AG Tiergarten – Freiheitsstrafe nach Sachbeschädigung durch Graffiti/Flusssäure


Wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung in insgesamt acht Fällen – in der Hälfte der Fälle begangen mit Flusssäure – verurteilte das AG Tiergarten – Schöffengericht – am 25. März 2008 den 23- jährigen ungarischen Staatsangehörigen Gabor N. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Die Vollstreckung der Strafe setzte das Gericht für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung aus. Zugleich erlegte es dem Angeklagten die Ableistung von 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit auf. Die Arbeitsstunden müsse er vor seiner Rückkehr nach Ungarn in Berlin vollständig ableisten.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte gemeinsam mit dem bereits im August 2007 verurteilten Mittäter Viktor T. fremdes Eigentum durch das Anbringen von Graffiti beschädigt hatte. Zwischen Februar und März 2006 hatten die Männer nach den Feststellungen des Schöffengerichts abgestellte S-und U-Bahnwagen auf Bahnhöfen in Berlin und Nürnberg mit Sprayfarbe besprüht und verschiedenen Schriftzügen versehen. Um unter Gleichgesinnten höheren „Ruhm“ zu erlangen soll der Angeklagte gemeinsam mit Viktor T. beschlossen haben, als Tatmittel für die Schmierereien in Bahnhöfen auch Flusssäure zu verwenden. Im März 2006 soll Victor T. im Beisein des Angeklagten und dem gemeinsamen Tatplan entsprechend in vier Fällen „tags“ in Glasscheiben auf Bahnhöfen in Nürnberg und Fürth sowie in eine Abteiltrennscheibe eines S-Bahnwagens der Linie S1 in Berlin geätzt haben.

Nach Auffassung des Amtsgerichts hatte der Angeklagte durch die von ihm begangenen Taten den Tatbestand der gemeinschädlichen Sachbeschädigung, nicht aber den Verbrechenstatbestand der „schweren Gefährdung durch Freisetzung von Giften“ verwirklicht. Die insoweit notwendige konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung konnte das Gericht nicht feststellen. Bei der Strafzumessung hielt ihm das Gericht zugute, dass Gabor N. sich in der Hauptverhandlung umfassend geständig gezeigt hatte und bislang unbestraft ist. Darüber hinaus hatte sich der Angeklagte den Berliner Strafverfolgungsbehörden selbst gestellt.

Vorausgegangen war der Erlass internationaler Haftbefehle gegen den jetzt verurteilten Gabor N. sowie seinen Mittäter Victor T. durch die Berliner Justiz. Den Männern hatten aufgrund intensiver Ermittlungen der Polizei – insbesondere der damaligen Ermittlungsgruppe Graffiti in Berlin (GiB) – die nunmehr verurteilten Taten mit dem für den Erlass von Haftbefehlen notwendigen dringenden Tatverdacht zugeordnet werden können.
Victor T. war bereits im Sommer 2007 bei der Einreise in die Bundesrepublik festgenommen und wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, zunächst ohne Bewährung verurteilt worden. Nach (erstmaliger) umfangreicher Einlassung zum Tatvorwurf erfolgte die Aussetzung der erkannten Freiheitsstrafe zur Bewährung durch das Landgericht Berlin als Berufungsinstanz. Gabor N. hatte über einen Rechtsanwalt von sich aus Kontakt aufgenommen und sich dem Strafverfahren gestellt.

Das Urteil ist rechtskräftig. Der Angeklagte hat ebenso wie die Staatsanwaltschaft Berlin die erkannte Freiheitsstrafe noch im Gerichtsaal angenommen und bereits mit der Ableistung der Arbeitsstunden begonnen.

§ 304 StGB – Gemeinschädliche Sachbeschädigung
(1) Wer rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staat bestehenden Religionsgesellschaft oder Sachen, die dem Gottesdienst gewidmet sind, oder Grabmäler, öffentliche Denkmäler, Naturdenkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder öffentlich aufgestellt sind, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen oder zur Verschönerung öffentlicher Wege, Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer in Absatz 1 bezeichneten Sache oder eines dort bezeichneten Gegenstandes nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.
(3) Der Versuch ist strafbar.

Quelle: Berliner Senatsverwaltung der Justiz Nr. 11/2008 vom 27.03.2008

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