Justizposse am Amtsgericht Hersbruck – Hauptverhandlung vor dem Strafrichter wegen Besitz von Hanf-Speiseöl


Hanf (Cannabis sativa) ist eine vielseitig verwendbare Pflanze. Nur die Blüten der weiblichen Pflanzen bilden die ernährungsphysiologisch wertvollen Samen und das stark duftende Harz, das den Hanf berühmt und berüchtigt gemacht hat. Neben dem strafrechtlich relevanten Rauschhanf mit einem Gehalt bis zu 20 % Tetrahydrocannabinol (THC) in den weiblichen Blüten, gibt es noch den Nutzhanf. Dieser wird vor allem zur Gewinnung von Hanffasern angebaut, weitere Produkte des Hanfanbaus sind u.a. Hanfsamen sowie das daraus gewonnene Hanföl.

Weil er in einem Bio-Laden in Bamberg Hanf-Speiseöl gekauft und dieses zu Hause aufbewahrt hatte, steht jetzt der der Liedermacher und Hanfaktivist Floh Söllner vor dem Strafrichter beim Amtsgericht Hersbruck. Die gefundenen 118 gr. Hanf-Speiseöl sollen einen THC-Gehalt von 0,13 Prozent haben. Um damit einen Rauschzustand zu erreichen, müsste man schon ein Schwimmbad füllen und austrinken. Davon dürfte einem aber eher schlecht werden. Da ein Hauptverhandlungstermin für Dienstag, den 30. September um 14:00 anberaumt ist, hat entweder die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl beantragt, den ein Amtsrichter erlassen und gegen den Söllner Einspruch eingelegt hat, oder aber die Staatsanwaltschaft hat eine Anklage erhoben, die vom Strafrichter zur Hauptverhandlung zugelassen wurde. Egal welche der Möglichkeiten zutrifft, es ist nicht nachvollziehbar, was am Besitz von Hanf-Speiseöl strafbar sein soll.

Im Gegensatz zum Rauschhanf ist der Nutzhanf mit weniger als 0,2 % THC zur Erzeugung von Marihuana und Haschisch und damit zur Erzeugung eines Rauschzustandes völlig ungeeignet. Das im Nutzhanf enthaltene Cannabidiol (CBD) mit einem Anteil von 1 bis 5 % wirkt nicht psychogen. Nach der EWG-Verordnung Nr. 1164/89, war der Anbau von 25 bestimmten Sorten Hanf von den EU-Mitgliedsstaaten zu legalisieren. Bei den in der Anlage zur Verordnung genannten Sorten handelt es sich um Faserhanf mit einem THC-Gehalt von unter 0,3 Prozent. Mit Wirkung zum 16. April 1996 wurde das seit 1982 im Betäubungsmittelgesetz bestehende pauschale Hanfanbauverbot in Deutschland für den Nutzhanf aufgehoben. Nach der Anlage 1 zum BtmG sind Cannabissamen von der Liste nicht verkehrsfähiger Betäubungsmittel ausgenommen, wenn sie aus dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit Zertifiziertem Saatgut, das in der jeweiligen Fassung des Anhangs B zu Artikel 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1164/89 der Kommission vom 28. April 1989 (ABI. EG Nr. L 121 S. 4) aufgeführt ist, stammen oder ihr Gehalt an THC 0,3 vom Hundert nicht übersteigt und der Verkehr mit ihnen (ausgenommen der Anbau) ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen. Der Anbau ist nach wie vor genehmigungspflichtig und wird in der Regel nur hauptgewerblichen Landwirten unter strengen Bedingungen gewährt, um zu vermeiden, dass unter dem Deckmantel des Nutzhanfs THC-reiche Sorten zur illegalen Drogengewinnung angebaut werden, da eine Unterscheidung der verschiedenen Unterarten optisch kaum möglich ist.

Wenn nun aber der Verkehr mit Nutzhanfsamen, der Anbau und die Gewinnung von Fasern, Samen und den daraus zu gewinnenden Produkten, wie z.B. Speiseöl, bereits für den Produzenten nicht strafbar ist, wie kann dann der Besitz des Produktes für den Endverbraucher strafbar sein.

Der Grüne Hilfe Netzwerk e.V ruft daher zu Recht auf, die Hauptverhandlung beim Amtsgericht Hersbruck am Dienstag, besuchen und eine Flasche Hanf-Speiseöl mitzubringen, um dem Gericht die Hirnrissigkeit der Angelegenheit zu demonstrieren. Unser Vorschlag wäre, Gericht und Staatsanwaltschaft zu einem Hanfbier-Umtrunk einzuladen. Alkoholkonsum vernichtet zwar bekanntlich ein paar Gehirnzellen, was aber nicht so ins Gewicht fallen dürfte…

Quellen:
HInweis gefunden bei RA Siebers
Grüne Hilfe Netzwerk e.V.
Biothemen – Infos zu Hanf
Wikipedia – Rechtslage bei Nutzhanf

Nachtrag: Die Verhandlung wurde anscheinend verlegt und findet am 28.10.2008 zu einer „kifferunfreundlichen“ Zeit, nämlich um 10.30 Uhr statt.

Nachtrag: Das Verfahren wurde nach Mitteilung Söllners wegen geringer Schuld eingestellt. Verstehen muss man das nicht.

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