Wann liegt eine Trunkenheitsfahrt vor und wie verhält man sich bei einer Kontrolle?


(c) tommyS / Pixelio

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Trotz zunehmender Kontrolldichte wird letztendlich nur ein Bruchteil der Fahrten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss tatsächlich auch entdeckt. Wenn aber nach feucht-fröhlicher Feier plötzlich die Kelle winkt und die netten Beamten bei einer allgemeine Verkehrskontrolle plötzlich Verdacht schöpfen und den Vorwurf einer Trunkenheitsfahrt eröffnen, dann kommt es zum bösen Erwachen. Auf den Kater folgt der Katzenjammer, den die Folgen dieser einen Fahrt können immens sein.

Es kommen Straftatbestände oder Ordnungswidrigkeiten in Betracht, je nachdem, wie hoch der Grad der Alkoholisierung oder der rauschmittelbedingten Beeinflussung ist und ob die Fahrweise auffällig war oder gar ein Unfall passiert ist.

Straftatbestände der Trunkenheit im Verkehr und Gefährdung des Straßenverkehrs

Nach § 316 StGB – Trunkenheit im Verkehr – macht sich strafbar, wer vorsätzlich oder fahrlässig im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge zuvor konsumierten Alkohols oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Die Strafvorschrift sieht Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor, wenn nicht § 315c StGB einschlägig ist. Nach § 315c StGB – Gefährdung des Straßenverkehrs – macht sich strafbar, wer vorsätzlich oder fahrlässig im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge konsumierter alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen und dadurch vorsätzlich Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. Es drohen dann Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Auch der Versuch ist strafbar. Wird die Gefahr fahrlässig verursacht, droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre oder Geldstrafe.

Die Strafvorschriften knüpfen immer an das sichere Führen eines Fahrzeuges, die so genannte Fahrtüchtigkeit an, die abhängig vom Grad der Alkoholisierung relativ oder absolut beeinträchtigt sein kann. Im Gegensatz zum § 316 StGB, einem abstrakten Gefährdungsdelikt (betrunken fahren ist generell gefährlich) erfordert der in seiner Strafandrohung schärfere § 315a StGB darüber hinaus eine konkrete Gefahr.

Fahrtauglichkeit und Grenzwerte

Ab einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,3 ‰ bis 1,1 ‰ gilt man im Sinne des § 316 StGB als „relativ fahruntüchtig“, wenn zusätzlich sogenannte alkoholbedingte „Ausfallerscheinungen“ vorliegen (z.B. auffällige Fahrweise, Schwanken, sonstiges Verhalten, das alkoholbedingte Enthemmung und Kritiklosigkeit erkennen lässt). Ab einer BAK von 1,1 ‰ gilt man nach der Rechtsprechung unwiderlegbar als „absolut fahruntüchtig“, auf Ausfallerscheinungen kommt es dann nicht mehr an (Fahrradfahrer gelten ab 1,6 ‰ als absolut fahruntüchtig). Bei einer BAK von 2,0 ‰ wird zu prüfen sein, ob nicht eine verminderte Schuldfähigkeit vorliegt. Ab 3,0 ‰ ist in der Regel die Schuldunfähigkeit anzunehmen, was aber auch eine Verurteilung wegen einer Straftat, nämlich wegen Vollrauschs zur Folge haben kann (§ 323a StBG).

