Gegen den Mandanten unseres Kooperationspartners und dessen Ehefrau war Anklage wegen des Verdachts des Betruges erhoben worden. Beide, die Ehefrau als GmbH-Geschäftsführerin und ihr Mann als für den Einkauf Verantwortlicher, sollen bei einem Großhandelsunternehmen Waren bestellt haben, in der Absicht, diese nicht zu bezahlen.
Es trug sich also zu, dass die GmbH unserer Mandanten und der Großhändler seit Jahren in Geschäftsbeziehungen standen und monatliche Umsätze im sechsstelligen Bereich tätigten. Irgendwann bekamen unsere Mandanten durch Zufall Wind davon, dass die Produzenten ständig Rabattaktionen für ihre Waren veranstalteten, die der Großhändler an die Nachabnehmer weitergeben sollte, so dass letztlich am Ende der Kette den Endverbrauchern günstigere Preise angeboten werden konnten. Alle bekamen diese Rabatte weitergereicht, nur unsere Mandanten nicht, obwohl sie zu den Top 10 der Abnehmer gehörten. Bei einer Messe auf die Problematik angesprochen, wimmelte der Prokurist des Großhändlers erst einmal ab. Darüber könne man später mal in Ruhe reden. Tat man aber nicht.
So schritt unsere Mandantschaft zur Tat und rechnete sich aus, wie viel Preisnachlass in den vergangenen Jahren durch die nicht weitergereichten Rabatte verloren gegangen war. Mit der errechneten Summe erklärte man sodann die Aufrechnung mit bereits gelieferten, aber noch nicht bezahlten Waren. Der Großhändler ließ sich nicht lumpen und beantragte Mahnbescheid, gegen den Widerspruch eingelegt wurde. Nach Eingang der Anspruchsbegründung folgte der vermeintlich siegessichere Gang zum Anwalt, der aber mitteilen musste, dass eine Aufrechnung wegen entgegenstehender AGB nicht möglich und eine Widerklage ein sehr, sehr steiniger Weg sei. Man entscheid sich schweren Herzens ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen, was dann – eine Ratenzahlung wurde natürlich nicht gewährt – im ersten Zugriff vom Großhändler auch erfolgreich vollstreckt werden konnte.
Unabhängig von der zivilrechtlichen Schiene vertrat man dort zudem die landläufige Meinung, so etwas wäre ein Betrug und ließ Strafanzeige erstatten. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt Oder nahm dann auch begierig die Ermittlungen auf und besorgte sich Kontounterlagen unserer Mandantschaft. Aus diesen ergab sich, dass die GmbH keinen Kreditrahmen hatte. Alle Buchungen liefen im Lastschriftverfahren, wobei Überziehungen in nicht unerheblichen Größenordnungen durch die Bank nach vorheriger telefonischer Absprache geduldet waren. Falls eine telefonische Absprache nicht klappte, platzte auch mal eine Lastschrift, diese wurde aber dann innerhalb der nächsten Tage sogleich ausgeglichen. Diese im normalen Wirtschaftsverkehr gängige Praxis stellte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft den Betrug dar. Schließlich wurden Waren bestellt, ohne dass man wusste, ob man diese überhaupt würde bezahlen können. Dummerweise war auch noch eine der ersten Lastschriften des Großhändlers geplatzt, die wurde natürlich danach nicht bezahlt, man hatte schließlich aufgerechnet. Wo jetzt aber nach vollständiger Zahlung der Schaden war und dass Rechnungen anderer Lieferanten vollständig bezahlt waren und darüber hinaus sich die GmbH unserer Mandanten bester Verfassung erfreute und nach wie vor am Wirtschaftsleben teilnimmt, spielte keine Rolle. Sowas gehört angeklagt.
