dem Verteidiger – aus seiner Sicht ein weiteres Abwarten unzumutbar machen würde. Immerhin hätte die Amtsrichterin vorliegend in Würdigung dieser Umstände die andere Sache möglicherweise unterbrechen können oder jedenfalls Aufschluss über die weitere, vielleicht nur noch kurze Wartezeit (hier bis 11.00 Uhr) geben können. Wer jedoch eine solch naheliegende Verhaltensweise unterlässt, obschon sie ohne Weiteres möglich war, verhält sich schuldhaft, wenn er vorzeitig geht, obschon ihm ein weiteres Zuwarten – wie hier bis 11.00 Uhr – möglich gewesen wäre. (…)
LG Cottbus Beschluss vom 14.05.2009, Az: 24 Qs 70/09
Vorinstanz: AG Bad Liebenwerda, Beschluss vom 15.04.2009, Az.: 40 OWi 126/07