Während die BAK-Werte als gesichert und in der Rechtsprechung anerkannt anzusehen sind, fehlt es an einer dementsprechend sicheren Grenzziehung bei berauschenden Mitteln, ab denen von einer Fahruntauglichkeit ausgegangen werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 03.11.1998, 4 StR 395/98, BGHSt 44, 219-228, in Bezug auf Heroin und Kokain). Das liegt daran, dass die verschiedenen Betäubungsmittel auf das physische oder psychische Leistungsvermögen unterschiedlich wirken und der Abbau nicht wie bei Alkohol geradlinig, sondern exponentiell in Halbwertzeiten verläuft. Absolute Fahruntüchtigkeit wird derzeit mangels eines festen Grenzwertes nicht anzunehmen sein. Allenfalls wird der Nachweis einer relativen Fahruntüchtigkeit möglich sein, wenn entsprechende rauschmittelbedingte Ausfallerscheinungen vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 03.11.1998, 4 StR 395/98; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.01.2004, 1 Ss 242/03, VRS 106, 288 = DAR 2004, 409 jeweils m.w.N.). Mit dem sog. „Cannabis-Influence-Factor“ (CIF), u.a. von Daldrup und Meininger (in: Berghaus/Krüger, Cannabis im Straßenverkehr, 1998, S. 181 ff.) für den Bereich des Strafrechts entwickelt, der nach der Formel (THC (ng/ml) + THC-OH (ng/ml) / THC-COOH (ng/ml)) x 100 berechnet wird, sei der Nachweis „absoluter“ Fahruntüchtigkeit infolge des Konsums von Cannabis bei einem Wert von 10 oder mehr gegeben (vgl. Drasch/von Meyer/Roeder/Jägerhuber, BA 2003, 269; AG Moers, Urteil vom 10.07.2003, 606 OWi 804 Js 270/03 (220/03), BA 2004, 276 ff.). Seltsamerweise sind die Obergerichte hier bei der Annahme einer Strafbarkeit aber zurückhaltend, so dass es zumeist „nur“ bei einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG verbleibt.

Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG

Liegt bei einer BAK ab 0,5 ‰ bis 1,1 ‰ keine Ausfallerscheinung und damit auch keine Strafbarkeit nach § 316 StGB vor, wird die Fahrt als Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG verfolgt. Danach handelt zum einen ordnungswidrig, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft (AAK) oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut (BAK) oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt. Zum anderen handelt auch ordnungswidrig, wer unter der Wirkung eines berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine Substanz des berauschenden Mittels im Blut nachgewiesen wird. Die Ordnungswidrigkeit kann vorsätzlich oder fahrlässig verwirklicht sein und wird mit erheblichen Geldbußen und Fahrverbot geahndet.

Grenzwerte bei berauschenden Mitteln

Während eine Alkoholfahrt unterhalb einer BAK von 0,5 ‰ ohne Vorliegen von Ausfallerscheinungen weder als Straftat, noch als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann, geht der § 24a StVG bei berauschenden Mitteln seinem Wortlaut nach von einer „Null – Toleranz – Schwelle“ aus. Die Wirkung eines berauschenden Mittels liegt bereits dann vor, wenn die entsprechende Substanz im Blut nachgewiesen wird. Dass nach dem Wortlaut auch geringste Konzentrationen, die aufgrund verbesserter Messmethoden immer genauer festgestellt werden können, den Schluss zuließen, sie übten noch eine Wirkung bei dem betroffenen Kraftfahrer aus, hielt dann der verfassungsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Vom blutanalytischen Wirkstoffnachweis sollen daher nur solche Konzentrationen erfasst werden, die deutlich oberhalb des Nullwertes liegen (BVerfG NZV 2005, 270; BayObLG NZV 2003, 252; OLG Hamm NJW 2005, 3298; OLG Zweibrücken BA 2006, 235; OLG Köln BA 2006, 236; OLG München BA 2006, 239; Janiszewski/Jagow/Burmann/Jagow, Straßenverkehrsrecht, 19. Auflage, § 24 a Rn. 5 a; Hentschel NJW 2005, 641).

Diese Voraussetzung erfüllen die analytischen Grenzwerte, die von der beim Bundesministerium für Verkehr angesiedelten „Grenzwertkommission“ festgelegt wurden:

* Cannabis: 1 ng/ml
* Morphin: 10 ng/ml
* Kokain: 10 ng/ml oder 75 ng/ml BZE im Blutserum
* Amphetamin: 25 ng/ml und
* MDE und MDMA: 25 ng/ml.

(veröffentlicht u.a. in BA 2005, 160 und bestätigt durch den Beschluss der Kommission vom 24.10.2005 vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG NZV 2005, 270 – vgl. Eisenmenger NZV 2006, 24 ff).