Vom AG Eisenhüttenstadt hatte man ja einiges gehört, umso erfreulicher war die Verhandlung. Der Richter führte souverän, die Staatsanwaltschaft vertreten durch den Anklageverfasser stellte sich bockig. Nach insgesamt vier Verhandlungstagen, die auf Grund von scheibchenweise gestellten Beweisanträgen des Staatsanwaltes erforderlich waren, wurden unsere Mandanten erwartungsgemäß freigesprochen. Eine Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Bestellungen war nicht nachweisbar.
Ende der Fahnenstange? Nicht bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt Oder. Dort legte man Berufung ein und begründete diese mit sinnfreien Ausführungen. Neben der Zahlungsunfähigkeit käme ja noch Zahlungsunwilligkeit in Betracht. Man könne sich ja nicht einfach Waren liefern lassen, wenn man von vornherein vor hatte, mit vermeintlichen Gegenforderungen aufzurechnen. Völliger Unfug. Eine Aufrechnung muss zuvor nicht offenbart werden, sie muss dem anderen Teil gegenüber lediglich erklärt werden und zwar nachdem von dort eine Leistung bewirkt wurde. Wenn eine Verpflichtung bestehen würde, vorher darauf hinzuweisen, dass man mit eigenen Forderungen aufrechnet, könnte man die §§ 387 f. BGB ersatzlos streichen. Dass die Aufrechnung hier nicht funktioniert hatte, stand auf einem völlig anderen Blatt.
Die Berufungshauptverhandlung sollte zu einem denkwürdigen Ereignis werden, woran der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft – immerhin ein Oberstaatsanwalt – den weitaus größten Anteil hatte. Von den eigentlich geladenen 3 Zeugen war nur einer erschienen – der Prokurist. Der Chef des Großhandelsunternehmens, der bereits in erster Instanz nur widerwillig erschienen war, glänzte erneut durch Abwesenheit. Der die GmbH unserer Mandanten betreuende Bankmitarbeiter war im Krankenhaus. Trotzdem sollte die Vernehmung dieses einen Zeugen sich knapp zwei Stunden hinziehen. Davon gingen gut 1 ½ Stunden an den Sitzungsvertreter und dessen Suggestivfragetechnik, die mehrfach von der Verteidigung gerügt wurde. Wenn die Staatsanwaltschaft dem Gericht dann noch mit einem Befangenheitsantrag droht, ist Stimmung im Saal. Schlussendlich war der Herr Oberstaatsanwalt so genervt, dass er sich zu beleidigenden Äußerungen in Bezug auf unsere Mandanten hinreißen ließ, welche die Verteidigung dann protokolliert haben wollte. Hätte er die Bemerkung sogleich zurückgenommen – Schwamm drüber. Aber er stellte die Bemerkung in Abrede und setzte noch eine oben drauf. Selbst einer der Schöffen bemerkte spitz, er hätte es genau so gehört. Also musste das Gericht zum wiederholten Male ins Beratungszimmer und beschloss die wortgetreue Protokollierung. Danach hatte der Herr Oberstaatsanwalt keine Lust mehr zu fragen.
Wegen des erkrankten Bankmitarbeiters wurde ein Fortsetzungstermin abgestimmt, zu dem die Vorsitzende ausdrücklich den Anklageverfasser als Sitzungsvertreter sehen wollte, um ihm einige Unstimmigkeiten der Anklage zu erörtern. Der hatte anscheinend nicht den A…. in der Hose, sich eine Klatsche zu holen und zog vor dem Fortsetzungstermin die „Notbremse“. Einstellung nach § 154 StPO wegen eines bereits rechtskräftigen Strafbefehls von Anno Zopf. Uns sollte es egal sein, unsere Mandanten sind diese irre Verfahren los und der Einstellungsbeschluss des Gerichts traf eine Kostenentscheidung zu Lasten der Landeskasse. Was will man mehr. Die Welt beim Amtsgericht Eisenhüttenstadt und beim Landgericht Frankfurt Oder ist eben doch noch in Ordnung.