OLG Frankfurt a.M. – Familienangehörige müssen bei Internetnutzung nicht überwacht werden


Der klagende Musikverlag hatte behauptet, dass über den Internetanschluss des Beklagten fast 300 Musikdateien illegal im Internet verfügbar gemacht worden seien (sog. Filesharing). An einigen dieser Musikdateien halte der Musikverlag die ausschließlichen Verwertungsrechte, weshalb sie den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen hat.

Den Anschluss des Beklagten hatte der Musikverlag durch Ermittlung der IP-Adresse identifiziert, die im Rahmen eines gleichzeitig eingeleiteten Strafverfahrens vom Provider bekannt gegeben worden war. Der Beklagte hatte sich damit verteidigt, weder er noch seine Ehefrau oder seine vier Kinder im Alter von 17 bis 31 Jahren, die Zugang zu seinem Computer haben, hätten den Verstoß begangen.

Auf Antrag des Musikverlages untersagte das Landgericht Frankfurt a.M. durch einstweilige Verfügung dem Beklagten, Musikaufnahmen in einem Filesharing-System bereitzustellen. In der Widerspruchsverhandlung gab der Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Der wurde Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Kosten des Eilverfahrens erlegte das Landgericht allerdings dem Musikverlag auf, da dieser nicht glaubhaft gemacht habe, dass die fragliche IP-Adresse zum Zeitpunkt der rechtsverletzenden Handlung dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet gewesen sei. Der Musikverlag legte sofortige Beschwerde ein.

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. vertrat die Ansicht, dass sich nicht feststellen lasse, dass der Beklagte das verbotene Filesharing selbst vorgenommen habe. Aufgrund der vorliegenden Indizien sei es zwar nahe liegend, dass die Urheberrechtsverletzung durch eines seiner Familienmitglieder begangen worden sei. Hierfür habe der Beklagte aber nicht einzustehen. Der Inhaber eines Internetanschlusses sei aber auch nicht ohne weiteres verpflichtet, nahe Familienangehörige bei der Nutzung des Anschlusses zu überwachen. Ihn treffe nur dann die Pflicht, die Nutzer zu instruieren und zu überwachen, wenn er konkrete Anhaltspunkte dafür habe, dass die Nutzer den Anschluss zu Rechtsverletzungen missbrauchen könnten. Solche Anhaltspunkte bestünden grundsätzlich nicht, solange keine früheren Verletzungen dieser Art oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt seien. Der Anschlussinhaber habe auch nicht bereits deshalb Anlass zur Überwachung, weil Urheberrechtsverletzungen im Internet häufig vorkommen und darüber in den Medien umfangreich berichtet werde.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 20.12.2007, Az:11 W 58/07
(Volltext der Entscheidung unter justiz.hessen.de)

Quelle: Pressemitteilung der Justiz Hessen vom 08.01.2008

Praxisrelevanz:

Im vorliegenden Verfahren ist der Familienvater noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Andere Gerichte entschieden bei vergleichbaren Sachverhalten zuungunsten der Anschlussinhaber.

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