BGH – AGB-Kontrolle bei Verwendung der VOB/B gegenüber Verbrauchern?


Der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob die Klauseln der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) bei Verwendung gegenüber Verbrauchern einer Einzelkontrolle nach §§ 307 ff BGB unterliegen und der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen wegen einzelner beanstandeter Klauseln Ansprüche gegen dem Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA) geltend machen kann.

Bei dem DVA handelt es sich um einen nicht rechtsfähiger Verein, der nach seiner Satzung die Aufgabe hat, Grundsätze für die sachgerechte Vergabe und Abwicklung von Bauaufträgen zu erarbeiten und weiterzuentwickeln. In dieser Eigenschaft hat der DVA hat die im amtlichen Teil des Bundesanzeigers veröffentlichte Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teile A und B Ausgabe 2002 verfasst. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen ist der Auffassung, der DVA empfehle, auch gegenüber Verbrauchern, das als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizierende Regelwerk der VOB/B für den rechtsgeschäftlichen Verkehr. Bei Verwendung gegenüber Verbrauchern seien 24 näher bezeichnete Klauseln dieses Regelwerks gemäß §§ 307 bis 309 BGB unwirksam. Der DVA sei daher verpflichtet, die Empfehlung dieser Klauseln im Verkehr mit Verbrauchern für Werk- und Werklieferungsverträge zu unterlassen und seine bereits erfolgte Empfehlung zu widerrufen.

Das Landgericht Berlin hat die auf Unterlassung und Widerruf der Empfehlung gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen zum Kammergericht hatte keinen Erfolg. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat das Berufungsurteil mit der zugelassenen Revision angegriffen.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Kammergericht zurückverwiesen und dies wie folgt begründet:

Der DVA empfiehlt die VOB/B für den rechtsgeschäftlichen Verkehr. Das Klauselwerk ist entsprechend der Satzung des DVA im Bundesanzeiger unter Kenntlichmachung seiner Urheberschaft und in seinem Auftrag als DIN 1961 veröffentlicht worden. Der DVA kann daher gemäß § 1 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Diesen Anspruch kann der Bundesverband der Verbraucherzentralen als in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragener Verband geltend machen. Etwas anderes hätte gemäß § 3 Abs. 2 UKlaG nur zu gelten, wenn der DVA die VOB/B zur ausschließlichen Verwendung zwischen Unternehmern empfehlen würde. Eine dahingehende Einschränkung der Empfehlung hat der DVA jedoch weder ausdrücklich ausgesprochen noch ergibt sie sich aufgrund sonstiger Umstände.

Die einzelnen Klauseln der VOB/B unterliegen bei einer Verwendung gegenüber Verbrauchern einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB. Der Bundesgerichtshof hat es zwar mit Urteil vom 16.12.1982 (VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135) als verfehlt angesehen, in einem Vertrag, in dem die VOB/B gegenüber einem Bauhandwerker verwendet wird, einzelne Bestimmungen dieses Klauselwerks einer Inhaltskontrolle zu unterziehen. Dies wurde damit begründet, dass die VOB/B nicht den Vorteil nur einer Vertragsseite verfolge und einen auf die Besonderheiten des Bauvertragsrechts abgestimmten, im Ganzen einigermaßen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten Interessen enthalte.

Diese auf richterliche Fortbildung gegründete sogenannte Privilegierung der VOB/B ist bei Verwendung gegenüber Verbrauchern nicht gerechtfertigt. Denn ein maßgeblicher Gesichtspunkt für diese Privilegierung ist der Umstand, dass die VOB/B vom DVA unter Mitwirkung der Auftragnehmer- und der Auftraggeberseite erarbeitet wird und daher beide Seiten die Möglichkeit haben, ihre jeweiligen Interessen zu vertreten und ihnen Geltung zu verschaffen. Dies trifft für die in aller Regel geschäftlich nicht erfahrenen und damit besonders schutzbedürftigen Verbraucher nicht zu. Verbraucherverbände sind von einer ordentlichen Mitgliedschaft im DVA ausgeschlossen. Die spezifischen Interessen der Verbraucher werden auch nicht in hinreichendem Maße von den im DVA für die Auftraggeberseite tätigen Institutionen, insbesondere der öffentlichen Hand, vertreten.
Eine Entscheidung zu den beanstandeten Klauseln selbst konnte der Senat nicht treffen. Insoweit ist eine umfassende Würdigung vorzunehmen, in die insbesondere die typischen Interessen der Vertragsparteien und die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise einzubeziehen sind. Dazu fehlt es bisher an Feststellungen. Diese wird das Berufungsgericht nachzuholen haben.

BGH, Urteil vom 24. Juli 2008, Az: VII ZR 55/07
Vorinstanzen: LG Berlin – Urteil vom 7. Dezember 2005 – 26 O 46/05 ./. Kammergericht Berlin – Urteil vom 15. Februar 2007 – 23 U 12/06

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 145/2008 vom 24. Juli 2008

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