Es handelt sich hierbei nicht um Gefahrengrenzwerte oder feststehende Werte, ab denen die Leistungsfähigkeit gemindert ist, sondern um vom wissenschaftlichen Fortschritt abhängige, pharmakodynamische und rein analytische Grenzwerte. Damit ist die z.B. für den Wirkstoff THC im Blut eines Betroffenen festgelegte 1 ng/ml – Grenze in Beachtung verfassungsgerichtlicher Rechtssprechung lediglich als Entscheidungsgrenze („cut-off“) anzusehen, die den sicheren Nachweis belegt, der Betreffende stehe noch unter der Einwirkung zuvor genossenen Cannabis. Ein Zuschlag für „Messunsicherheiten“ ist dabei nicht erforderlich (vgl. hierzu Eisenmenger NZV 2006, 24 ff).

Verhalten während der Polizeikontrolle – Einfach mal die Klappe halten!

Um überhaupt eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgen zu können, ist der Nachweis einer Alkoholisierung, idealerweise der BAK oder einer Wirkstoffkonzentration zur Tatzeit erforderlich, was in der Regel die Entnahme einer Blutprobe voraussetzt, womit der Bogen zum eigentlichen Thema geschlagen ist.

Nachdem man angehalten wurde, sollte man die Eingangsfrage der Polizei, ob man denn Alkohol konsumiert hat entweder klar verneinen, sofern man wirklich nichts getrunken hat, oder aber, wenn man was getrunken hat, dazu überhaupt keine Angaben machen. Dann muss sich ein möglicher Anfangsverdacht für die Polizei aus anderen Umständen ergeben. Die Antwort, „nur ein kleines Bier zum Essen“, ist die denkbar schädlichste Einlassung, da damit feststeht, dass Alkohol konsumiert wurde und ein Anfangsverdacht gegeben ist.

Nach dem Grundsatz, dass niemand gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten, muss man das „Angebot“ der Polizei, doch mal in das „Röhrchen zu pusten“, auch nicht annehmen. Zwar kann der durch den Vortest gemessene Atemalkoholwert zur Berechnung einer Blutalkoholkonzentration nicht verwendet werden, als Indiz für den Grad der Alkoholisierung könnte er aber herangezogen werden. Ebenso sind fragwürdige Tests (Finger-Nase-Test etc.) höflich aber bestimmt abzulehnen. Nach dem Selbstbelastungsverbot, sind alle Maßnahmen, die eine aktive Mitwirkung voraussetzen, freiwillig.

Aggressivität, Gereiztheit, ebenso depressive Stimmung, Nervosität, Zittern, langsame Reaktionen und weitere Auffälligkeiten sollten vermieden werden, auch das vom kontrollierenden Beamten gezielt gesuchte Gespräch, der damit natürlich eine eventuell alkohol- und/oder drogenbedingte Konzentrationsschwäche festzustellen versucht. Die Kommunikation mit der Polizei sollte auf das Nötigste (Personalien) und die Übergabe der Papiere bzw. Durchführung der allgemeinen Verkehrskontrolle beschränkt werden. Eine Fahrzeugüberprüfung (Licht, Reifen, Verbandskasten) muss man über sich ergehen lassen, dabei kann natürlich ein schwankender Gang, Alkoholgeruch oder eine Beeinflussung durch Rauschmittel auffallen. Eine verlangsamte Pupillenadaption sowie eine Blendanfälligkeit und Weitung der Pupillen (bei THC), feststellbar durch ein plötzliches Anblenden mit einer Taschenlampe, oder eine (gern behauptete) Augenrötung lässt sich nicht verhindern. Das sichtbare Platzieren von „Rauchutensilien“ wie z.B. OCB-Blättchen im Fahrzeug, wäre in diesem Zusammenhang natürlich fatal. Ein Urintest kann, da auch hierfür aktive Mitwirkung erforderlich ist, verweigert werden. Ebenso ein Drogenwischtest (z.B. Drugwipe), der nach Ansicht von Rechtsmedizinern ohnehin fehlerbehaftet und untauglich ist.

