Schweigen ist Gold, auch im Bußgeldverfahren


Unsere Mandantin suchte uns mit einem Bußgeldbescheid auf. Ihr wurde vorgeworfen an der Kreuzung Petersburger Straße/Straßmannstraße in Richtung Danziger Straße bei Rot gefahren zu sein. Zum Glück lag nur ein sog. einfacher Rotlichtverstoß von unter einer Sekunde vor, so dass kein Fahrverbot drohte. Immerhin sollte sie aber ein wegen einer vorhandenen Voreintragung erhöhtes Bußgeld von 75,00 EUR zzgl. Verfahrens- und Zustellkosten zahlen.

Dass unsere Mandantin den Anhörungsbogen zurückgesandt, sich aber nicht mehr entsinnen konnte, was sie darauf alles angekreuzt hatte, ließ eigentlich schon nichts Gutes hoffen. Wir legten zunächst Einspruch ein und forderten die Akte an.

Am Tag des Verstoßes hatte es geregnet, die Fotos der Rotlichtkamera waren entsprechend verschwommen. Ein Fahrzeugführer war aber beim besten Willen nicht zu erkennen, noch nicht einmal schemenhaft Dass hatte die Bußgeldbestelle allerdings nicht davon abgehalten, unserer Mandantin allein weil sie Halterin ist, den Vorwurf des Rotlichtverstoßes zu eröffnen und sie anzuhören. Unsere Mandantin hatte den Anhörungsbogen auch tatsächlich zurückgeschickt und brav ausgefüllt. Sie hatte nicht nur ihre persönlichen Daten angegeben, sondern darüber hinaus auch angekreuzt, am fraglichen Tag mit ihrem Fahrzeug gefahren zu sein und den Verkehrsverstoß zugegeben.

Damit sind die Verteidigungsmöglichkeiten gegen den Bußgeldbescheid von 100 auf nahezu 0 Prozent gesunken. Um es deutlich zu machen, niemand ist verpflichtet, sich selbst zu belasten. Auch nicht im Bußgeldverfahren. Hätte unsere Mandantin den Anhörungsbogen unbeachtet gelassen, wäre das Verfahren einzustellen gewesen. Selbst wenn sie den Anhörungsbogen zurückgesandt, aber über die Angaben zur Person hinaus keine weiteren Angaben gemacht hätte, hätte das Verfahren mangels Nachweis der Fahrereigenschaft eingestellt werden müssen. Aus der Haltereigenschaft allein kann – ohne weitere Beweisanzeichen nicht gefolgert werden – der Halter habe sein Fahrzeug bei einer bestimmten Fahrt auch tatsächlich geführt (BVerfG, Beschluss vom 31.08.1993, 2 BvR 843/93). Ob die Verteidigung durch Schweigen angesichts einer möglicherweise drohenden Fahrtenbuchauflage bei einem einfachen Rotlichtverstoß sinnvoll ist oder nicht, hängt vom Einzelfall und vom Punktestand in Flensburg ab.

Selbst der Einwand, dass unsere Mandantin, nachdem sie sich selbst überführt hatte, auf Grund der nassen Fahrbahn unter Berücksichtigung der zulässigen Geschwindigkeit und der Dauer der Gelbphase keine Möglichkeit gehabt hätte, noch gefahrlos halten zu können, ginge ins Leere. Die Haltelinie wurde knapp unter 1 Sekunde bei genau 0,99 Sekunden Rotlicht überquert. Von einem Fahrverbot trennten unsere Mandantin also nur noch 0,2 Sekunden. Die vorangegangene Gelbphase dauerte 3 Sekunden. Selbst bei nasser Fahrbahn also noch genügend Zeit und Weg zum Anhalten (Für die Interessierten: 50 km/h = 13,9 m/s x 3 s Gelbphase = 41,7 m; Bremsweg ca. 32 m)

So werden wir den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid wohl zurücknehmen und unsere Mandantin wird das Bußgeld zahlen müssen. Darüber hinaus kommen 3 weitere Punkte in Flensburg hinzu. Allerdings ist unsere Mandantin um einige Erfahrungen reicher. Sie kennt jetzt den Blitzer an der Petersburger und weiß darüber hinaus, dass Schweigen Gold ist.

weitere Infos auf www.blitzberlin.de

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