LG Osnabrück – Keine Schadensersatzpflicht des Landes bei Verkehrsunfall wegen erkennbarer Straßenschäden


Ein Motorradfahrer befuhr eine Landstraße und verlor ausgangs einer langgezogenen Rechtskurve auf einem Ausbesserungsstück auf der Fahrbahn die Kontrolle über sein Motorrad. Er rutschte auf die Gegenfahrbahn und kollidierte dort frontal mit einem entgegenkommenden Pkw. Die Fahrzeuge gerieten in Brand, das Motorrad sowie Kleidung und weitere mitgeführte Gegenstände wurden völlig zerstört.
Der Motorradfahrer war der Auffassung, im Bereich des Unfalls sei die Fahrbahnoberfläche völlig unsachgemäß repariert worden, das verwendete Material sei nicht geeignet, einem Fahrzeug auch bei angepasster Geschwindigkeit den nötigen Griff zu bieten. Auch die Beschilderung im unmittelbaren Bereich vor der Unfallstelle weise nur unzureichend auf die Gefahren durch den schlechten Straßenzustand hin. Der Motorradfahrer verlangte daher vom Land wegen Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht Schadensersatz. Vor dem Landgericht Osnabrück hatte er mit seiner Klage keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

Dem Beklagten obliegt als Träger der Straßenbaulast die Verkehrssicherungspflicht gem. §§ 5, 3 FStrG. Es hat die überörtlichen Straßen zu überwachen und für einen hinreichend sicheren Straßenzustand zu sorgen. Die Straße ist so herzustellen und zu erhalten, dass sie keine unvorhersehbaren Gefahren birgt. Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht bestimmt sich nach der Bedeutung des Verkehrweges und nach Art und Häufigkeit seiner Benutzung unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse (OLG Braunschweig, NvwZ-RR 2003, 755). Die Sicherungspflicht konzentriert sich dabei im wesentlichen darauf, solche Gefahren abzuwenden, mit denen ein Verkehrsteilnehmer nicht zu rechnen braucht. Ein Straßenbenutzer muß sich regelmäßig den Straßenverhältnissen anpassen und eine Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Der Verkehrssicherungspflichtige ist grundsätzlich nur gehalten, die Verkehrsteilnehmer vor solchen Gefahren zu warnen und sie zu beseitigen, auf die diese bei der jeweils gebotenen Sorgfalt sich selbst nicht hinreichend einstellen und vor denen sie sich selbst nicht schützen können (BGH VersR 1979, 1055, OLG Rostock, MDR 2000, S. 408).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist dem beklagten Land keine Pflichtverletzung anzulasten. Die B 68 befand sich in dem gesamten vom Kläger befahrenen Bereich über mehrere Kilometer in einem durch zahlreiche Ausbesserungsstellen erheblich beeinträchtigten Zustand. (…) Sämtliche Verkehrsteilnehmer, vor allem aber die aufgrund ihrer mangelnden Standsicherheit besonders gefährdeten Motorradfahrer, mussten sich auf den auch ohne besondere Beschilderung ohne weiteres augenfälligen Zustand der Straße einstellen und ihre Fahrweise anpassen. (…)

Das Phänomen, dass nachträglich zur Straßenreparatur aufgebrachte Bitumenbelag im Laufe der Zeit eine erhebliche Glätte entwickelt und der Belag besonders bei Feuchtigkeit oder große Hitze vor allem für Motorradfahrer ein nicht unerhebliches Sicherheitsrisiko aufweist, ist keinesfalls selten und – gerade erfahrenen – Motorradfahrern bekannt. Für den Verkehrssicherungspflichtigen ist es andererseits wirtschaftlich nicht zumutbar, wegen Fahrbahnrissen oder anderer kleinerer Schäden stets den ganzen Straßenbelag zu erneuern. Die Verfüllung mit Bitumen stellt eine zulässige Methode zur Ausbesserung von derartigen Mängeln dar. Eine Überspannung der Verkehrssicherungspflicht würde bedeuten, von dem Beklagten ein ständiges Nachkontrollieren und Nachstreuen aller kleinen Bitumenflicken zu fordern (vgl. OLG München, Beschluss vom 24. 7. 2006, – 1 U 2719/06 -; OLG München, OLGR München 1999, 364).

Vor dem geflickten Straßenbereich wurde auch ausreichend durch die Verkehrszeichen 101 bzw. 1006 – 34 vor etwaigen Gefahren aufgrund des Straßenbelages gewarnt. (…) Auch ohne diese Hinweisschilder war der Allgemeinzustand der Straße auffällig. Der Kläger durfte sich daher nicht darauf verlassen, dass nur einige hundert Meter nach dem letzten Schild die Fahrbahn eine einwandfreie Oberfläche aufweisen würde. (…) Nach alledem war die Klage ohne Beweisaufnahme abzuweisen.

Landgericht Osnabrück, Urteil vom 25.06.200, AZ: 5 O 793/07

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