BGH – Unzulässige Einschränkung einer Garantievereinbarung für Gebrauchtwagen


Der Kläger erwarb von einer Autohändlerin einen zehn Jahre alten Pkw Mercedes Benz C 280 mit einer Fahrleistung von 88.384 km. Die Verkäuferin gewährte dabei auf bestimmte Bauteile eine Garantie, der die Beklagte beitrat. Die Garantiebedingungen erlegen dem Käufer/Garantienehmer umfangreiche „Pflichten“ auf:

Unter anderem muss er die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs- oder Pflegearbeiten beim Verkäufer/Garantiegeber durchführen; sofern dies z.B. aus Entfernungsgründen nicht zumutbar ist, hat er vor der Beauftragung einer anderen Werkstatt eine entsprechende „Freigabe“ des Verkäufers/Garantiegebers einzuholen. Nach § 6 der Garantiebedingungen hat der Käufer eine Reparaturrechnung vorzulegen, aus der die ausgeführten Arbeiten, die Ersatzteilpreise und die Lohnkosten mit Arbeitszeitwerten im Einzelnen ersichtlich sind.

Der Kläger ließ im Dezember 2006 die 100.000-km-Inspektion von einer anderen Reparaturwerkstatt durchführen. Dabei wurde ein Motorschaden festgestellt. Der Kläger hat auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags von der Beklagten die Zahlung von 1.077,55 € verlangt. Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei von ihrer Leistungspflicht befreit, weil die 90.000 km-Inspektion nicht durchgeführt worden sei. Außerdem entstünden Ansprüche aus der Garantie erst mit der Durchführung der Reparatur und Vorlage der Reparaturrechnung.

Mit der Klage hat der Kläger die Zahlung des geltend gemachten Betrages nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 1.000 € – des Höchstbetrags der Garantie für Fahrzeuge dieses Alters – nebst Zinsen stattgegeben. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Beklagte aus der übernommenen Garantie haftet. Die Beklagte ist nicht deswegen von ihrer Zahlungspflicht befreit, weil der Kläger die vom Hersteller vorgesehene 90.000-km-Inspektion nicht hat durchführen lassen; denn die von der Beklagten verwendete Inspektionsklausel ist wegen unangemessener Benachteiligung der Garantienehmer gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Dem Käufer/Garantienehmer ist es in vielen Fällen nicht zumutbar, das gekaufte Fahrzeug in der Werkstatt des Verkäufers warten zu lassen. Dem trägt die Klausel nicht angemessen Rechnung, weil sie dem Käufer insoweit lediglich die Möglichkeit einräumt, die Inspektion nach vorheriger Genehmigung („Freigabe“) des Verkäufers in einer anderen Werkstatt durchführen zu lassen, ohne dass hierfür ein Bedürfnis auf Seiten des Verkäufers/Garantiegebers ersichtlich ist.

Gleichfalls nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist § 6 der Garantiebedingungen in der von der Beklagten bevorzugten – kundenfeindlichsten – Auslegung, dass der Verkäufer/Garantiegeber zu Leistungen aus der Garantie erst nach Vorlage der Reparaturrechnung verpflichtet ist. Durch eine in diesem Sinne verstandene Klausel würde der Käufer/Garantienehmer in mehrfacher Hinsicht unangemessen benachteiligt. Zum einen müsste er die Reparatur vorfinanzieren und könnte deshalb, soweit er dazu nicht in der Lage ist, von der Beklagten überhaupt keinen Ersatz erlangen. Ferner müsste der Käufer/Garantienehmer, um die Garantieleistung zu erhalten, unter Umständen eine Reparatur durchführen, die unwirtschaftlich ist, weil die Reparaturkosten den Höchstbetrag der Kostenerstattung gemäß § 5 der Garantiebedingungen (hier: 1.000 €) oder sogar den Wert des Fahrzeugs deutlich übersteigen. Die in den Garantiebedingungen versprochene Funktionsgarantie für bestimmte Fahrzeugteile würde damit für den Käufer unter Umständen weitgehend wertlos.

BGH, Urteil vom 14. Oktober 2009 – VIII ZR 354/08
Vorinstanzen: AG Hannover – Urteil vom 17. Oktober 2007 – 533 C 4591/07 ./. LG Hannover – Urteil vom 2. Mai 2008 – 13 S 85/07

Quelle: Pressemitteilung Nr. 213/2009 vom 14. Oktober 2009

Praxisrelevanz:

Die Fälle, in denen Leistungen aus sog. Garantieverträgen nicht gewährt werden, füllen komplette Internetforen und waren schon mehrfach Gegenstand von BGH-Entscheidungen.

In seiner Entscheidung vom 29. Januar 2003 – VIII ZR 300/02 – musste sich der BGH mit der Frage beschäftigen, wer eigentlich der Garantiegeber bei einem Garantievertrag ist, den der Käufer eines Kraftfahrzeugs als Garantienehmer anlässlich des Kaufs abschließt. Die Garantiebedingungen in dem Fall waren sehr undurchsichtig und der Kläger hatte die Versicherung und nicht den Fahrzeughändler verklagt. Die Versicherung war der Meinung nicht sie, sondern der Händler sei Garantiegeber und damit zur Leistung verpflichtet. Der BGH folgte dieser Ansicht und stellte klar, dass man den Garantievertrag schon genau lesen muss, um nicht wie hier den falschen als vermeintlichen Vertragspartner zu verklagen.

Im Anschluss an seine Entscheidung vom 24. April 1991 – VIII ZR 180/90 – (in NJW-RR 1991, 1013) stellte der BGH dann mit Urteil vom 17. Oktober 2007 – VIII ZR 251/06 – fest, dass eine Klausel in einem Gebrauchtwagengarantievertrag wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden unwirksam ist, wonach der Garantiegeber nicht leisten müsse, wenn der Kunde die vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegearbeiten nicht durchführen lässt, unabhängig von der Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden.

Dies gilt allerdings nur für Gebrauchtwagen. Gewährt ein Fahrzeughersteller Neuwagenkäufern zusätzlich zu den gesetzlichen Gewährleistungsrechten formularmäßig eine Garantie für die Haltbarkeit des Fahrzeugs (z. B. Durchrostungsgarantie), wird der Kunde nicht unangemessen benachteiligt, wenn der Hersteller die Leistungen aus der Garantie zum Zweck der Kundenbindung von der regelmäßigen Wartung des Fahrzeugs in seinen Vertragswerkstätten abhängig macht. Eine solche Klausel ist nach Ansicht des BGH (Urteil vom 12. Dezember 2007 – VIII ZR 187/06) wirksam.

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