Der Beschwerdeführer befindet sich wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft. Auf Antrag der Justizvollzugsanstalt genehmigte das Amtsgericht die Anordnung der Abgabe einer Urinprobe durch den Beschwerdeführer. Als der Beschwerdeführer, dem zu diesem Zeitpunkt der Beschluss des Amtsgerichts noch nicht bekanntgegeben worden war, zur Abgabe einer Urinprobe aufgefordert wurde, verweigerte er diese unter Hinweis auf das Fehlen einer richterlichen Anordnung. Daraufhin wurden gegen den Beschwerdeführer Disziplinarmaßnahmen in Form einer Einkaufssperre und eines Arrestes verhängt. Seine Verfassungsbeschwerde richtete sich sowohl gegen die Anordnung der Urinprobe als auch gegen die Anordnung der Disziplinarmaßnahmen. Sie war nur teilweise erfolgreich.
Jedoch verletzte die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen den Beschwerdeführer in seinen verfassungsmäßigen Rechten. Zwar begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, die Weigerung eines Untersuchungsgefangenen, der Anordnung zur Abgabe einer Urinprobe zu folgen, disziplinarisch zu ahnden. Zum Zeitpunkt der Vorführungsanordnung hatte der Gefangene aber keine Veranlassung, vom Bestehen einer entsprechenden Verhaltenspflicht auszugehen. Zwar lag die erforderliche richterliche Anordnung vor. Sie war jedoch weder dem Beschwerdeführer noch seinem Bevollmächtigten in der gebotenen Weise bekanntgegeben worden. Von einer schuldhaften Verletzung der vollzuglichen Gehorsamspflicht konnte daher keine Rede sein.
BVerfG, Beschluss vom 6. November 2007 – 2 BvR 1136/07