Nach lange unbeanstandeter Praxis folgte bei Verweigerung des „Pustens“ oder der anderen Tests natürlich danach die Anordnung einer Blutentnahme durch die Polizei. Nachdem der Richtervorbehalt im § 81a StPO wieder in den Fokus gerückt war, stellt sich dies nunmehr für die Polizei schwieriger dar. Sie muss zunächst versuchen, über die Staatsanwaltschaft eine richterliche Anordnung zu erwirken, bei Gefahr im Verzug darf allerdings auch die Staatsanwaltschaft und nachrangig auch die Polizei eine solche Anordnung treffen. Der Begriff der Gefahr im Verzug ist eng auszulegen, mögliche Ungenauigkeiten bei späterer Blutentnahme, die zu Gunsten des Beschuldigten wirken können, sind hinzunehmen.

Man sollte sich als Beschuldigter also in Geduld üben und sachlich, aber bestimmt eine Mitwirkung verweigern. Die Zeit läuft für einen. Keinesfalls sollte man sich vom Ort des Geschehens entfernen, sondern schön brav abwarten was passiert. Auf den Richtervorbehalt hinzuweisen, könnte einen Zeitgewinn bringen, andererseits bringt man die Beamten damit auch erst auf die richtige Fährte. Sollte die Polizei in angenommener Eilkompetenz nun selbst die Entnahme anordnen, bieten sich spätere Ansätze für die Verteidigung.

Wichtig ist, man kann es nicht oft genug erwähnen, keine Angaben zur Sache zu machen. Spontanangaben zu gelegentlichem Cannabiskonsum sind in einem späteren verwaltungsrechtlichen Verfahren zur Feststellung der Fahreignung auch ohne zuvor erfolgte Belehrung durch die Polizei verwertbar. Erst Recht nach einer Belehrung gilt es das Schweigerecht zu beanspruchen. Als Beschuldigter muss man nichts sagen, auch nicht dem Arzt, der die Blutentnahme durchführt und einen umfangreichen Fragebogen mit vielen Kreuzchen auszufüllen hat, weder zur Menge getrunkenen Alkohols, noch wann man begonnen und wann man aufgehört hat zu trinken, wann man den letzten Joint geraucht oder die letzte Line gezogen hat. Man muss auch nichts unterschreiben. Alles was gesagt wird, steht später unauslöschlich in der Ermittlungsakte.

Bei Einwilligung fließt Blut

Auf die Einholung einer richterlichen Anordnung kann grundsätzlich in den Fällen verzichtet werden, in denen der Beschuldigte nach entsprechender Belehrung u.a. über sein Weigerungsrecht in die Blutentnahme eingewilligt hat (OLG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2008, AZ: 2 – 81/07, NZV 2008, 362). Auch über das Vorliegen möglicher Gefahr im Verzug muss sich die Polizei dann keine Gedanken mehr machen, denn auf den § 81 a StPO als Rechtfertigungsgrund braucht nicht mehr zurückgegriffen werden, da der insoweit vorliegende Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ein für den Beschuldigten disponibles Rechtsgut betrifft und die Maßnahme durch die Einwilligung gerechtfertigt ist.

Nach einer Entscheidung des LG Saarbrücken (Beschluss vom 13.11.2008, Az: 2 Qs 53/08, VRR 2009, 37 = StRR 2009, 27 = NStZ-RR 2009, 55) kann eine richterliche Anordnung der Blutentnahme trotz ausdrücklicher Einwilligung des Beschuldigten dann erforderlich sein könne, wenn dieser gar nicht „einwilligungsfähig“ sei. Ausgehend vom Grad der Alkoholbeeinflussung könne die Einwilligungsfähigkeit im Einzelfall nämlich zweifelhaft sein. Das leuchtet ein. Warum soll jemand, der zuvor Ausfallerscheinungen gezeigt hat, die von der Polizei schließlich auch dokumentiert werden, gerade bei der Beurteilung, ob er in eine Blutentnahme freiwillig einwilligen möchte, klar denken können.

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