Verfahrenseinstellung im Prozess um Tod von Oury Jalloh?


„Ich habe keinen Bock mehr zu diesem Scheiß mehr was zu sagen.“, soll das resignierende Resümee des Vorsitzenden Richters am Ende des ersten Prozesses um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Arrestzelle gelautet haben. Der aus Sierra Leone stammende Jalloh war am 7. Januar 2005 in einer Zelle verbrannt.  An Armen und Beinen gefesselt, soll er den Brand der Matratze auf der er lag, mit einem Feuerzeug selbst ausgelöst haben.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten, der als Dienstgruppenleiter die Verantwortung für den Gewahrsamsbereich getragen hat, vor, er habe es unterlassen, sofort nach dem Ertönen eines Alarmsignals des Rauchmelders Rettungsmaßnahmen einzuleiten. Das Landgericht Dessau-Roßlau hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen von dem Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge im Amt freigesprochen. Es sei weder erwiesen, dass der Angeklagte Körperverletzungsvorsatz gehabt habe, noch sei nachweisbar, dass der Angeklagte durch ein sofortiges Eingreifen den Tod Oury Jallohs hätte vermeiden können.

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger hob der Bundesgerichtshof  am 7. Januar 2010 – 4 StR 413/09 – das Urteil des Landgerichts auf: Nach den Urteilsausführungen war nicht nachvollziehbar, wie sich der Brand der Matratze im Einzelnen entwickelt haben soll. Auch hätte der Angeklagte möglicherweise den Todeserfolg verhindern können, wenn er sofort nach dem Alarm die erforderlichen Rettungsmaßnahmen eingeleitet hätte. Die Sache wurde an das Landgericht Magdeburg zurückverwiesen.

Nach mehr als einjähriger Verhandlung beim Landgericht Magdeburg habe die Vorsitzende Richterin nun überraschend angeregt, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Gründe hierfür seien der Stand der Beweisaufnahme und die lange Verfahrensdauer, die Einholung eines weiteren Brandgutachtens war zuvor bereits abgelehnt worden. Einer solchen Verfahrensweise müssten Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte zustimmen, die Nebenklage hat kein Mitspracherecht. Diese stellte darum einen Befangenheitsantrag, über den jetzt noch entschieden werden muss. Wird dem Antrag stattgegeben, muss neu verhandelt werden. Es darf angesichts des Verlaufs des ersten Prozesses und dem Aussageverhalten der Polizei allerdings daran gezweifelt werden, dass in diesem Verfahren nur ansatzweise der Tod von Jalloh aufgeklärt werden kann. Es ist schwer nachvollziehbar, wenn ein rechtstaatlicher Strafprozess derartig an seine Grenzen geführt wird, aber Wahrheitsfindung um jeden Preis wird es nicht geben.

Nachtrag 08.03.12: Wie der MDR berichtet, wird die Staatsanwaltschaft einer Verfahrenseinstellung nicht zustimmen. Über den von der Nebenklage gestellten Befangenheitsantrag soll voraussichtlich am 13.03.2012 entschieden werden.

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