Durchsucht ein Justizvollzugsbeamter einen Gefangenen entgegen der ausdrücklichen dienstlichen Anordnung nicht ordnungsgemäß und wird hierdurch ein Ausbruch aus einer Justizvollzugsanstalt ermöglicht, ist der Beamte dem Dienstherrn zum (anteiligen) Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Während eines Hofgangs übergab eine Justizvollzugsbeamtin dem Gefangenen einen Revolver, einen Fäustel und einen Bolzenschneider. Dem Beklagte oblag die Aufgabe, den Gefangenen vor dem Hofgang zu durchsuchen. Als dieser nach dem Hofgang in seine Zelle zurückgebracht werden sollte, bedrohte er den Beklagten und einen weiteren Vollzugsbeamten mit dem Revolver, ließ sich die Zellenschlüssel aushändigen und öffnete die Zelle eines weiteren Gefangenen. Beiden gelang anschließend die Flucht. Der Beklagte und sein Kollege erlitten aufgrund der Bedrohung posttraumatische Belastungsstörungen, welche als Dienstunfall anerkannt wurden.
Auf die Klage der beiden Beamten verurteilte das Oberlandesgericht Koblenz das Land Rheinland-Pfalz, ihnen Schmerzensgeld zu zahlen und alle aufgrund der Bedrohung in Zukunft noch entstehenden Schäden zu ersetzen. Der vom Beklagten geltend gemachte Anspruch wurde ihm allerdings nur in Höhe von 60% zugesprochen. Im Übrigen treffe ihn ein Mitverschulden, da er den Gefangenen vor dem Hofgang nicht ordnungsgemäß durchsucht habe. Daraufhin verklagte das Land den Beklagten auf Ersatz von 40 % der Aufwendungen, die ihm für den Kollegen des Beklagten wegen der bei dem Ausbruch erlittenen Gesundheitsbeeinträchtigungen entstanden sind und in Zukunft entstehen werden. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
Dem Gefangene sei es gelungen, den ihm zuvor übergebenen Revolver, den Bolzenschneider und Fäustel in seine Zelle zu bringen und die Waffe und Ausbruchswerkzeuge beim Verlassen der Zelle zum Hofgang am Körper getragen. Hieraus folge zugleich die grob fahrlässige Verletzung der dem Beklagten obliegenden Dienstpflicht, den Gefangenen vor dem Hofgang ordnungsgemäß zu durchsuchen. Denn wäre er dieser Pflicht mit der erforderlichen Sorgfalt nachgekommen, hätte er Waffe und Ausbruchswerkzeuge angesichts ihrer Größe gefunden. Das Land müsse sich allerdings zugunsten des Beklagten eigenes Verschulden anrechnen lassen, da ihm Organisationsmängel bei der Gewährleistung der Sicherheit in der JVA Trier unterlaufen seien. Soweit sie den Ausbruch der Gefangenen begünstigt hätten, sei dies durch die Anerkennung eines Mitverschuldensanteils in Höhe von 60 % angemessen berücksichtigt worden.
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. November 2007, Az: 2 A 10499/07.OVG